Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Ein alltäglicher Verkehrsunfall und eine überraschende Weigerung
- Der Weg vor Gericht: Wer muss die Kosten für das zweite Gutachten tragen?
- Die erste Hürde: Durfte der Geschädigte überhaupt klagen?
- Das Kernproblem: Das Recht auf einen eigenen, unabhängigen Gutachter
- Argumente der Versicherung im Check des Gerichts
- Eine logische Folge: Auch die restlichen Anwaltskosten sind zu erstatten
- Die Entscheidung des Gerichts: Klare Worte und keine Berufung
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Darf ich nach einem Verkehrsunfall einen eigenen, unabhängigen Sachverständigen beauftragen?
- Wer zahlt die Kosten für meinen eigenen Sachverständigen, wenn die gegnerische Versicherung bereits einen Gutachter geschickt hat?
- Was bedeutet die sogenannte Schadensminderungspflicht für meine Wahl des Sachverständigen?
- Spielt es eine Rolle, wenn die Schätzung meines Gutachters fast identisch mit der des gegnerischen Gutachters ist?
- Was passiert, wenn ich die Forderung für das Sachverständigengutachten an den Gutachter abtrete?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 21 C 313/15 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: AG Leverkusen
- Datum: 31.05.2016
- Aktenzeichen: 21 C 313/15
- Verfahrensart: Klageverfahren
- Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Zivilrecht (Schadensersatzrecht), Versicherungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die geschädigte Partei eines Verkehrsunfalls, die von der beklagten Partei die Erstattung von Sachverständigenkosten und restlichen Rechtsanwaltskosten forderte.
- Beklagte: Die gegnerische Partei des Verkehrsunfalls, deren grundsätzliche Haftung für den Unfall unstreitig war und die die Erstattungsfähigkeit bestimmter Kosten bestritt.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Nach einem Verkehrsunfall, dessen Haftung die Beklagte grundsätzlich anerkannte, beauftragte die Beklagte zunächst einen Sachverständigen zur Begutachtung des Schadens. Einen Tag später beauftragte auch der Kläger ein eigenes Sachverständigenbüro mit der Erstellung eines Schadensgutachtens.
- Kern des Rechtsstreits: Der zentrale Streitpunkt war, ob der Geschädigte die Kosten für einen selbst beauftragten Sachverständigen sowie die daraus resultierenden restlichen Rechtsanwaltskosten erstattet bekommt. Die Beklagte argumentierte, dies sei nicht nötig gewesen, da sie bereits einen Sachverständigen beauftragt hatte, und sah darin eine mögliche Verletzung der Schadensminderungspflicht oder eine widersprechende Vereinbarung.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 550,13 € plus Zinsen an den Kläger. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Beklagten auferlegt. Eine Berufung gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.
- Begründung: Das Gericht gab der Klage vollumfänglich statt. Es begründete dies damit, dass der Geschädigte grundsätzlich das Recht hat, einen eigenen Sachverständigen zu beauftragen, auch wenn die Gegenseite bereits einen eingeschaltet hat. Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht wurde nicht festgestellt, und eine ausschließliche Vereinbarung zur Sachverständigenwahl konnte von der Beklagten nicht nachgewiesen werden.
Der Fall vor Gericht
Ein alltäglicher Verkehrsunfall und eine überraschende Weigerung
Ein Verkehrsunfall ist schnell passiert und die Schuldfrage oft eindeutig. Wenn ein anderer Fahrer den Unfall verursacht hat, ist die Sache klar: Seine Haftpflichtversicherung muss für den entstandenen Schaden aufkommen. Doch was genau gehört alles zum Schaden? Neben den reinen Reparaturkosten fallen oft weitere Posten an. Eine häufige Frage dreht sich dabei um die Kosten für einen Sachverständigen, also einen Gutachter, der die Schadenshöhe professionell feststellt. Was aber, wenn die gegnerische Versicherung von sich aus bereits einen Gutachter schickt und man selbst zur Sicherheit lieber einen eigenen, unabhängigen Experten beauftragen möchte? Genau um diesen Konflikt ging es in einem Urteil des Amtsgerichts Leverkusen.

Ein Autofahrer, nennen wir ihn Herr K., wurde unverschuldet in einen Unfall verwickelt. Die Haftung, also die grundsätzliche Pflicht zum Schadenersatz, wurde von der Versicherung des Unfallverursachers sofort anerkannt. Um den Schaden am Fahrzeug von Herrn K. festzustellen, beauftragte die Versicherung bereits drei Tage nach dem Unfall einen eigenen Sachverständigen, Herrn M., der das Auto begutachten sollte. Herr K. wollte sich jedoch nicht allein auf das Urteil des von der Gegenseite bezahlten Experten verlassen. Um auf Nummer sicher zu gehen, beauftragte er nur einen Tag später ein eigenes Sachverständigenbüro, das Büro A, mit der Erstellung eines unabhängigen Gutachtens. Die Rechnung dafür belief sich auf 471,24 Euro. Als Herr K. diese Kosten bei der gegnerischen Versicherung einreichte, weigerte diese sich zu zahlen. Ihr Argument: Sie hätten doch bereits einen Gutachter geschickt, ein zweites Gutachten sei daher unnötig gewesen.
