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Verkehrsunfall – Alleinhaftung bei Spurwechsel

LG Rostock, Az.: 9 O 286/14, Urteil vom 26.02.2016

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin € 7.262.52 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.04.2014 sowie weitere € 972,47 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.04.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen. Von den Kosten der Streithelferin haben die Beklagten 85% zu tragen, im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird für die Klägerin und die Beklagten auf € 7.519,59 festgesetzt, für die Streithelferin auf € 1.859,97.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zahlung von Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall.

Verkehrsunfall - Alleinhaftung bei Spurwechsel
Symbolfoto: Von AnyVidStudio /Shutterstock.com

Die Parteien streiten über einen Verkehrsunfall, der sich am 09.12.2013 gegen 10.00 Uhr auf der L. Straße (L …) Höhe Hausnummer 4 in Fahrtrichtung W. ereignet hat. Beteiligt an dem Unfall waren die Klägerin als Halterin und Fahrerin eines im Eigentum der H. Bank GmbH stehenden Pkw Honda Civic mit dem amtlichen Kennzeichen … sowie der Beklagte zu 1) als Fahrer eines Pkw Opel Meriva mit dem amtlichen Kennzeichen …, dessen Halter der Beklagte zu 2) ist und der bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversichert ist.

Die L … (früher B …) hat im Unfallbereich, der sich ca. 50 m vor der Lichtzeichenanlage L. Straße/D. Straße befindet, zwei Fahrspuren in Richtung W. auf. Beide beteiligten Fahrzeuge waren in Fahrtrichtung W. unterwegs. Die Klägerin wechselte von der linken in die rechte Fahrspur. Den Spurwechsel schloss sie ca. 100 m vor der Lichtzeichenanlage ab. Sie begann ihr Fahrzeug im Hinblick auf die für ihre Fahrtrichtung gelb anzeigende Lichtzeichenanlage langsam abzubremsen. Der Beklagte zu 1) war zunächst hinter der Klägerin gefahren und begann diese dann nach deren Spurwechsel zu überholen. Nachdem der Beklagte zu 1) das klägerische Fahrzeug zumindest teilweise überholt hatte, begann er selber mit dem von ihm gelenkten Opel in die rechte Spur zu wechseln. Dabei kam es zu einer Kollision zwischen den Fahrzeugen, wobei das klägerischen Fahrzeug einen Anstoß im Bereich vom links erhielt. Ob das klägerische Fahrzeug dabei auch infolge des Anstoßes gegen die rechte Bordsteinkante gedrängt wurde, ist umstritten.

Der Unfall wurde durch die Polizei aufgenommen. Unstreitig ist, dass die Klägerin in ihrem Fahrzeug eine Unterarmgehstütze und einen orthopädischen Schuh in ihrem Fahrzeug liegen hatte. Ob ihr rechtes Bein verbunden war, sie einen Verband am rechten Bein trug und hinkte, ist umstritten.

Die Klägerin ließ ihr Fahrzeug am 06.01.2014 durch den Sachverständigen S. begutachten. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 07.01.2014 (Anl. K 1) Beschädigungen im Bereich vorne links fest sowie auch im Bereich des rechten Vorderrades. Infolge nicht ausreichender Besichtigungsbedingungen wies er darauf hin, dass vor einer Reparatur eine Achsvermessung durchzuführen sei. Die Reparaturkosten bezifferte er auf € 4.215,73 brutto, die merkantile Wertminderung auf € 650,-. Im Gutachten ging er von einer Reparaturdauer von 4 – 5 Arbeitstagen aus. Für sein Gutachten berechnete er ein Honorar von € 735,84 (Anl. K 2). Laut Gutachten hatte das Fahrzeug mit der Erstzulassung vom 24.05.2012 eine Laufleistung von 11.905 km.

