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Verkehrsunfall – Ansprüche des Leasingnehmers

LG Hagen (Westfalen) – Az.: 2 O 397/10 – Urteil vom 18.04.2011

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 15.814,95 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einem behaupteten Verkehrsunfall geltend, welcher sich am 01.10.2010 in I auf der I-Straße in Fahrtrichtung E ereignet haben soll.

Hierzu hat der Kläger zunächst behauptet, er sei zum Unfallzeitpunkt Eigentümer des an dem Geschehen beteiligten Kraftfahrzeugs Audi Q7 mit dem amtlichen Kennzeichen XXX gewesen. Dieses sei durch das alleinige Verschulden des an dem Unfall beteiligten Herrn B beschädigt worden. Der Herr B sei am 01.10.2010 gegen 20:15 Uhr mit seinem zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten haftpflichtversicherten Kraftfahrzeug Daimler Chrysler mit dem amtlichen Kennzeichen XXX  auf der I-Straße in I in Richtung E fahrend von der linken auf die rechte Fahrspur gewechselt. Hierbei habe er den zu diesem Zeitpunkt von dem Sohn des Klägers geführten Audi Q7 übersehen, welcher hierdurch auf der linken Fahrzeugseite beschädigt worden sei. Der Audi Q7 sei durch das Fahrmanöver des Herrn B dann nach rechts an eine Leitplanke abgedrängt worden, wodurch es auch zu Beschädigungen an der rechten Fahrzeugseite gekommen sei. Der Herr B habe sein Alleinverschulden am Zustandekommen des Verkehrsunfalls anerkannt.

Der Kläger verlangt unter Bezugnahme auf ein vorgerichtliches Gutachten der DEKRA vom 11.10.2010 fiktive Reparaturkosten in Höhe von 14.346,95 € ersetzt. Die in dem Gutachten genannten Beschädigungen seien auf das streitgegenständliche Unfallgeschehen zurückzuführen. Bereits zuvor hatte der Kläger ein Schadensgutachten des Sachverständigenbüros S eingeholt, welches von den Feststellungen der DEKRA abweichend lediglich einen Sachschaden in Höhe von 11.463,45 € festgestellt hatte. Neben den erforderlichen Reparaturkosten (nach Gutachten der DEKRA) verlangt der Kläger eine ebenfalls von der DEKRA festgestellte Wertminderung in Höhe von 600,00 € sowie die Kosten für das Gutachten der DEKRA in Höhe von 838,00 € ersetzt. Desweiteren macht er eine Auslagenpauschale in Höhe von 30,00 € geltend und verlangt Freistellung von einer Kostenforderung seines Prozessbevollmächtigten aus vorgerichtlicher Tätigkeit in Höhe von 769,25 €.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 15.814,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.10.2010 zu zahlen und ihn von einer Kostenforderung des Rechtsanwalts T in E in Höhe von 769,25 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, wenn es überhaupt zu dem von dem Kläger geschilderten Geschehen gekommen sein sollte, handele es sich jedenfalls um ein manipuliertes Unfallereignis, bei dem der Kläger in die Beschädigung des am „Unfall“ beteiligten Fahrzeugs eingewilligt habe. Diesbezüglich komme ihr ein entsprechender Anscheinsbeweis zugute, der sich aus einer Vielzahl verdächtiger Indizien ergebe, welche typischerweise auf ein manipuliertes Unfallereignis hindeuteten. Bereits die am Unfall beteiligten Fahrzeuge seien typisch für ein manipuliertes Unfallereignis, da es sich auf Klägerseite um ein hochwertiges Luxusfahrzeug handele und der Schaden des am Unfall beteiligten Herrn U von dessen Vollkaskoversicherung aufgefangen werde. Typisch sei auch, dass der Kläger auf fiktiver Reparaturkostenbasis abrechne, was die Möglichkeit einer „gewinnbringenden“ Reparatur in Eigenregie oder durch eine Fremdwerkstatt eröffne. Zudem handele es sich bei dem behaupteten Fahrstreifenwechsel um ein recht einfach und ohne erhebliches Eigenrisiko beherrschbares Unfallereignis. Hinzu komme, dass von den beteiligten Fahrzeugführern keine Abwehrbewegung durchgeführt worden sei. Weitere Indizien seien darin zu sehen, dass sich der Unfall zur Nachtzeit ereignet habe, unbeteiligte Zeugen nicht zu finden seien und die Unfallverursachung durch den Unfallgegner direkt vor Ort eingeräumt worden sei. Das behauptete Unfallgeschehen sei an sich schon nicht erklärbar, da es sich bei der Unfallstelle um eine gut ausgebaute, zweispurige Straße handele, auf der ein auf der anderen Fahrspur befindliches Fahrzeug – gerade mit Scheinwerferlicht – sehr gut zu erkennen sei. Das klägerische Fahrzeug sei zudem bereits am 04.07.2009 in einen Unfall verwickelt gewesen, bei welchem der Fahrer bei einem unachtsamen Fahrstreifenwechsel einen Fremdschaden verursacht haben solle. Weiter spreche für die Annahme eines manipulierten Unfallereignisses, dass der Kläger und der am Unfallgeschehen beteiligte Herr B sich kennen und dieser entgegen der üblichen Gepflogenheiten nicht ebenfalls verklagt, sondern von dem Kläger als Zeuge benannt werde. Vorgerichtlich habe der Herr B trotz entsprechender Aufforderung keine näheren Angaben zum Unfallgeschehen gemacht. Die geltend gemachten Schäden seien zudem nicht auf das streitgegenständliche Unfallgeschehen zurückzuführen.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger hätte substantiiert zu etwaigen Vorschäden vortragen müssen.