Der Weg vor Gericht: Wer muss die Kosten für das zweite Gutachten tragen?
Da die Versicherung bei ihrer Weigerung blieb, zog Herr K. als Kläger vor Gericht. Die Versicherung war in diesem Fall die Beklagte. Herr K. forderte nicht nur die Übernahme der Gutachterkosten, sondern auch die restlichen Anwaltskosten, die ihm durch die Auseinandersetzung entstanden waren. Die Versicherung argumentierte, Herr K. habe gegen seine sogenannte Schadensminderungspflicht verstoßen. Dieses Rechtsprinzip besagt, dass ein Geschädigter verpflichtet ist, den Schaden so gering wie möglich zu halten und keine unnötigen Kosten zu verursachen. Die Beauftragung eines zweiten Gutachters sei eine solche unnötige Ausgabe gewesen.
Das Gericht musste nun mehrere zentrale Fragen klären. War es überhaupt notwendig, dass Herr K. einen eigenen Gutachter beauftragte, obwohl die Versicherung bereits einen geschickt hatte? Durfte er das, oder hätte er aus Kostengründen auf das Gutachten der Gegenseite vertrauen müssen? Und gab es vielleicht sogar eine Absprache zwischen den Parteien, dass nur ein einziges Gutachten erstellt werden sollte?
Die erste Hürde: Durfte der Geschädigte überhaupt klagen?
Bevor das Gericht sich dem eigentlichen Streitpunkt widmen konnte, musste es eine formale Frage klären: die sogenannte Aktivlegitimation des Klägers. Das klingt kompliziert, bedeutet aber nur: Ist Herr K. überhaupt die richtige Person, um das Geld für das Gutachten einzuklagen? Die Versicherung bezweifelte das. Der Grund dafür war, dass Herr K. die Forderung über die Gutachterkosten zunächst an das Sachverständigenbüro A abgetreten hatte.
Die „Abtretung zur Sicherheit“ im Detail
Man kann sich das wie eine Art Pfand vorstellen. Um sicherzustellen, dass das Sachverständigenbüro sein Geld auch wirklich bekommt, hatte Herr K. ihm vorübergehend das Recht übertragen, die Kosten direkt von der Versicherung einzufordern. Juristen nennen das eine Abtretung sicherungshalber. Der entscheidende Punkt hierbei ist das Wort „sicherungshalber“. Der Zweck dieser Abtretung bestand allein darin, die Rechnung des Büros A abzusichern.
Herr K. legte dem Gericht jedoch eine E-Mail vor, die bewies, dass er die Rechnung des Sachverständigenbüros bereits selbst bezahlt hatte. Mit dieser Zahlung war der Sicherungszweck entfallen. Das Pfand wurde sozusagen ausgelöst. Das Recht, die Kosten von der Versicherung zurückzufordern, fiel damit automatisch an Herrn K. zurück. Das Gericht entschied daher, dass Herr K. sehr wohl aktivlegitimiert, also berechtigt war, die Klage zu führen. Das Argument der Versicherung lief ins Leere.
Das Kernproblem: Das Recht auf einen eigenen, unabhängigen Gutachter
Nun kam das Gericht zum Kern des Falles. Durfte Herr K. auf Kosten der gegnerischen Versicherung einen eigenen Gutachter beauftragen, obwohl diese schon einen Experten losgeschickt hatte? Die Antwort des Gerichts war ein klares Ja. Die Richter stellten fest, dass zum ersatzpflichtigen Schaden nach einem Unfall auch die Kosten gehören, die zur Feststellung dieses Schadens notwendig sind – und dazu zählen eben auch die Kosten für ein Sachverständigengutachten.
Das Gericht begründete dies mit einem fundamentalen Grundsatz des deutschen Schadensrechts: Der Geschädigte ist grundsätzlich frei in der Wahl der Mittel, um den Schaden zu beheben. Man kann es mit einem einfachen Alltagsbeispiel vergleichen: Wenn ein Nachbar versehentlich Ihre Fensterscheibe zerbricht, muss er für den Schaden aufkommen. Sie müssen sich von ihm aber nicht vorschreiben lassen, welchen Glaser Sie mit der Reparatur beauftragen. Sie dürfen den Handwerker Ihres Vertrauens wählen. Genauso verhält es sich laut Gericht bei einem Kfz-Gutachten. Der Geschädigte ist der „Herr des Geschehens“ und darf den Weg einschlagen, der seinen Interessen am besten dient. Dazu gehört das Recht, einen qualifizierten und unabhängigen Gutachter seiner Wahl zu beauftragen, um eine faire und neutrale Bewertung des Schadens sicherzustellen.
