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Verkehrsunfall: außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten bei Beauftragung durch den Inhaber eines Autohauses

AG Balingen, Az.: 3 C 76/13

Urteil vom 11.06.2013

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 507,50 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 03.11.2012 sowie weitere 5 € zu bezahlen.

2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss: Der Streitwert wird auf 507,50 € festgesetzt.

Gründe

(abgekürzt nach § 313 a Abs. 1 ZPO)

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten Ziffer 1 gem. §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 249 ff. BGB ein weiterer Schadensersatzanspruch in Höhe der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 507,50 € zu. Im Umfang der Haftung der Beklagten Ziffer 1 hat auch die Beklagte Ziffer 2 als KfZ-Haftpflichtversicherer gem. §§ 113, 115 VVG, § 1 PflVG für den Schaden einzustehen.

Verkehrsunfall: außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten bei Beauftragung durch den Inhaber eines Autohauses
Symbolfoto: Phanuwat Nandee/Bigstock

Im Rahmen des Schadensersatzanspruchs kann der Geschädigte die durch den Verkehrsunfall verursachten Rechtsverfolgungskosten insoweit ersetzt verlangen, als diese aus seiner Sicht zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Maßgeblich ist insofern die Beurteilung ex ante; dass die Versicherung den Schaden in der Rückschau umfassend reguliert hat, ist daher unerheblich. Die Rechtsprechung verneint die Notwendigkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts in der Regel in Fällen, die derart einfach gelagert sind, dass die Haftung von vornherein nach Grund und Höhe klar ist und aus Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, dass der Schädiger ohne weiteres seiner Ersatzpflicht nachkommen werde. Eine Ausnahme soll nur dann bestehen, wenn der Geschädigte etwa aus Mangel an geschäftlicher Erfahrung dennoch nicht in der Lage ist, den Schaden selbst anzumelden (zum Ganzen: BGH NJW 1995, 446, 447; Schubert in Beck‘scher Online-Kommentar BGB, Stand: 01.03.2011, § 249 BGB Rn. 79).

Der Kläger ist zwar als Inhaber eines Autohauses durchaus in der Lage, einfache Schadensfälle mit der Versicherung selbstständig abzuwickeln. Dass er Erfahrung mit der Regulierung von Verkehrsunfällen hat, zeigt sich bereits daran, dass er bereits vor Einschaltung eines Rechtsanwalts selbst ein privates Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben und damit von sich aus richtig an den Schadensfall herangegangen ist. Auch konnte er in der mündlichen Verhandlung den Begriff des Wiederbeschaffungswerts zutreffend definieren.

Letztlich kommt es auf die Fachkunde des Klägers jedoch nicht an, da der vorliegende Verkehrsunfall nicht einfach gelagert war. Zwar ist der Wagen der Beklagten Ziffer 1 auf das klägerische Fahrzeug (bestehend aus Zugfahrzeug und Anhänger) aufgeprallt. An dem Unfall war jedoch noch ein weiteres Kfz beteiligt, welches hinter der Beklagten Ziffer 1 fuhr. Daher war zunächst unklar, ob bereits die Beklagte Ziffer 1 auf das klägerische Fahrzeug aufgefahren war oder ob die Beklagte Ziffer 1 selbst noch rechtzeitig angehalten und erst durch das dritte Auto auf das klägerische Fahrzeug geschoben worden war. Somit stand nicht fest, an welchen der anderen Unfallbeteiligten sich der Kläger zu wenden hatte. Auch ist dem Kläger nicht nur Sachschaden entstanden. Der Sohn des Klägers, der das Auto bei dem Unfall steuerte, hat überdies gesundheitliche Schäden erlitten und war zeitweise arbeitsunfähig.

Zwar fragte die Versicherung erst mit Schreiben vom 26.04.2012 und damit nach Beauftragung des Rechtsanwalts nach der Anzahl der Anstöße. Zuvor hatte sie an den Kläger nur allgemeine Formschreiben versandt, die der Sachverhaltsaufklärung dienten. Auch wenn das Mandat damit möglicherweise zu früh erteilt wurde, wäre zumindest anschließend die Einschaltung eines Rechtsanwalts erforderlich gewesen. Durch die zu frühe Beauftragung sind auch keine höheren Gebühren entstanden.

Die Einschaltung eines Rechtsanwalts war schließlich jedenfalls deshalb geboten, weil die Versicherung die Auszahlung verzögerte und erst auf weitere Mahnung am 20.06.2012 einen Teilbetrag regulierte (hierzu BGH NJW 1995, 446, 447). Zwar fehlten zunächst noch Angaben zum Wiederbeschaffungswert des Anhängers. Auch den Schaden am Zugfahrzeug regulierte die Versicherung jedoch erst mit der Überweisung vom 20.06.2012 und hatte in den Schreiben zuvor auch ihre diesbezügliche Einstandspflicht weder ausdrücklich noch sonst erkennbar anerkannt.

Die Mahnkosten sind als Verzugsschaden gem. §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB, die Zinsen gem. §§ 286, 288 Abs. 1 BGB geschuldet. Die Beklagten befinden sich spätestens seit 03.11.2012 in Verzug. Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 24.10.2012 wurde die Zahlung unter Setzung einer Frist bis spätestens 02.11.2012 angemahnt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und, soweit die Klage gegenüber dem Mahnverfahren bezüglich einer Aktenversendungspauschale in Höhe von 12 € teilweise zurückgenommen wurde, auf §§ 269 Abs. 3 S. 2, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO, 63 Abs. 2 GKG.

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