Die in E. wohnhafte Klägerin ist von Beruf Justiziarin im Rechtsamt der R. Sie war wegen der ungünstigen Verbindungen im öffentlichen Nahverkehr und auch beruflich, z.B. zur Wahrnehmung auswärtiger Gerichtstermine, auf die Nutzung ihres Pkw angewiesen. Nach dem Unfall wartete sie einen günstigen Zeitraum ab, in dem sie nicht dringend auf einen Pkw angewiesen war. Seitens der Werkstatt wurde ursprünglich von einer Reparaturdauer von 4 – 5 Tagen ausgegangen. Im Rahmen der am 19.01.2014 begonnenen Reparatur im Autohaus G. GmbH erfolgte eine Achsvermessung. Nach einem von der Beklagtenseite insoweit vorgelegten Protokoll der Fa. T. GmbH in S. war dort am 19.02.2014 ein Pkw Honda Civic mit dem Kennzeichen … und einer Laufleistung von 122.222 km zur Untersuchung. Nach Klagevortrag stellte sich bei einer Achsvermessung heraus, dass die Vorderachse des klägerischen Pkw massiv beschädigt worden war. Der Sachverständige S. erstellte eine Nachkalkulation (Anl. K 12 u. B 1) und gelangte in seiner Schlusskalkulation zu Reparaturkosten in Höhe von € 7.478,52 brutto. Für die Nachkalkulation berechnete er der Klägerin ein Honorar in Höhe von € 47,01 (Anl. K 5). Die Werkstatt musste die Reparatur des klägerischen Pkw aussetzen, da zunächst ein Getriebekasten bestellt werden musste. Die Klägerin erhielt ihr Fahrzeug nach Fertigstellung der Reparatur am 15.03.2014 ausgehändigt. Die Autohaus G. GmbH in B. berechnete der Klägerin in zwei Rechnungen vom 27.02. Und 14.03.2014 (Anl. K 3 und 4) insgesamt € 7.616,76. Die Laufleistung des Wagens betrug nach der Rechnung vom 27.02.2014 (Anl. K 3) 12.245 km und nach der Rechnung vom 14.03.2014 (Anl. K4) 12.280 km.

Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Reparatur des beschädigten Pkw länger dauerte mietete die Klägerin am 26.02.2014, zunächst auf unbestimmte Zeit, bis zum 15.03.2014 bei der Streithelferin einen Mietwagen an. Mit Rechnung vom 18.03.2014 stellte die Streithelferin ihr dafür einen Betrag von € 1.859,97 in Rechnung. Die Rechnung geht dabei von einem Normaltarif nach der sogen. Schwacke-Liste aus. Für Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anl. K 13 – Bl.33/II GA). Die Klägerin hat ihre Schadensersatzansprüche auf Ersatz der Mietwagenkosten am 26.02.2014 an die Streithelferin abgetreten (Anl. B 2 – Bl.136/I GA). Die Streithelferin hat die Forderung mit Erklärung vom 06.10.2014 an die Klägerin rückabgetreten (Bl.162a/II GA).

Die Beklagte zu 3) regulierte auf Basis einer angenommenen Haftungsquote von 50% gemäß Abrechnungsschreiben vom 12.02. und 20.03.2014 (Anl. K 7 und 8) den von der Klägerin geltend gemachten Schaden in Höhe von € 3.414,99.

Die Klägerin verlangt noch einen weiteren Schadensersatz in Höhe von € 7.519,59 sowie Ersatz für vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 972,47.

Die Klägerin hat im laufenden Prozess der Streithelferin mit Schriftsatz vom 01.09.2015 den Streit verkündet (Bl.126 /II GA), die Streithelferin ist dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 01.10.2015 beigetreten.(Bl.131/II GA).

Nach Auffassung der Klägerin haftet die Beklagtenseite zu 100%. Sie behauptet, das vom Beklagten zu 1) gelenkte Fahrzeug sei so gegen ihr Fahrzeug gestoßen, dass es gegen die rechte Bordsteinkante gestoßen sei. Gehbehindert sei sie nicht gewesen. Sie habe nach einem im September erfolgten und längst verheilten Eingriff am großen Zeh eine von daher noch bei ihr vorhandene Unterarmgehstütze und einen orthopädischen Schuh zurückgeben wollen.