Argumente der Versicherung im Check des Gerichts
Die Versicherung hatte mehrere Einwände vorgebracht, die das Gericht jedoch alle als nicht stichhaltig zurückwies.
Argument 1: „Wir waren doch zuerst da!“
Die Versicherung argumentierte, ihr Gutachter habe das Fahrzeug bereits einen Tag vor dem von Herrn K. beauftragten Büro besichtigt. Für das Gericht spielte dieser zeitliche Vorsprung jedoch keine Rolle. Das Recht des Geschädigten auf Freie Gutachterwahl wird nicht dadurch ausgehebelt, dass die Gegenseite besonders schnell handelt. Es ist kein Wettrennen, bei dem der Erste gewinnt.
Argument 2: „Aber die Gutachten sind doch fast identisch!“
Tatsächlich wichen die Schadenssummen in den beiden Gutachten nur unwesentlich voneinander ab. Die Versicherung sah darin den Beweis, dass das zweite Gutachten überflüssig war. Auch hier folgte das Gericht nicht. Denn wie hätte Herr K. das vorher wissen sollen? Einem Geschädigten fehlt in der Regel die technische Sachkenntnis, um ein Gutachten zu bewerten. Oft kennt er das Gutachten der Gegenseite nicht einmal. Der einzige Weg, um auf Augenhöhe mit der Versicherung zu sein und deren Gutachten zu überprüfen, ist die Beauftragung eines eigenen, vertrauenswürdigen Experten. Alles andere würde die Rechte des Geschädigten unzulässig einschränken.
Argument 3: „Wir hatten doch eine Vereinbarung!“
Die Versicherung behauptete zudem, man habe sich darauf geeinigt, dass nur ihr eigener Sachverständiger das Fahrzeug begutachten sollte. Das Gericht prüfte diesen Vortrag genau und fand ihn widersprüchlich und nicht überzeugend. Herr K. hatte lediglich zugestimmt, dass der von der Versicherung geschickte Gutachter das Fahrzeug besichtigen durfte. Diese reine Zustimmung zur Besichtigung ist aber etwas völlig anderes als ein rechtlicher Verzicht auf die Beauftragung eines eigenen Gutachters. Eine solche Vereinbarung hätte ausdrücklich getroffen werden müssen, was hier nicht der Fall war.
Eine logische Folge: Auch die restlichen Anwaltskosten sind zu erstatten
Da das Gericht entschied, dass die Gutachterkosten von 471,24 Euro erstattet werden müssen, hatte dies auch Auswirkungen auf die Anwaltskosten. In Deutschland berechnen sich Anwaltsgebühren nach dem sogenannten Streitwert, also dem Wert, um den gestritten wird. Indem das Gericht die Gutachterkosten dem berechtigten Anspruch von Herrn K. zurechnete, erhöhte sich der gesamte Streitwert des Falles.
Die Versicherung hatte bereits einen Teil der Anwaltskosten bezahlt, aber eben nur auf Basis des von ihr anerkannten, niedrigeren Schadens. Da der Streitwert nun höher war, fielen auch die erstattungsfähigen Anwaltskosten höher aus. Die Differenz von 78,89 Euro musste die Versicherung daher ebenfalls an Herrn K. zahlen.
Die Entscheidung des Gerichts: Klare Worte und keine Berufung
Das Gericht verurteilte die Versicherung letztlich zur Zahlung der gesamten geforderten Summe von 550,13 Euro (471,24 Euro Gutachterkosten plus 78,89 Euro restliche Anwaltskosten) nebst Zinsen. Außerdem musste die Versicherung die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt. Das bedeutet, Herr K. konnte sein Geld sofort von der Versicherung verlangen, auch wenn diese theoretisch noch Rechtsmittel hätte einlegen können.
Eine Berufung, also die Überprüfung des Urteils durch die nächsthöhere Instanz, ließ das Gericht aber nicht zu. Die Richter waren der Ansicht, dass der Fall keine grundsätzliche Bedeutung hatte und die Rechtslage durch Urteile höherer Gerichte bereits ausreichend geklärt war. Es ging lediglich um die Anwendung dieser bekannten Grundsätze auf einen konkreten Einzelfall.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stellt klar, dass Unfallopfer nach einem Verkehrsunfall das Recht haben, auf eigene Kosten einen unabhängigen Sachverständigen zu beauftragen – selbst wenn die gegnerische Versicherung bereits einen eigenen Gutachter geschickt hat. Die Kosten für dieses zweite Gutachten muss die Versicherung des Unfallverursachers übernehmen, da der Geschädigte frei wählen darf, wem er bei der wichtigen Schadensbewertung vertraut. Für Betroffene bedeutet das: Sie müssen sich nicht auf das Gutachten der Gegenseite verlassen, sondern können zur Absicherung ihrer Interessen einen eigenen Experten hinzuziehen, ohne auf den Kosten sitzen zu bleiben. Das Urteil stärkt damit die Position von Unfallopfern erheblich und schützt sie davor, von Versicherungen unter Druck gesetzt zu werden.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Darf ich nach einem Verkehrsunfall einen eigenen, unabhängigen Sachverständigen beauftragen?