Die Einholung eines zweiten Sachverständigengutachtens sei nicht erforderlich gewesen, sodass diese Kosten nicht ersatzfähig seien. Darüber hinaus sei eine Kostenerstattung auch deshalb ausgeschlossen, weil das Gutachten objektiv unbrauchbar sei, da der Kläger den Sachverständigen nicht auf vorhandene Vorschäden hingewiesen habe.

Die Kostenpauschale sei übersetzt.

Das Gericht hat den Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung persönlich zur umstrittenen Frage der Aktivlegitimation angehört. Der Kläger gab hierbei an, das am streitgegenständlichen Unfallereignis beteiligte Fahrzeug Audi Q7 am 17.06.2007 in L bei der Firma L2 erworben zu haben und im Besitz einer Kaufvertragsurkunde zu sein.

Das Gericht hat dem Kläger daraufhin mit Beschluss vom 21.03.2011 aufgegeben, die Kaufvertragsurkunde binnen einer Woche zu den Gerichtsakten zu reichen. Mit im Rahmen der verlängerten Frist bei Gericht eingegangenem anwaltlichem Schriftsatz vom 04.04.2011 hat der Kläger eine Rechnung der Firma L3 vom 01.04.2011 zu den Akten gereicht, wegen deren Inhalts auf Bl. 45 der Gerichtsakten Bezug genommen wird. Zuvor sei das Fahrzeug geleast gewesen. Auch unter Berücksichtigung des Leasingvertrages sei er berechtigt gewesen, den Anspruch im eigenen Namen geltend zu machen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 21.03.2011, Bl. 36 der Gerichtsakten, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat einen Schaden nicht substantiiert dargelegt.

Der Kläger hat trotz Bestreitens seitens der Beklagten sein Eigentum zum Zeitpunkt des behaupteten Unfallereignisses an dem Fahrzeug Audi Q7 mit dem amtlichen Kennzeichen XXX, welches bei dem Unfall beschädigt worden sein soll, nicht bewiesen. Vielmehr hat er mit dem innerhalb der mit Beschluss vom 21.03.2011 gesetzten und mit Verfügung vom 11.04.2011 verlängerten Frist zur Einreichung der Kaufvertragsurkunde am 04.04.2011 bei Gericht eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz eingeräumt, zum Zeitpunkt des behaupteten Unfalls als Leasingnehmer lediglich Besitzer des Fahrzeugs gewesen zu sein. Zwar will der Kläger zwischenzeitlich Eigentum an dem Fahrzeug erworben haben. Das von ihm möglicherweise erworbene Eigentum ist durch den behaupteten Unfall jedoch nicht verletzt worden, denn zum Zeitpunkt der behaupteten Beschädigung des Fahrzeugs war Eigentümerin die Leasinggeberin. Dass der Kläger – beispielsweise aufgrund des Leasingvertrages – dazu berechtigt ist, Ansprüche der Leasinggeberin im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft im eigenen Namen geltend zu machen, hat er nicht substantiiert dargelegt. Darüber hinaus ist aber auch ein hierfür erforderliches, eigenes rechtliches Interesse des Klägers nicht dargelegt. Eine etwaige Prozessstandschaft wäre außerdem offenzulegen. Der Kläger könnte aber selbst dann, wenn er sämtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft dargelegt und ggfls. bewiesen hätte, wegen möglicher Ansprüche der Leasinggeberin nicht Leistung an sich, sondern lediglich an diese verlangen.