Die Klägerin hat zunächst vorgetragen, dass sie Eigentümerin des Pkw Honda gewesen sei. Erst in der mündlichen Verhandlung hat sie erklärt, dass ihr Fahrzeug finanziert gewesen sei und behauptet, dass die finanzierende H. Bank ihr Ansprüche aus dem Unfall abgetreten habe. Insoweit hat sie eine undatierte Abtretungserklärung der H. Bank vorgelegt (Bl.35/IIGA), auf die Bezug genommen wird.

Für Einzelheiten der Schadensberechnung wird Bezug genommen auf die Seiten 3 f. der Klageschrift.

Die Streithelferin hat Ausführungen zur Zulässigkeit der abgerechneten Mietwagenkosten vorgetragen, auf die Bezug genommen wird.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin € 7.519,59 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2014 zu zahlen;

2. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtlich entstandene Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von € 972,47 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2014 zu zahlen.

Die Streithelferin hat keinen eigenen Antrag gestellt.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie bestreiten ein 100%ige Haftung der Beklagtenseite. Nach ihrer Ansicht muss sich die Klägerin eine Mithaftungsquote von 50% anrechnen lassen. Die Beklagten behaupten, dass die Klägerin es versäumt habe, unfallverhütend durch rechtzeitiges Bremsen zu reagieren. Dies sei darauf zurückzuführen, dass sie infolge einer Beinverletzung nicht habe ausreichend reagieren können. Ihr Bein sei verbunden gewesen, sie habe auch geäußert, dass sie unsicher Auto fahren würde.

Die Beklagten bestreiten den geltend gemachten Schaden, soweit die rechte Fahrzeugseite betroffen ist bzw. soweit das Lenkgetriebe ausgetauscht worden ist. Die Reparaturdauer von etwas mehr als zwei Wochen sei überzogen. Daher könne die Klägerin auch keinen Ersatz für eine entsprechende lange Zeit erhalten. Im Übrigen sei der geltend gemachte Mietwagentarif überhöht.

Für den weitergehenden Sachvortrag wird ergänzend verwiesen auf die gegenseitig ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.06.2015.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 14.08.2015 (Bl.114 f./II GA). Durch Vernehmung des Zeugen J., des Ehemannes der Klägerin. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Terminsprotokoll vom 27.11.2016 (Bl.160 ff./II GA).

Das Gericht hat den Beklagten auf ihren Antrag im Termin vom 27.11.2015 Schriftsatznachlass zur Erwiderung auf einen Schriftsatz der Streithelferin vom 24.11.2015 gewährt. Die Beklagten haben innerhalb der Frist einen umfangreichen Schriftsatz vom 18.12.2015 zur Akte gereicht, in dem sie auch ausdrücklich das klägerische Vorbringen aus einem Schriftsatz vom 10.11.2015 bestritten haben.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist überwiegend begründet, teilweise ist sie als unbegründet abzuweisen.

Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch aus abgetretenem Recht der H. Bank GmbH in Höhe von € 7.262.52 aus den §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Nr.1 VVG, 840 Abs. 1 BGB gegen die Beklagten als Gesamtschuldner zu.

Die H. Bank GmbH ist unbestritten Sicherungseigentümerin des von der Klägerin gelenkten Pkw Honda Civic. Sie hat mit der im Termin von der Klägerin vorgelegten Abtretungserklärung (Bl.35/II GA) ihre Schadensersatzansprüche aus dem Verkehrsunfall vom 09.12.2015 an die Klägerin abgetreten. Der Umstand, dass die Abtretungserklärung kein Datum trägt, ist unbeachtlich. Das Fahrzeug und der Anspruch sind hinreichend bezeichnet. Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass die Abtretungserklärung von zwei vertretungsberechtigten Mitarbeitern der H. Bank GmbH unterzeichnet worden ist. Derartige für eine in der Pkw-Finanzierung tätige Bank alltägliche Erklärungen werden nicht unbedingt von Geschäftsführern oder Prokuristen unterschrieben. Das Bestreiten der Annahme der Abtretung ist schon unerheblich. Die Klägerin hat die Abtretungserklärung im Termin vorgelegt und damit auch gleichzeitig erklärt, dass sie die Abtretung angenommen hat. Im Übrigen treten Kreditinstitute, die Sicherungseigentümer eines unfallgeschädigten Pkw sind, ihre Schadensersatzansprüche üblicherweise an den Darlehensnehmer und Sicherungsgeber, der meist auch Halter ist, ab. Der Zuständige Richter hat in über dreißig Jahren richterlicher Tätigkeit noch keinen Fall erlebt, in denen ein Kreditinstitut als Sicherungseigentümer selber Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall geltend gemacht hat.