Ja, grundsätzlich haben Sie nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall das Recht, einen eigenen, unabhängigen Sachverständigen Ihrer Wahl mit der Begutachtung des Fahrzeugschadens zu beauftragen. Dieses Recht wird als freie Gutachterwahl bezeichnet und ist ein zentraler Pfeiler im deutschen Schadenersatzrecht.
Warum die freie Wahl des Sachverständigen wichtig ist
Für Sie als Geschädigter ist die freie Wahl des Sachverständigen von großer Bedeutung. Sie stellt sicher, dass der Schaden an Ihrem Fahrzeug objektiv und umfassend beurteilt wird. Ein unabhängiger Sachverständiger arbeitet in Ihrem Interesse und nicht im Interesse der gegnerischen Versicherung. Er ermittelt nicht nur die reinen Reparaturkosten, sondern auch weitere schadenrelevante Positionen wie den Wiederbeschaffungswert, den Restwert, die merkantile Wertminderung (also den Wertverlust des Fahrzeugs nach einem Unfall, selbst wenn es fachgerecht repariert wurde) oder mögliche Nutzungsausfallentschädigungen. All diese Faktoren sind wichtig, damit Sie den gesamten Ihnen zustehenden Schadenersatz erhalten.
Kostenübernahme durch die gegnerische Versicherung
Die Kosten für das Sachverständigengutachten müssen in der Regel von der gegnerischen Haftpflichtversicherung getragen werden, sofern es sich nicht um einen sogenannten Bagatellschaden handelt. Ein Bagatellschaden liegt vor, wenn die Reparaturkosten voraussichtlich einen Betrag von etwa 750 bis 1.000 Euro nicht überschreiten. Bei einem Bagatellschaden genügt häufig ein Kostenvoranschlag einer Werkstatt, um den Schaden nachzuweisen. Bei allen darüber hinausgehenden Schäden ist die Beauftragung eines unabhängigen Sachverständigen üblich und dessen Kosten sind Teil des zu ersetzenden Schadens.
Wenn die gegnerische Versicherung Ihnen anbietet, einen eigenen Gutachter zu schicken, müssen Sie dieses Angebot nicht annehmen. Der Grundsatz der freien Wahl bedeutet, dass Sie selbst entscheiden können, wem Sie vertrauen möchten, um Ihre Interessen bei der Schadenfeststellung optimal zu wahren. Ein Gutachten, das von einem unabhängigen Sachverständigen erstellt wird, dient als wichtige Grundlage für die spätere Abwicklung des Schadens mit der gegnerischen Versicherung und hilft, Ihre Ansprüche umfassend zu beziffern.
Wer zahlt die Kosten für meinen eigenen Sachverständigen, wenn die gegnerische Versicherung bereits einen Gutachter geschickt hat?
Wenn Sie unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt wurden, haben Sie grundsätzlich das Recht, einen eigenen unabhängigen Sachverständigen mit der Begutachtung Ihres Fahrzeugschadens zu beauftragen. Die Kosten für dieses Gutachten werden in der Regel von der gegnerischen Versicherung übernommen, auch wenn diese bereits einen eigenen Gutachter entsandt hat. Ihr Recht auf die freie Wahl eines unabhängigen Sachverständigen ist ein wesentlicher Bestandteil Ihres Anspruchs auf vollständigen Schadenersatz.
Ihr Recht auf einen unabhängigen Sachverständigen
Das deutsche Schadenersatzrecht sieht vor, dass der Geschädigte so gestellt werden muss, als wäre der Schaden nicht eingetreten. Dazu gehört auch das Recht, den Schaden von einem Sachverständigen seiner Wahl objektiv und unabhängig feststellen zu lassen. Sie sind nicht dazu verpflichtet, das Gutachten der gegnerischen Versicherung zu akzeptieren oder deren Gutachter zu nutzen. Dies ist besonders wichtig, da der Sachverständige der Gegenseite primär im Interesse der Versicherung handelt und nicht immer alle Aspekte Ihres Schadensumfangs aus Ihrer Perspektive beleuchten mag. Die Beauftragung Ihres eigenen Sachverständigen stellt sicher, dass Ihre Interessen gewahrt bleiben und der volle Umfang des Schadens professionell erfasst wird.
