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Verkehrsunfall -Beauftragung eines eigenen Sachverständigen

AG Leverkusen – Az.: 21 C 313/15 – Urteil vom 31.05.2016

1. Die Beklagte wird verurteilt, 550,13 € nebst 5%-Punkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz ab dem 16.07.2015 an den Kläger zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Gründe

(Ohne Tatbestand gem. § 313a ZPO)

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Sachverständigenkosten gem. §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1 BGB iVm. 115 VVG iHv. 471,24 €.

Der Kläger ist aktivlegitimiert. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 12.01.2016 eine Email des Sachverständigenbüros A vom 12.01.2016 vorgelegt, aus der die Zahlung der Sachverständigenkosten hervor geht. Da die Abtretung der Forderung ausweislich der Abtretungserklärung vom 29.04.2015 nur „sicherungshalber“ abgetreten wurde, ist der Sicherungszweck mit der Zahlung entfallen und die Forderung kann wieder vom Geschädigten geltend gemacht werden. Vor dem Hintergrund der vorgelegten Email war auch das einfache Bestreiten der Zahlung nicht ausreichend.

Die vollumfängliche Haftung der Beklagten aufgrund des Unfallereignisses vom 25.04.2015 ist dem Grunde nach unstreitig.

Zu dem in Folge eines Verkehrsunfalls zu ersetzenden Schaden gehören u.a. auch die Kosten der Schadensermittlung, d.h. auch die Kosten eines beauftragten Sachverständigen.

Dem steht im konkreten Fall nicht entgegen, dass der von der Beklagten beauftragte Sachverständige M das Fahrzeug des Klägers bereits am 28.04.2015, d.h. einen Tag bevor der Kläger das Sachverständigenbüro A beauftragt hatte, besichtigt und gegenüber der Beklagten berichtet hatte. Hierdurch war die Beauftragung eines eigenen Sachverständigen seitens des Klägers nicht ausgeschlossen, denn der Geschädigte ist nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei (vgl, BGHZ 154, 395, 398; 155, 1, 4; 162, 161, 165 f.; vom 20. Juni 1989 – VI ZR 334/88 – VersR 1989,10561). Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint (vgl. BGH vom 18. Januar 2005 – VI ZR 73/04 – VersR 2005, 558, 559), so dass er im Regelfall berechtigt ist, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen (Hörl NZV 2003, 305, 306 f.; Wortmann ZfS 1999, 1, 2; ders. VersR 1998, 1204, 1210). Die Schadensminderungspflicht wird dadurch nicht verletzt. Auch eine Mitteilungspflicht des Geschädigten kann aufgrund des Vorstehenden nicht angenommen werden. Ebenso wenig kann gegen die Forderung des Klägers eingewandt werden, die errechneten Reparaturkosten der beiden Gutachten würden nur minimal voneinander abweichen, denn dies ist für den Geschädigten bei Erteilung des Auftrags an den Sachverständigen nicht erkennbar. Dem Geschädigten wird in der Regel die Sachkenntnis fehlen oder das für die Schädigerseite erstattete Gutachten ihm ggf. sogar unbekannt sein. Alles andere würde dazu führen, dass die Rechte des Geschädigten zu stark eingeschränkt werden.

Verkehrsunfall -Beauftragung eines eigenen Sachverständigen
(Symbolfoto: NONGASIMO/Shutterstock.com)

Etwas Anderes ergibt sich im zu entscheidenden Fall auch nicht aus einer zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung. Sofern die Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 23.09.2015 vorgetragen hat, der Sachverständige habe sich für die Möglichkeit entschieden, einen durch die Beklagte beauftragten, unabhängigen Sachverständigen zu wählen, so hat die Beklagte nach Auffassung des Gerichts an diesem Vortrag nicht festgehalten, jedenfalls ist der Vortrag der Beklagten widersprüchlich. Mit Schriftsatz vom 11.02.2016 hat die Klägerseite allein ausgeführt, der Beklagte habe der Besichtigung durch einen von der Beklagten beauftragten Sachverständigen zugestimmt. Allein hierin kann jedoch keine Einigung dahingehend gesehen werden, dass nur ein Sachverständiger beauftragt werden sollte. Allein in der Zustimmung zur Besichtigung liegt hingegen nicht der Verzicht, einen eigenen Sachverständigen zu beauftragen, wenn dies nicht explizit vereinbart wurde.

Auf die vorstehend beschriebenen Unklarheiten des Vortrags hat das Gericht mit Hinweisbeschluss vom 01.03.2016 hingewiesen. Daraufhin trug die Beklagte mit Schriftsatz vom 17.03.2016 wieder vor, der Kläger habe der Besichtigung durch einen anderen Sachverständigen zugestimmt, ein Vortrag, nach welchem lediglich der Besichtigung durch einen Sachverständigen der Beklagten zugestimmt wurde, könne nicht ausgemacht werden. Auf Nachfrage der Beklagten, auf welchen Schriftsatz sich das Gericht beziehe und entsprechender gerichtlicher Mitteilung, teilte die Beklagte mit Schriftsatz vom 18.04.2016 erneut mit, dass der Kläger der Besichtigung durch einen anderen Sachverständigen zugestimmt habe. Nach alledem ist allein von einer Zustimmung zur Besichtigung auszugehen.

Soweit die Beklagte sich auf die Grundsätze zur Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Ergänzungsgutachtens beruft, greift dieser Einwand nicht durch. Zum einen geht es vorliegend nicht um ein Ergänzungsgutachten in diesem Sinne. Zum anderen erachtet das erkennende Gericht auch diese Kosten als erstattungsfähig, da der Geschädigte in der Regel nur durch die Vorlage des durch die Gegenseite in Auftrag gegebenen Gutachtens an den Sachverständigen dieses wird überprüfen können.

Der Kläger hat gem. §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1 BGB iVm. 115 VVG ebenfalls einen Anspruch auf Zahlung restlicher vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gegen die Beklagte in Höhe von 78,89 €. Wegen des oben erläuterten Anspruchs belief sich der Streitwert insgesamt auf 3.178,17 €, sodass die erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten hinsichtlich der Höhe nach diesem zu berechnen sind. Dies ergibt einen Betrag in Höhe von 413,64 € (inkl. Mehrwertsteuer und Auslagenpauschale). 334,75 € wurden unstreitig von der Beklagten gezahlt. Es verbleibt ein Restbetrag iHv. 78,89 €.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist dies zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, vgl. § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO.

Der Streitwert wird auf 471,24 € festgesetzt (§§ 48 GKG, 3, 5 ZPO).

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