Der klägerische Pkw ist durch einen Unfall mit dem Pkw Opel Meriva im Straßenverkehr beschädigt worden. Der Beklagte zu 2) haftet hierfür als Halter gemäß § 7 Abs.1 StVG, die Beklagte zu 3) als Haftpflichtversicherer des Opel Meriva gemäß § 115 Abs.1 Nr.1 VVG. Auch der Beklagte zu 1) haftet als Fahrer des Opel Meriva gemäß § 18 Abs.1 StVG.

Den ihm obliegenden Beweis, dafür dass er den Unfall nicht schuldhaft herbeigeführt hat, hat er nicht erbracht. Vielmehr hat er in der mündlichen Verhandlung erklärt, er könne sich den Unfall nicht erklären. Er habe von der linken in die rechte Spur wechseln wollen, in den rechten Außenspiegel geschaut und sei dann gewechselt. Dabei habe er dann hinten einen Schlag gespürt. Den klägerischen Wagen habe er nicht gesehen. Allein aus diesen Angaben ergibt sich schon, dass der Beklagte zu 1) unter Verstoß gegen § 7 Abs.5 StVO die Spur gewechselt hat. Nach dieser Vorschrift darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Der Umstand, dass der Beklagte zu 1) das klägerische Fahrzeug nicht gesehen hat, belegt, dass er sich nicht ausreichend versichert hat, dass die rechte Spur frei ist.

Im Rahmen der nach § 17 StVG gebotenen Abwägung der Verursachungsanteile ist von einer Haftung der Beklagtenseite von 100% auszugehen. Kommt es zu einem Unfall bei einem Spurwechsel ist wegen der hohen Sorgfaltsanforderungen des § 7 Abs.5 StVO grundsätzlich von einer vollen Haftung des Spurwechslers auszugehen (Heß, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht 23. Auflage 2014, § 7 Rz.25, zitiert nach beck-online m.w.N.), Steht die Kollision in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Spurwechsel, so spricht bereits ein für die Missachtung der Sorgfaltspflichten, die für den Spurwechsler gelten (Heß a.a.O.). Vorliegend ist das Gericht, wie oben ausgeführt, auch zu der Überzeugung gelang, dass der Beklagte zu 1) die Sorgfaltsanforderungen des § 7 Abs.5 StVO nicht beachtet hat.

Anhaltspunkte für ein schuldhaftes Verhalten der Klägerin sind nicht gegeben. Für die Behauptung, die Klägerin habe eine Beinverletzung gehabt, sei gehinkt und infolge ihrer Beinverletzung nicht in der Lage gewesen, ihr Fahrzeug hinreichend sicher zu führen, sind die Beklagten beweisfällig geblieben. Soweit sich orthopädisches Schuhwerk und eine Unterarmgehhilfe im Pkw der Kläger befunden haben, folgt daraus nicht zwingend, dass die Klägerin in der Bewegung be- hindert war. Nach Angaben der Klägerin wollte sie diese Hilfsmittel, die, wie gerichtsbekannt ist, Patienten üblicherweise nur mietweise zur Verfügung gestellt werden, nach einer Operation am großen Zeh im September wie- der zurückgeben.

Der der Klägerin zugesprochene Schadensersatzbetrag berechnet sich wie folgt.