Wann die Kosten übernommen werden
Die Übernahme der Kosten für Ihren eigenen Sachverständigen durch die gegnerische Versicherung hängt von zwei Hauptbedingungen ab:
- Kein Eigenverschulden: Der Unfall muss von der Gegenseite verursacht worden sein, Sie dürfen also keine oder nur eine sehr geringe Mitschuld tragen.
- Kein Bagatellschaden: Der Schaden an Ihrem Fahrzeug darf kein sogenannter „Bagatellschaden“ sein. Ein Bagatellschaden liegt typischerweise vor, wenn die Reparaturkosten voraussichtlich unterhalb einer bestimmten Grenze liegen, die sich in der Rechtsprechung oft im Bereich von etwa 750 bis 1.000 Euro bewegt. Bei einem solchen geringfügigen Schaden genügt der gegnerischen Versicherung in der Regel ein Kostenvoranschlag einer Werkstatt zur Ermittlung der Reparaturkosten, und die Kosten für ein aufwendigeres Sachverständigengutachten werden dann oft nicht erstattet. Liegt der Schaden jedoch über dieser Grenze, sind die Kosten für ein Sachverständigengutachten in der Regel erstattungsfähig.
Für Sie bedeutet das: Solange der Unfall nicht von Ihnen verschuldet wurde und es sich um einen Schaden handelt, der über die Bagatellgrenze hinausgeht, können Sie einen Sachverständigen Ihrer Wahl beauftragen, und die Kosten hierfür sind Teil des zu ersetzenden Schadens.
Was bedeutet die sogenannte Schadensminderungspflicht für meine Wahl des Sachverständigen?
Die Schadensminderungspflicht ist ein grundlegender Gedanke im deutschen Schadensrecht. Sie besagt, dass jemand, der durch einen Schaden betroffen ist, also der Geschädigte, nicht einfach untätig bleiben darf, sondern Maßnahmen ergreifen muss, um den Schaden zu begrenzen oder zu verringern. Wenn Sie dieser Pflicht nicht nachkommen und dadurch der Schaden größer wird als nötig, kann dies dazu führen, dass Sie einen Teil des Schadens selbst tragen müssen. Ein einfaches Beispiel: Wenn Ihr Auto einen Blechschaden hat und Sie es wochenlang ungeschützt im Regen stehen lassen, wodurch weitere Schäden (z.B. Rost) entstehen, können diese zusätzlichen Kosten möglicherweise nicht von der Gegenseite übernommen werden. Es geht darum, unnötige Kosten zu vermeiden.
Die Schadensminderungspflicht und die Wahl des Sachverständigen
Im Zusammenhang mit der Wahl eines Sachverständigen nach einem Schaden, beispielsweise einem Verkehrsunfall, versuchen Versicherungen oft, die Schadensminderungspflicht ins Spiel zu bringen. Sie argumentieren dann, die Kosten für den von Ihnen beauftragten Sachverständigen seien zu hoch und Sie hätten eine günstigere Alternative wählen müssen.
Für Sie als Geschädigten ist es wichtig zu wissen:
- Ihr Recht auf einen eigenen Sachverständigen: Wenn Sie unverschuldet in einen Unfall verwickelt wurden und der Schaden eine bestimmte Bagatellgrenze (meist um 750 bis 1.000 Euro) übersteigt, haben Sie grundsätzlich das Recht, selbst einen Sachverständigen Ihrer Wahl zu beauftragen. Dieser Sachverständige soll den Schaden unabhängig feststellen und die Reparaturkosten ermitteln. Die Kosten für dieses Gutachten sind in der Regel Teil des Schadens, den die gegnerische Versicherung zu erstatten hat.
- Grenzen der Schadensminderungspflicht bei der Sachverständigenwahl: Die Schadensminderungspflicht bedeutet nicht, dass Sie den absolut billigsten Sachverständigen suchen oder mehrere Angebote einholen müssen. Als Laie können Sie nicht erwarten, den Markt der Sachverständigen zu überblicken oder deren Preis-Leistungs-Verhältnis genau einzuschätzen. Es ist Ihnen erlaubt, einen Sachverständigen zu beauftragen, dem Sie vertrauen.
- Angemessene Kosten sind entscheidend: Die Kosten für den von Ihnen gewählten Sachverständigen müssen marktüblich und angemessen sein. Das bedeutet, sie dürfen sich im Rahmen der üblichen Honorare bewegen, die für solche Gutachten in Ihrer Region verlangt werden. Wenn Sie einen Sachverständigen beauftragen, dessen Honorar deutlich über dem Durchschnitt liegt, kann die Gegenseite unter Umständen die Erstattung der überhöhten Kosten verweigern, indem sie sich auf die Schadensminderungspflicht beruft.