Der Kläger kann seine Klage daher – wie offensichtlich auch beabsichtigt – lediglich auf eigene Ansprüche stützen.

Solche könnten sich aus § 823 Abs. 1 BGB, § 7 Abs. 1 StVG wegen eines Eingriffs in das Recht des Klägers als Leasingnehmer zum Besitz an dem Fahrzeug Audi Q7 mit dem amtlichen Kennzeichen XXX ergeben.

Der berechtigte Besitz gehört zu den von § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechten.

§ 7 Abs. 1 StVG entschädigt für die Beschädigung oder die Zerstörung einer Sache. Das Eigentum des geschädigten Besitzers wird nicht vorausgesetzt.

Abgesehen von der streitigen Frage einer rechtswidrigen Beschädigung des Fahrzeugs durch das behauptete Unfallgeschehen wäre gemeinsame Voraussetzung beider Anspruchsgrundlagen jedoch, dass dem Kläger überhaupt ein Schaden entstanden ist. Einen solchen hat er nicht substantiiert dargelegt.

Als originär eigener Schaden des Leasingnehmers kommen lediglich der Nutzungsschaden und der Haftungsschaden („Passivschaden“) in Betracht (vgl. BGH, Urteil v. 13.07.1976, Az. VI ZR 78/75 in VersR 1976, 943, zitiert nach Juris).

Einen Nutzungs(ausfall)schaden macht der Kläger nicht geltend.

Einen Haftungsschaden hat er nicht dargelegt. Bei einer Verletzung des Besitzes hat der Schädiger dem unmittelbaren Besitzer das zu ersetzen, was dieser dem mittelbaren Besitzer oder dem Eigentümer wegen der Beschädigung der Sache zu ersetzen verpflichtet ist (vgl. BGH, Urteil v. 13.07.1976, Az. VI ZR 78/75, a. a. O.).

Der Kläger hat aber bereits nicht dargelegt, wegen der Beschädigung von der Leasinggeberin in Anspruch genommen worden zu sein oder dieser gegenüber überhaupt zum Ersatz des Schadens verpflichtet zu sein. Durch die Bezugnahme auf das zu den Akten gereichte Gutachten der DEKRA hat der Kläger seiner Darlegungslast nicht genügt. Auf diese Art und Weise hätte er seinen Schaden nur dann berechnen können, wenn er – wie ursprünglich behauptet – zum Zeitpunkt des behaupteten Unfallereignisses Eigentümer des Fahrzeugs gewesen wäre. Der mögliche Schaden des Klägers wird dagegen allein durch seine mögliche Ersatzpflicht gegenüber der Leasinggeberin bestimmt.

Das Gericht war nicht verpflichtet, den Kläger auf diesen Umstand hinzuweisen, um die mündliche Verhandlung anschließend fortzusetzen. Ein Fall des § 139 ZPO liegt nicht vor. Der Kläger macht mit der Klage einen Anspruch aus eigenem Recht wegen einer Eigentumsverletzung geltend. Ein solcher steht ihm nicht zu, hieran könnte auch ergänzender Vortrag nichts ändern. Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der fiktiven Reparaturkosten wegen Beschädigung des Eigentums könnte allenfalls der Leasinggeberin zustehen. Dem Kläger fehlt insofern die Aktivlegitimation.

Somit hat der Kläger auch nicht dargelegt, dass die Einholung eines vorgerichtlichen Sachverständigengutachtens für eine angemessene Rechtsverfolgung erforderlich war. Ebenso gilt dies in Bezug auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und die Kostenpauschale. Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

 

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