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Verkehrsunfall: Austauschkosten für Scheinwerfer trotz möglicher Reparatur

AG Regensburg, Az.: 3 C 2992/16, Urteil vom 09.05.2017

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 627,72 € nebst Zinsen jeweils in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 804,36 € seit 20.09.2016 bis 11.01.2017 und aus 627,72 € seit 12.01.2017 zu bezahlen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 133,04 €.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 13 %, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu 87 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin macht restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend.

Am 04.05.2016 ereignete sich ein Verkehrsunfall in T., verursacht durch den PKW der Beklagten zu 1), haftpflichtversichert bei der Beklagten zu 2), bei welchem der PKW der Klägerin beschädigt wurde. Die Haftung der Beklagten ist zwischen den Parteien nicht streitig.

Die Klägerin macht folgende Schadensersatzansprüche geltend:

– Reparaturkosten 1.677,97 EURO

– Sachverständigenkosten 413,41 EURO

– Unkostenpauschale 30,00 EURO

– Wertminderung 480,00 EURO

– Leihwagenkosten 407,58 EURO

– abzüglich Zahlung – 1.634,89 EURO

– abzüglich Zahlung – 176,64 EURO

RESTFORDERUNG 717,43 EURO

Verkehrsunfall: Austauschkosten für Scheinwerfer trotz möglicher Reparatur
Symbolfoto: DedMityay/Bigstock

Die Klägerin behauptet, die Beklagten hätten sämtliche Reparaturkosten zu erstatten; die Reparatur des Scheinwerfers sei nicht fachgerecht. Das Schreiben vom 07.06.2016, mit welchem die Beklagte zu 2) auf günstigere Alternativwerkstätten verwiesen hatte, sei ihr erst nach Erteilung des Reparaturauftrags am 07.06.2016 zugegangen.

Die Klägerin ist der Meinung, er habe Anspruch auf vollständige Kostenerstattung der Sachverständigen- und Mietwagen-Kosten.

Die Klägerin beantragt zuletzt nach übereinstimmender Teilerledigterklärung in Höhe weiter erfolgter Zahlung:

Die Beklagten werden gesamtverbindlich verurteilt, an die Klägerin 717,66 EURO nebst Zinsen in Höhe von 5 % über den Basiszinssatz aus 894,07 EURO seit 20.09.2016 bis 11.01.2017, aus 717,41 EURO seit 12.01.2017, sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 133,04 EURO zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen: Klageabweisung.

Die Beklagten sind der Meinung, die Klägerin sei bereits ausreichend entschädigt.

Die Beklagte zu 2 wies die Klägerin mit Schreiben vom 07.06.2016 auf alternative Reparaturmöglichkeiten hin

Die Beklagten haben die Mietwagenkosten als überhöht gekürzt.

Wegen des weiteren Sachvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, mit welcher die Klägerin restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall in Höhe von zunächst 894,07 € und zuletzt Nachzahlung in Höhe von 176,64 € durch die Beklagte zu 2 zuletzt in Höhe von noch 717,66 € geltend macht, ist teilweise begründet.

Die Klägerin hat aufgrund des Unfalls, für den die Alleinhaftung der Beklagten zwischen den Parteien nicht streitig ist, Anspruch auf restlichen Schadensersatz in Höhe von 627,72 €.

Die Klägerin kann wie folgt abrechnen:

Reparaturkosten: 1.677,97 €

Sachverständigenkosten: 413,41 €

Mietwagenkosten: 358,45 €

10 % Eigenersparnis entsprechend Landgericht Regensburg vom 08.05.2012, Az. 2 S 254/11: – 35,84 €

Unfallpauschale: 25,26 €

Gesamtschaden: 2.439,25 €

abzüglich Zahlungen: – 176,64 €

– 1.634,89 €

Restschaden: 627,72 €.

Der Schaden, den die Beklagten zu erstatten haben, bemisst sich hier bei konkreter Abrechnung gemäß § 249 BGB nicht nach den Aufwendungen, die objektiv zu seiner Beseitigung erforderlich sind.

Dies ist nur im Fall der fiktiven Abrechnung nach Gutachten zulässig, wenn der Geschädigte tatsächlich noch keine Aufwendungen für die Schadensbeseitigung hatte, sondern seinen Schaden nach den voraussichtlich entstehenden Aufwendungen für die Schadensbeseitigung beziffert.

In diesen Fällen muss der Geschädigte in die Lage versetzt werden, mit dem zur Verfügung gestellten Betrag den Schaden ohne Vermögenseinbuße zu beseitigen, ohne dass eine Bereicherung auf Seiten des Geschädigten eintreten darf.

Anders ist jedoch die Rechtslage, wenn – wie hier – Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden bereits angefallen sind. Dann besteht der Schaden nicht mehr in dem Aufwand, der voraussichtlich entsteht, um den Schaden zu beseitigen, sondern in der Einbuße an Geld, die der Geschädigte tatsächlich erlitten hat. Denn zu den nach § 249 BGB zu ersetzenden notwendigen Aufwendungen für die Schadensbeseitigung gehören auch diejenigen Kosten, die der Geschädigte bei verständiger Würdigung für erforderlich halten durfte.