- Keine Pflicht zur Wahl des günstigsten Anbieters: Sie sind also nicht dazu verpflichtet, sich von der Versicherung einen Sachverständigen vorschreiben zu lassen oder selbst den preisgünstigsten Anbieter ausfindig zu machen. Es geht vielmehr darum, keine offensichtlich überteuerten oder unsinnigen Ausgaben zu tätigen. Die Beweislast dafür, dass die Kosten unangemessen waren, liegt in der Regel bei der Versicherung.
Spielt es eine Rolle, wenn die Schätzung meines Gutachters fast identisch mit der des gegnerischen Gutachters ist?
Nein, es spielt keine Rolle im Sinne einer Überflüssigkeit Ihres eigenen Gutachtens, selbst wenn die Schätzung Ihres Gutachters fast identisch mit der des gegnerischen Gutachters ausfällt. Die Beauftragung eines eigenen Gutachters ist eine wichtige Entscheidung, die zu einem bestimmten Zeitpunkt getroffen wird – nämlich dann, wenn Sie das Gutachten der Gegenseite noch nicht kennen oder dessen Inhalt nicht einschätzen können.
Die Bedeutung des Entscheidungszeitpunkts
Sie als juristischer Laie sind in der Regel nicht in der Lage, die Qualität, die angewandten Methoden oder die zugrundeliegenden Annahmen eines fremden Gutachtens fachlich zu beurteilen. Stellen Sie sich vor, Sie erhalten eine komplexe technische Analyse. Ohne eigenes Fachwissen können Sie nicht beurteilen, ob diese Analyse vollständig, korrekt oder gar voreingenommen ist.
Die Beauftragung eines eigenen Gutachters dient dazu, eine unabhängige, fachkundige Einschätzung der Sachlage zu erhalten. Diese Einschätzung ist entscheidend, um Ihre eigene Position zu bewerten und fundierte Entscheidungen treffen zu können. Die Notwendigkeit dieser unabhängigen Bewertung entsteht im Moment der Unsicherheit oder des Konflikts, nicht erst im Nachhinein durch einen Vergleich der Ergebnisse.
Mehrwert durch unabhängige Überprüfung und Sicherheit
Auch wenn die Endsummen fast gleich sind, bietet ein eigenes Gutachten entscheidende Vorteile und ist keineswegs überflüssig:
- Unabhängige Überprüfung: Ihr Gutachter prüft die Fakten, Methoden und Berechnungen aus einer unabhängigen Perspektive. Er kann potenzielle Fehler, Auslassungen oder nicht nachvollziehbare Annahmen im Gutachten der Gegenseite aufdecken, die Ihnen als Laien verborgen blieben. Selbst geringfügige Unterschiede in den Details der Bewertung können erhebliche Auswirkungen haben.
- Validierung oder Widerlegung: Ein ähnliches Ergebnis kann die Schätzung der Gegenseite bestätigen und somit Ihre eigene Position stärken, da beide unabhängigen Bewertungen zu einem ähnlichen Schluss kommen. Dies kann in Verhandlungen oder vor Gericht ein starkes Argument sein. Umgekehrt kann Ihr Gutachten aber auch subtile, aber wichtige Unterschiede aufzeigen, die das gegnerische Gutachten in Frage stellen.
- Beweismittel und Verhandlungsgrundlage: In rechtlichen Auseinandersetzungen dient Ihr Gutachten als wichtiges Beweismittel. Es ist Ihre fundierte, sachverständige Darstellung des Sachverhalts. Ohne ein eigenes Gutachten wären Sie vollständig von der Einschätzung der Gegenseite abhängig und hätten kaum eine Möglichkeit, deren Aussagen wirksam zu begegnen.
Für Sie bedeutet das: Ihr eigenes Gutachten ist eine Absicherung und ein unverzichtbares Werkzeug, um Transparenz und eine faire Bewertung in komplexen Situationen zu gewährleisten. Es verschafft Ihnen eine fundierte Grundlage und stärkt Ihre Verhandlungsposition oder Ihre Argumentation in einem möglichen Rechtsstreit.
Was passiert, wenn ich die Forderung für das Sachverständigengutachten an den Gutachter abtrete?
Wenn Sie die Forderung für das Sachverständigengutachten an den Gutachter abtreten, findet ein Wechsel des Gläubigers dieser spezifischen Forderung statt. Das bedeutet, dass der Anspruch auf Bezahlung des Gutachtens nicht mehr Ihnen zusteht, sondern auf den Gutachter übergeht.
Was eine Abtretung rechtlich bedeutet
Stellen Sie sich vor, die Versicherung, die für Ihren Schaden verantwortlich ist, schuldet Ihnen die Kosten für das Sachverständigengutachten. Durch die Abtretung erklären Sie der Versicherung im Grunde: „Zahlen Sie die Kosten für das Gutachten nicht an mich, sondern direkt an den Gutachter.“ Der Gutachter, der seine Leistung erbracht hat, wird dadurch zum neuen Inhaber dieser Forderung.