  • Reparaturkosten €  7.616,76
  • Gutachterkosten €     735,84
  • Gutachterkosten für ergänzende Kalkulation      €       47,01
  • Wertminderung €     650, —
  • Kostenpauschale €       25, —
  • Kosten für Mietfahrzeug €  1.602,89

€ 10.677,50

Darauf wurden von der Beklagten zu 3) gezahlt € 3.414,98, so dass ein Betrag von € 7.262.52 verbleibt.

Die Beklagten haben Reparaturkosten von insgesamt € 7.616,76 zu ersetzen. Die von der Werkstatt abgerechneten Kosten liegen nur unwesentlich über den im Gutachten des Sachverständigen S. vom 20.02.2014 geschätzten Reparaturkosten von € 7.478,52 (Anl. K 12 = B). Diese zweite Kalkulation der Reparaturkosten erfolgte nach einer Achsvermessung des Fahrzeugs, die der Sachverständige bereits in seinem ersten Gutachten als erforderlich angesehen hatte. Das Gericht geht auch davon aus, dass das Protokoll der Fa. T. GmbH in S. vom 19.02.2014 das Ergebnis der Achsvermessung wiedergibt. Soweit dort ein Pkw Honda Civic mit dem amtlichen Kennzeichen … statt … aufgeführt ist, handelt es sich unzweifelhaft um einen Schreibfehler. Gleiches gilt für die Laufleistung von 122.222 km. Vielmehr ist von eine Laufleistung vom 12.222 km. Die Vermessung erfolgte am 20.02.2014, d.h. einen Tag nach Verbringung des Fahrzeuges in die Reparaturwerkstatt (Annahmedatum war laut Rechnung der Autohaus G. GmbH vom 27.02.2014 der 19.02. 2014). Der Wagen hatte bei Begutachtung durch den Sachverständigen S. am 03.01.2014 eine Laufleistung von 11.905 km. Die Klägerin ist danach unstreitig noch mit dem Wagen gefahren. Die Laufleistung betrug nach der ersten Rechnung der Autohaus G. GmbH vom 27.02.2014 (Anl. K 3), d.h. nach der Rückfahrt von der Achsvermessung 12.245 km und nach der zweiten Rechnung vom 14.03.2014 (Anl. K 4).

Zum zweiten Gutachten des Sachverständigen S. vom 27.02.2104 hat die Beklagtenseite keine substantiierten Einwände vorgetragen. In diesem Gutachten hat der Sachverständige auch den Ersatz des Lenkgetriebes als notwendig angesehen.

Soweit die Reparatur auch Fahrzeugschäden an der rechten Fahrzeugseite erfasst, ist dies nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat glaubhaft vorgetragen, dass sie durch das vom Beklagten zu 1) gelenkte Fahrzeug auf der linken Seite so angestoßen wurde, dass der von ihr gelenkte Wagen gegen die rechte Bordsteinkante geprallt ist. Ein entsprechender Unfallverlauf liegt nahe. Dass es dabei zu einem Schaden an der rechten Fahrzeugseite, insbesondere am rechten Vorderrad, und auch im Bereich der Vorderachse kommt, liegt ebenso nahe. Im Übrigen hat auch der Zeuge …, der Ehemann der Beklagten, glaubhaft ausgesagt, dass es am Nachmittag des Unfalltages sich mit der Klägerin in der Werkstatt des Autohauses G., wo der Wagen später auch repariert wurde, getroffen habe. Dort sei der Wagen zusammen mit dem Werkstattleiter in Augenschein genommen worden, wobei auch ein Schaden am rechten Vorderrad festgestellt worden sei. Diesen Schaden habe der Wagen vorher nicht gehabt. Auch die Autohaus G. GmbH hat schriftlich bestätigt, dass das Fahrzeug am 09.12.2012 in ihrer Werkstatt vorgestellt wurde und dabei ein Frontschaden aufgenommen worden sei, sowohl auf der rechten, als auch auf der linken Seite (Anl. K 15).

