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Verkehrsunfall – Abtretung Mietwagenkostenersatzanspruch an Reparaturwerkstatt

AG Berlin-Mitte – Az.: 111 C 3047/11 – Urteil vom 06.03.2012

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1, 1fachen des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beklagte ist dem Grunde nach unstreitig zum Schadenersatz aufgrund eines Verkehrsunfalles vom 29. April 2010 auf der Goethestraße in Berlin verpflichtet, bei dem der VW Transporter (… …) beschädigt wurde.

Die Klägerin macht aufgrund der Abtretung des Anspruches „auf Erstattung des Restbetrages in Höhe von 1.118,55 € aus der Mietwagenrechnung“ der Klägerin gegen die Beklagte vom 20. Dezember 2010 / 28. Januar 2011 (Anlage K1; Blatt 5 d. A.) Ansprüche geltend. Die Beklagte zahlte auf die Rechnung vom 21. Mai 2010 (Anlage K2; Blatt 6 d. A.) in Höhe von 1.687,00 € netto nur 568,45 €.

Auf ihrer allgemein zugänglichen Internetseite „…..de“ bietet die Klägerin unter der Rubrik „Service & Teile“ folgende Leistung an:

„Schadenabwicklung

Wer den Schaden hat, bekommt auch noch jede Menge Unannehmlichkeiten. Als Unfallgeschädigter haben Sie grundsätzlich Anspruch darauf, dass Ihnen die im Zusammenhang mit dem Unfall entstehenden Kosten vom Schadenverursacher bzw. dessen Haftpflichtversicherung erstattet werden.

Oft wird Unfallgeschädigten nahe gelegt, die Vertrauenswerkstatt des Versicherer aufzusuchen. In einer solchen Situation sollten Sie – sofern möglich – genau prüfen, ob Reparaturvorgaben des Herstellers beachtet werden. Wir empfehlen Ihnen der Werkstatt Ihres Vertrauens den Vorzug zu geben – hier sind Wartung und Reparatur auch auf bestmöglichen Werterhalt ausgerichtet.

Überlassen Sie Schadenabwicklung nicht allein dem leistungspflichtigen Versicherer des Unfallgegners – sorgen Sie vielmehr dafür, dass Ihr Recht und Ihnen zustehende Ansprüche berücksichtigt werden.

Wir helfen Ihnen gerne!

Schadenabwicklung

Unsere qualifizierten Serviceberater kümmern sich persönlich um Ihren Fall.“

Die Klägerin meint, sie erbringe keine Rechtsdienstleistung. Die Mietwagenkosten könnten auf Basis des Schwacke-Automietpreisspiegel 2006 geschätzt werden. Sie sei berechtigt, für unfallbedingte Zusatzleistungen einen Zuschlag von 20 bis 30 % zu erheben.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.118,55 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie meint, die Einziehung der Forderung verstoße gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. Der Mietvertrag (Anlage B4; Blatt 24 d. A.) sei nicht mit der Klägerin geschlossen. Der Transporter sei fahrbereit und verkehrssicher gewesen. Sie bestreitet die Höhe der Mietforderung.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin ist nicht berechtigt, den Ersatzanspruch des Geschädigten auf Erstattung restlicher Mietwagenkosten geltend zu machen. Denn die Abtretung ist gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen §§ 2, 3 RDG unwirksam. Zwar ist die Einziehung einer Schadenersatzforderung des Geschädigten auf Erstattung von Mietwagenkosten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG grundsätzlich erlaubt, wenn allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist. Hier liegt jedoch – anders als in dem vom Bundesgerichtshof im Urteil vom 31. Januar 2012, VI ZR 143/11 – keine Nebenleistung vor, die gemäß § 5 RDG zum Berufs- oder Tätigkeitsbild eines Autovermieters gehört. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der

Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind – § 5 Abs. 1 Satz 2 RDG. Die Klägerin betreibt ein Autohaus. Sie bietet neben dem Verkauf von Neu- und Gebrauchtwagen auch Reparaturen an. Zudem bietet sie „Unfallservice und -Ratgeber“ an. Gerade dies geht mit den Leistungen, die sie für die „Schadenabwicklung“ anbietet, über die bloße Tätigkeit eines Autovermieters, der Restmietzinsforderungen einzieht, bei weitem hinaus. Sie fordert ihre Kunden auf, die Schadenabwicklung nicht allein dem Versicherer des Unfallgegners zu überlassen, sondern sie bietet durch „qualifizierte Serviceberater“ Hilfe dabei an, „Ihr Recht und Ihnen zustehende Ansprüche“ durchzusetzen. Diese Leistungsbeschreibung ist völlig untypisch für einen Autovermieter. Sie umschreibt vielmehr diejenige Tätigkeit, die ein Anwalt entwickelt, um umfassend sämtliche Ansprüche eines Geschädigten gegen den Versicherer durchzusetzen, seien sie dem Grunde nach oder nur der Höhe nach streitig.

Die Tätigkeit der Klägerin ist damit keine Nebentätigkeit, sondern Bestandteil einer Hauptleistung, die aus dem umfassend beschriebenen Servicepaket von der Reparatur bis zur Schadenabwicklung mit dem Versicherer hin besteht.

Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass sie über die für eine solche Rechtsdienstleistung erforderliche Registrierung verfügt.

Auch die Tatsache, dass im Einzelfall nur restliche Mietwagenkosten geltend gemacht werden, ändert nichts daran, dass die Klägerin unzulässige Rechtsdienstleistungen erbringt.

Unerheblich ist auch, ob die Abtretung erfüllungshalber oder an Erfüllung statt beabsichtigt war. Denn auch die Abtretung an Erfüllung statt wäre gemäß § 134 BGB nichtig, weil sie dazu diente, den Zweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes zu umgehen.

Unerheblich ist auch, ob die Klägerin den Internetauftritt der Marketingabteilung von VW unkritisch übernommen hat. Entscheidend ist, dass sie die umfassende Prüfung und Abwicklung von Schadenersatzansprüchen gegenüber Haftpflichtversicherern – wie es ein Rechtsanwalt tun würde – anbietet.

Der Sinn und Zweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes würde vereitelt, wenn sich der Anbieter von Rechtsdienstleistungen im Einzelfall darauf berufen könnte, konkret nur eine einzelne Teilforderung geltend gemacht zu haben.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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