Rechtlich spricht man hier von einer Forderungsabtretung gemäß § 398 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Sie als Geschädigter sind der „Abtretende“ (Zedent), und der Gutachter ist der „Empfänger“ der Forderung (Zessionar).
Was das für Ihre eigenen Ansprüche bedeutet
Die Abtretung hat entscheidende Auswirkungen auf die Frage, wer die Kosten des Gutachtens einfordern kann. Da die Forderung auf den Gutachter übergegangen ist:
- Der Gutachter ist der einzige, der die Kosten für sein Gutachten von der Versicherung verlangen kann. Er ist nun der Gläubiger der Forderung.
- Sie selbst können diese Kosten nicht mehr von der Versicherung einfordern. Sie haben die Forderung abgetreten und sind nicht mehr deren Inhaber.
Das ist besonders wichtig, wenn es zu einem Rechtsstreit kommt: Sollte die Versicherung die Gutachterkosten nicht bezahlen, müsste der Gutachter selbst diese Kosten einklagen. Sie als Geschädigter können die Gutachtenkosten dann nicht mehr in einer eigenen Klage gegen die Versicherung (z.B. für Reparaturkosten oder Schmerzensgeld) mitgeltend machen, da diese spezifische Forderung nicht mehr Ihnen gehört. Die Abtretung betrifft jedoch ausschließlich die Forderung nach Bezahlung des Sachverständigengutachtens und keine anderen Ansprüche, die Sie aus dem Schadenfall haben.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Schadensminderungspflicht
Die Schadensminderungspflicht ist eine Verpflichtung des Geschädigten, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Das bedeutet, er darf keine unnötigen Kosten verursachen und muss alles tun, um eine weitere Verschlimmerung des Schadens zu verhindern. Im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall heißt das, der Geschädigte muss zum Beispiel angemessene Maßnahmen ergreifen, um Folgeschäden zu vermeiden. Die Pflicht ergibt sich aus § 254 Absatz 2 BGB. Wird diese Pflicht verletzt, kann die Versicherung die Zahlung des Schadenersatzes reduzieren.
Aktivlegitimation
Die Aktivlegitimation bezeichnet die rechtliche Berechtigung einer Person, einen Anspruch vor Gericht geltend zu machen. In einem Schadensersatzprozess bedeutet das, dass der Kläger derjenige sein muss, der auch tatsächlich das Recht hat, die Forderung einzuklagen. Im Fall des Textes war die Aktivlegitimation umstritten, weil Herr K. seine Forderung an das Sachverständigenbüro abgetreten hatte. Das Gericht entschied jedoch, dass Herr K. aufgrund der Bezahlung der Rechnung wieder berechtigt war, die Klage zu führen. Aktivlegitimation ist grundlegendes zivilprozessuales Recht gemäß §§ 253, 256 ZPO.
Abtretung sicherungshalber
Eine Abtretung sicherungshalber ist eine vorübergehende Übertragung einer Forderung als Sicherheit. Der ursprüngliche Gläubiger (z. B. der Geschädigte) tritt seine Forderung an jemand anderen (z. B. den Gutachter) ab, damit dieser die Erfüllung der Forderung absichern kann. Im Gegensatz zur endgültigen Abtretung bleibt die ursprüngliche Forderung im Hintergrund, bis der Zweck (die Sicherung) entfällt. Im vorliegenden Fall hatte Herr K. dem Gutachter die Forderung abgetreten, um dessen Bezahlung zu sichern; nachdem er die Rechnung bezahlt hatte, fiel das Sicherungsrecht zurück an ihn. Rechtsgrundlage ist § 398 BGB.
Freie Gutachterwahl
Die freie Gutachterwahl bedeutet, dass der Geschädigte nach einem Unfall grundsätzlich selbst entscheiden darf, welchen Sachverständigen er beauftragt, um den Schaden zu bewerten. Dieses Recht schützt den Geschädigten davor, auf das Gutachten der gegnerischen Versicherung angewiesen zu sein, das möglicherweise nicht in seinem Interesse erstellt wurde. Die Kosten für einen solchen unabhängigen Gutachter sind Teil des ersatzfähigen Schadens und müssen von der Haftpflichtversicherung getragen werden, sofern der Schaden über einer Bagatellgrenze von etwa 750 bis 1.000 Euro liegt. Dieses Prinzip ergibt sich aus der allgemeinen Schadensersatzlehre des BGB (§ 249 ff.) und wird vom Gericht bestätigt, um eine neutrale, faire Bezifferung des Schadens zu ermöglichen.