Die vom Sachverständigen S. angenommene Wertminderung von € 650,- hat die Beklagtenseite ebensowenig bestritten wie die geltend gemachte Auslagenpauschale von € 25,-. Gleiches gilt auch für die abgerechneten Gutachterkosten von € 735,84 und € 47,01.

Der Klägerin steht auch ein Ersatz der Mietwagenkosten in Höhe von € 1.602,89 zu.

Die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges für den Zeitraum der Reparatur des bei einem Unfall geschädigten Fahrzeuges gehören grundsätzlich zu den zu ersetzenden Schäden.

Die Klägerin hat im Schriftsatz vom 10.11.2015 schlüssig vorgetragen, dass sie sowohl privat als beruflich auf die Nutzung des geschädigten Pkw angewiesen war. Sie hatte sich auch noch bemüht, die Reparatur so zu legen, dass sie den Wagen in der zunächst den auf den Wagen hätte verzichten können, hätte die Reparatur, wie zunächst vom Sachverständigen im Gutachten vom 07.01.2014 geschätzt, nur 4 – 5 Tage gedauert, auf einen Mietwagen nicht angewiesen wäre. Die Klägerin hat den Mietwagen nicht für die gesamte Reparaturzeit vom 09.02. bis zum 14.03.2014 angemietet, sondern lediglich für den Zeitraum vom Mittwoch, dem 26.02. bis zum Sonnabend, dem 15.03.2014. Soweit die Beklagten dies bestritten haben, ist das Bestreiten im diesbezüglich nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 18.12.2015 erfolgt. Das Gericht hatte den Beklagten im Termin vom 27.11.2015 lediglich Schriftsatznachlass zur Erwiderung auf den Schriftsatz der Streithelferin vom 24.11.2015 gewährt, nicht jedoch Schriftsatznachlass zu früherem Vortrag der Klägerin, insbesondere zum klägerischen Schriftsatz vom 10.11.2015.

Der Reparaturaufwand hat sich, wie von der Klägerin schlüssig vorgetragen und lediglich pauschal bestritten, nach der Achsvermessung infolge der weiter erforderlich werdenden Arbeiten, bestätigt vom Sachverständigen S. in seinem zweiten Gutachten vom 20.02.2014 (Anl. K 12) erheblich vergrößert. Außerdem wurde die Bestellung eine Getriebekastens erforderlich, der nicht sofort geliefert werden konnte (vgl. Anl. K 6).

Was den in der Rechnung vom 18.03.2014 (Bl.33/II GA) abgerechneten Mietwagentarif der Autovermietung B. GbR angeht, so ist dieser nicht zu beanstanden. Die Autovermietung hat den Mietwagen, auf der Basis eines Normaltarifs nach der sogen. Schwacke-Liste nach der Mietwagengruppe 4 (herabgerechnet von 5 auf 4) abgerechnet zu einem Wochenpreis von € 430,90 (2 Wochen) und einem Tagespreis von 73,23 (3 Tage). Wie der Bundesgerichtsgerichtshof in zwei Entscheidungen aus dem Jahre 2011 (NJW 2011, 1109 und 1947, zitiert nach juris) ausgeführt hat, ist die Schwacke-Liste eine grundsätzlich anerkannte Grundlage für eine Schadensschätzung des Tatrichters gemäß § 287 ZPO. Dem ist ist im Anschluss an eine Entscheidung der Kammer vom 08.06.2012 (9 O 207/11) auch das Oberlandesgericht Rostock in seinem Urteil vom 23.05.2014 (Az. 5 U 96/12- veröffentlicht in juris) gefolgt.

Die umfangreichen, vermutlich aus Textbausteinen entnommenen, allgemeinen Ausführungen zur angeblichen Ungeeignetheit der Schwacke Liste und zu den Vorzügen der sogen. Fraunhofer Liste beziehen sich überwiegend auf Rechtsprechung aus der Zeit vor den oben zitierten Urteilen des Bundesgerichtshofs, vermögen aber auch hinsichtlich zitierter neuerer Entscheidungen die generelle Eignung der Schwacke Liste nicht zu erschüttern.