Das mit dieser Beurteilung verbundene Risiko trägt nicht der Geschädigte sondern der Schädiger.

Die Schadensbetrachtung hat sich in diesen Fällen nicht nur an objektiven Kriterien zu orientieren, sondern ist auch subjektbezogen. Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass den Kenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten des Geschädigten bei der Schadensregulierung regelmäßig Grenzen gesetzt sind, vor allem, sobald er einen Reparaturauftrag erteilt hat, und das zu reparierende Fahrzeug in die Hände von Werkstätten gibt.

Es würde den Sinn und Zweck des Schadensersatzrechtes widersprechen, wenn der Geschädigte im Verhältnis zu dem ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen sind und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht mehr kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss. Es macht dabei keinen Unterschied, ob der Reparaturbetrieb dem Geschädigten unnötige Arbeiten in Rechnung stellt, überhöhte Preise oder Arbeitszeit in Ansatz bringt, oder Arbeiten berechnet, die in dieser Weise nicht ausgeführt worden sind. Es besteht kein Grund, dem Schädiger das Risiko für ein solches Verhalten abzunehmen. Es ist, wenn – wie hier – dem Geschädigten kein Auswahlverschulden zur Last fällt, grundsätzlich nicht seine Sache, sich nach Beauftragung einer Werkstatt mit der Schadensbeseitigung wegen der Höhe der Rechnung mit dieser auseinander zu setzen, vergl. dazu OLG Karlsruhe vom 19.10.2004, Az.: 17 U 107/04, recherchiert bei juris.

Die Klägerin hat daher Anspruch auf vollständiger Erstattung ihrer Reparaturkosten, welche sich ausweislich der Reparaturrechnung belaufen auf 1.677,98 €.

Es kann daher dahinstehen, ob es eine einfachere Reparaturlösung für die Scheinwerfer gegeben hätte als deren Austausch, da die Klägerin nach Übergabe an die Werkstatt keine Einflussmöglichkeiten mehr hat und eine Pflichtverletzung in der Auswahl der Werkstätte nicht gesehen werden kann. Zwar hätte sich die Klägerin entsprechend dem Schreiben der Beklagten zu 2 auf günstigere Reparaturmöglichkeiten in anderen Werkstätten verweisen lassen müssen. Der Reparaturauftrag und der Zugang des Briefes haben sich jedoch offensichtlich überschnitten, so dass der Klägerin in der Auswahl der Werkstatt kein Vorwurf gemacht werden kann.

Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatz ihrer Gutachterkosten in Höhe von 413,41 €, da zur Schadensbewertung und Rechtsverfolgung sachdienlich, vgl. Palandt § 249 BGB Rz. 58.

Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung von Mietwagenkosten der Klasse 4 für fünf Tage in Höhe von 358,45 €, muss sich jedoch eine Eigenersparnis in Höhe von 10 % anrechnen lassen.

Das Gericht hat nunmehr den für die Anmietung eines vergleichbaren Fahrzeugs während der streitgegenständlichen Reparaturzeit erforderlichen Betrag zu ermitteln.

Dabei steht dem Gericht sowohl die Schwacke-Liste als auch die Fraunhofer-Internet-Erhebung zur Verfügung, vgl dazu LG Regensburg vom 22.05.2012, Az. 2 S 254/11.

Die Schwacke-Liste 2015 weist für den Postleitzahlbereich 93… als Modalwert für ein Fahrzeug der Klasse 4 für eine Anmietdauer von 5 einen Bruttobetrag von 450,–€ aus.

Die Fraunhofer-Erhebung 2015 weist für den Postleitzahlbereich 93… als Mittelwert für ein Fahrzeug der Klasse 4 für eine Anmietdauer von 5 Tagen einen Bruttobetrag von 266,89 € aus.

Angesichts der erkennbaren Schwächen beider Erhebungen – „Wunschpreise der Schwacke-Liste“, „fragliche Verfügbarkeit der abgefragten Internet-Tarife der Fraunhofer Erhebung“ – schätzt das Gericht den angemessenen Schadensersatz § 287 ZPO auf die Hälfte der Summe aus den entsprechenden Tabellenwerten der „Schwacke-Liste“ und der „Fraunhofer-Erhebung“, also 358,45 €.

Das Gericht schätzt die Pauschale nach wie vor gemäß § 287 ZPO auf umgerechnet 50,00 DM.

Zinsen und vorgerichtliche Kosten: §§ 286, 288 BGB, 13 RVG.

Ein Gebührensprung ist nicht gegeben.

Kosten: §§ 91, 91 a ZPO.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, trägt aus Verzugsgründen die Beklagte die insoweit anfallenden Kosten, da sie Anlass zur Erhebung der Klage geboten hat.

Vorläufige Vollstreckbarkeit; §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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