Vorläufige Vollstreckbarkeit
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist eine gerichtliche Entscheidung, die es dem Kläger erlaubt, den zugesprochenen Geldbetrag sofort einzufordern, auch wenn die unterlegene Partei noch Rechtsmittel wie Berufung einlegen könnte. Sie bedeutet, dass das Urteil ohne zeitliche Verzögerung vollzogen werden kann, um dem Kläger schnell Recht zu verschaffen. Voraussetzung ist meist, dass das Gericht keinen aufschiebenden Effekt gewährt oder eine Sicherheitsleistung angeordnet wurde. Rechtsgrundlage findet sich in § 708 Nr. 11 ZPO. Im vorliegenden Fall konnte Herr K. sein Geld sofort von der Versicherung verlangen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere § 249 BGB (Art und Umfang des Schadensersatzes): Dieser Paragraph legt den Grundsatz der sogenannten Naturalrestitution fest. Das bedeutet, ein Geschädigter soll so gestellt werden, als ob das schädigende Ereignis – hier der Verkehrsunfall – nie stattgefunden hätte. Dazu gehört nicht nur der unmittelbare Sachschaden am Fahrzeug, sondern auch alle notwendigen Kosten, die entstehen, um diesen Schaden festzustellen und zu beheben. Dies umfasst regelmäßig die Kosten für ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung der Schadenshöhe. → Bedeutung im vorliegenden Fall: § 249 BGB bildet die zentrale rechtliche Grundlage für den gesamten Schadenersatzanspruch von Herrn K., einschließlich der Forderung nach Erstattung der Kosten für das Sachverständigengutachten.
- Straßenverkehrsgesetz (StVG), insbesondere § 7 StVG (Haftung des Halters): Dieser Paragraph regelt die verschuldensunabhängige Haftung des Halters eines Kraftfahrzeugs für Schäden, die beim Betrieb des Fahrzeugs entstehen. Man spricht hier von einer Gefährdungshaftung, da die bloße Nutzung eines Kraftfahrzeugs eine potenzielle Gefahr darstellt, unabhängig davon, ob den Fahrer ein Verschulden trifft. Die Versicherung des Unfallverursachers tritt in der Regel für diese Haftung ein. → Bedeutung im vorliegenden Fall: § 7 StVG ist die grundlegende Norm, die die Haftung des Unfallverursachers (bzw. seines Fahrzeughalters) begründet und somit die Pflicht der gegnerischen Haftpflichtversicherung zur Schadenregulierung auslöst.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere § 254 BGB (Mitverschulden): Dieser Paragraph regelt die sogenannte Schadensminderungspflicht des Geschädigten. Er besagt, dass derjenige, der einen Schaden erleidet, verpflichtet ist, diesen Schaden so gering wie möglich zu halten und keine unnötigen Kosten zu verursachen. Verletzt der Geschädigte diese Pflicht, kann sein Anspruch auf Schadenersatz gekürzt oder ganz versagt werden, wenn er den Schaden dadurch mitverursacht oder erhöht hat. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die gegnerische Versicherung berief sich auf § 254 BGB, indem sie argumentierte, die Beauftragung eines zweiten Gutachters durch Herrn K. sei unnötig gewesen und stelle einen Verstoß gegen dessen Schadensminderungspflicht dar.
- Das Recht des Geschädigten auf freie Wahl des Sachverständigen (Grundsatz „Herr des Geschehens“): Im deutschen Schadensrecht ist es ein gefestigter Grundsatz, dass der Geschädigte das Recht hat, die zur Schadenbehebung erforderlichen Maßnahmen frei zu wählen. Er ist der „Herr des Geschehens“ und muss sich nicht auf die Vorgaben des Schädigers oder dessen Versicherung einlassen. Dies schließt insbesondere das Recht ein, zur Feststellung des Unfallschadens am eigenen Fahrzeug einen unabhängigen Sachverständigen seiner Wahl zu beauftragen. Dieses Recht dient dazu, Waffengleichheit zwischen Geschädigtem und Versicherung herzustellen. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Dieser Grundsatz war entscheidend für das Urteil des Gerichts, da er Herrn K. das Recht zusprach, einen eigenen Gutachter zu beauftragen, auch wenn die Versicherung bereits einen Sachverständigen geschickt hatte.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 398 ff. BGB (Abtretung von Forderungen): Die Abtretung ist die vertragliche Übertragung einer Forderung von einem Gläubiger (Zedent) auf einen anderen (Zessionar). Dadurch wird der neue Gläubiger Inhaber der Forderung. Häufig wird eine Forderung auch „sicherungshalber“ abgetreten, um beispielsweise die Bezahlung einer Leistung zu gewährleisten. Erfüllt der ursprüngliche Gläubiger seine Schuld, fällt die Forderung an ihn zurück. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Regeln zur Abtretung waren ausschlaggebend für die Frage der Aktivlegitimation von Herrn K., da er die Gutachterkostenforderung zunächst an das Sachverständigenbüro abgetreten hatte, diese aber nach seiner eigenen Zahlung an ihn zurückfiel und er somit zur Klage berechtigt war.
Das vorliegende Urteil
AG Leverkusen – Az.: 21 C 313/15 – Urteil vom 31.05.2016
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