Erhebliche konkrete Einwände zu dem abgerechneten Tarif hat die Beklagtenseite nicht vorgetragen.

Soweit die Beklagten unter Vorlage von Mietwagenangeboten aus dem Internet (Anl. B 3 u. 4) behaupten, der Klägerin wäre es möglich gewesen, einen Mietwagen zu einem günstigeren Preis anzumieten, ist dieser Vortrag unerheblich. Drei Angebote für Mietwagen aus dem Internet vom Juli 2015 besagen nichts darüber, zu welchem Preis die Klägerin im Februar 2014 einen Mietwagen hätte anmieten können.

Die Behauptung der Beklagten, bei dem abgerechneten Tarif der Fa. B. handle es sich tatsächlich um einen Unfallersatztarif, ist durch nichts belegt.

Im Übrigen ist hinsichtlich der Höhe des Tarife auch noch zu berücksichtigen, dass die Klägerin ein Fahrzeug mit Automatikgetriebe angemietet hat. Derartige Fahrzeuge stehen bei Vermietern nicht in so großem Umfang zur Verfügung und sind häufig auch teurer. Da die Klägerin seit über 10 Jahren nur Fahrzeuge mit Automatikgetriebe gefahren war, durfte sie auch eine Automatik Fahrzeug als Unfallersatzfahrzeug anmieten. Das entsprechende Bestreiten des klägerischen Vortrages aus dem Schriftsatz vom 10.11.2015 durch die Beklagte ist nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Schriftsatz der Beklagten vom 18.12.2015 erfolgt. Insoweit war der Beklagten, wie bereits oben ausgeführt, kein Schriftsatznachlass gewährt worden.

Unbestritten war das geschädigte klägerische Fahrzeug vollkaskoversichert mit einer Selbstbeteiligung von € 300,-. Aus diesem Grund durfte sie auch ein Ersatzfahrzeug anmieten, das entsprechend versichert war.

Aus welchem Grund die Klägerin den Wagen bis zum 15.03.2014 angemietet hat, obwohl die Reparatur ihres Fahrzeuges laut Rechnung vom 14.03.2014 bereits am 14.03.2014 beendet war, ist nicht ersichtlich, weshalb ihr ein Tag a € 73,23 zzgl. Mwst.in Abzug zu bringen ist.

Gegen die Berechnung von Kosten für das Überbringen bzw. das Abholen des Fahrzeuges zur Reparaturwerkstatt bestehen keine Bedenken. Diese halten sich noch im allgemeinen Rahmen.

Keinen Ersatz kann die Klägerin insoweit verlangen, als sie ein besonderes Entgelt für Winterreifen bezahlt hat. Wer im Winter ein Fahrzeug anmietet, kann erwarten, dass er ein der Jahreszeit gemäß ausgestattetes Fahrzeug erhält. d.h. auch ein Fahrzeug mit Winterreifen. Die Anmietung erfolgte im Februar, d.h. einer Zeit, in der durchaus noch mit Schnee- oder Eisglätte zu rechnen ist.

Die Zinsforderung ergibt sich aus § 288 BGB.

Die vorgerichtlichen Anwaltskosten, die bei Verkehrsunfällen zu den eigentlichen Schaden gehören, stehen der Klägerin entsprechend der Abrechnung von 19.03.2014 (Anl. K 9 ) zu. Die geringfügige Klageabweisung in Höhe von ca. € 250,- wirken sich nicht auf die Kosten aus.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs.1, 101 ZPO (Kosten) und § 709 ZPO vorläufige Vollstreckbarkeit.

Die Streitwertfestsetzung war für die Streithelferin gesondert vorzunehmen. Die vorab erfolgte Streitverkündung durch die Klägerin ist im Hinblick auf die streitigen Mietwagenkosten erfolgt, die noch in vollem Umfang in Streit standen. Der Betrag von € 1.859,97 entspricht den abgerechneten Mietwagenkosten und so auch dem Interesse der Streithelferin.

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