LG Koblenz – Az.: 5 S 48/19 – Urteil vom 07.05.2020
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Linz am Rhein vom 05.09.2019 (Az.: 22 C 333/19) wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziff. 1 genannte Urteil des Amtsgericht Linz am Rhein ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 844,01 € festgesetzt.
Gründe
Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch unbegründet.
Das Amtsgericht hat die Beklagte zu Recht im erkannten Umfang verurteilt.
Mit der Berufung rügt die Beklagte, dass das Amtsgericht in den Schadensfällen Nr. 1, 3 und 4 eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch die jeweils Geschädigten nicht berücksichtigt habe.
Von einer Verletzung der Schadensminderungspflicht ist in den gegebenen Fallkonstellationen jedoch nicht auszugehen.
Nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB ist der Geschädigte gehalten, diejenigen Maßnahmen zur Schadensminderung zu ergreifen, die ein ordentlicher und verständiger Mensch an seiner Stelle ergreifen würde. Entscheidender Abgrenzungsmaßstab ist der Grundsatz von Treu und Glauben (BGH, Urteil vom 12. Februar 2019 – VI ZR 141/18 –, zitiert nach juris, Rn. 23).
Für den Fall der Anmietung eines Mietwagens nach einem Verkehrsunfall bedeutet dies, dass es dem Geschädigten zuzumuten ist, eine kostengünstigere Anmietung vorzunehmen, wenn ihm ein solcher günstigerer Tarif in der konkreten Situation „ohne weiteres“ zugänglich gewesen wäre (BGH, Urteil vom 26. April 2016 – VI ZR 563/15).
Was die Schreiben der Beklagten vom 03.12.2018 und 12.04.2018 (Bl. 49-52 der Gerichtsakte in Papierform) anbelangt, so beinhalten diese jedenfalls kein hinreichend konkretes alternatives Mietwagenangebot, das die jeweiligen Geschädigten hätten annehmen können.
Die jeweils beigefügte Anlage „Wichtige Hinweise zu Mietwagen-, Sachverständigenkosten und Restwerten“ enthält kein auf den jeweiligen Schadensfall bezogenes Mietwagenangebot in dem Sinne, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif konkret und ohne weiteres zugänglich gemacht worden wäre. Insbesondere wird kein Angebot für das tatsächlich im Einzelfall beschädigte Fahrzeug aufgezeigt. Es wird lediglich Bezug genommen auf eine Tabelle, in welcher sich die Mietpreisbenennung an den KW-Zahlen der Fahrzeuge orientiert. Eine ggf. vorhandene gehobene Ausstattung oder ein besonderer Fahrzeugtyp, welche zu einem höheren Mietwagenpreis führen würden, werden dort ebenfalls nicht berücksichtigt. Für den Geschädigten ist bei dieser Darstellung nicht ersichtlich, welchen Ersatzanspruch er aus Sicht des Versicherers hätte, was ihm Anlass dafür geben könnte, einzuholende bzw. bereits eingeholte Mietwagenangebote daran zu messen.
Die Anlage ist auch nicht vergleichbar mit dem Schreiben, welches Gegenstand der BGH-Entscheidung vom 12.02.2019 (s.o.) war. Dort wird die Möglichkeit der Anmietung eines gleichwertigen Fahrzeuges zu einem konkret benannten Tagespreis aufgeführt.
Auch das in dem Schadensfall Nr. 3 geführte Telefonat genügt den Anforderungen an ein hinreichend konkretes alternatives Mietwagenangebot nicht. Insoweit trägt die Beklagte zu dem Inhalt des Telefonates lediglich vor, dass ein Mietwagenfahrzeug zum Preis von brutto 67,00 € angeboten worden sei. Es werden weder konkrete Mietwagenanbieter noch die Vertragskonditionen im Einzelnen (wie z.B. Versicherung, Zustellung/Abholung, weitere Fahrer, vorschriftsmäßige Bereifung usw.) genannt.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10 Satz 1, 543 Abs. 2 ZPO.