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Objektive Beweislastumkehr beim Auffahrunfall – Bedeutung für die Haftung des auffahrenden Fahrers

Wer auf ein anderes Auto auffährt, ist an dem Unfall schuld. Nahezu jeder Autofahrer lernt diese Weisheit bereits in der Fahrschule. Einer der Gründe für diese Weisheit liegt in dem Umstand, dass bislang bei der Unfallrekonstruktion stets der Anscheinsbeweis zum Einsatz kam. Diese Beweisform brachte jedoch für den auffahrenden Autofahrer die Problematik mit sich, dass die Unschuld an dem Unfall nur schwerlich bewiesen werden konnte. Aus Gründen der rechtlichen Gerechtigkeit hat der Gesetzgeber jedoch die objektive Beweislastumkehr beim Auffahrunfall ins Leben gerufen.

Diese rechtliche Maxime ist jedoch den wenigsten Autofahrern bewusst, obwohl sie eine enorm große Tragweite hat. Hier in diesem Artikel bringen wir Ihnen die Bedeutung sowie die Definition der objektiven Beweislastumkehr beim Auffahrunfall näher und erläutern auch die Haftungsfrage. Zudem zeigen wir Ausnahmesituationen auf, in denen die objektive Beweislastumkehr nicht zur Anwendung kommt.

Definition und Bedeutung: Objektive Beweislastumkehr beim Auffahrunfall

Objektive Beweislastumkehr bei Auffahrunfall
Auffahren gleich Schuld? Nicht immer! Die objektive Beweislastumkehr revolutioniert die Haftungsfrage bei Auffahrunfällen. Jetzt muss unter Umständen der Vordermann beweisen, dass er keinen Fehler gemacht hat. Ein Meilenstein für mehr juristische Gerechtigkeit und Verkehrssicherheit. (Symbolfoto: Southworks /Shutterstock.com)

Sollte sich ein Auffahrunfall ereignen, so besteht für den auffahrenden Verkehrsteilnehmer stets die Problematik, dass der Grund für das Bremsen des Vordermanns und infolgedessen der Grund für den Unfall bewiesen werden muss. Dieser Beweis ist wichtig, damit die Schuldfrage von dem Auffahrenden auf den Vordermann umgekehrt werden kann. In der gängigen Praxis kam jedoch der Anscheinsbeweis zur Anwendung, sodass die objektive Beweislastumkehr von besonderer Bedeutung ist.

Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil v. 13. Dezember 2011 entschieden, dass der Anscheinsbeweis lediglich dann angewandt werden kann, wenn derjenige Verkehrsteilnehmer, der die Last an dem Anscheinsbeweis trägt, auch schuldhaft handelte (Aktenzeichen: VI ZR 177/10). Der Anscheinsbeweis ist somit in der gängigen Praxis regelhaft nicht anwendbar.

Haftungsfrage bei Auffahrunfällen

Die Haftungsfrage bei Auffahrunfällen war bis zu dem Urteil des BGH recht einfach gehalten. Derjenige Autofahrer, der einem anderen Autofahrer hinten aufgefahren ist, hatte auch die Schuld an dem Unfall und wurde in die Haftung für die Schäden genommen. Durch das Urteil des BGH hat sich dieses Prinzip jedoch relativiert, da derjenige Verkehrsteilnehmer die Haftung an dem Unfall zu tragen hat, der den Unfall verschuldet hat. Dies ist nicht immer automatisch der auffahrende Autofahrer. Auch derjenige Autofahrer, dem hinten aufgefahren wird, kann die Schuld an dem Unfall tragen und muss dementsprechend die Haftung übernehmen.

Auffahrunfall: Wer trägt wirklich die Schuld? Rechtliche Klarheit schaffen!

Sie sind in einen Auffahrunfall verwickelt und unsicher, wie die Haftungsfrage geklärt wird? Die allgemeine Annahme „Wer auffährt, ist schuld“ gilt nicht immer. Gerade seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2011 hat sich die Rechtslage verändert. Als Fachanwalt für Versicherungsrecht und Verkehrsrecht biete ich Ihnen eine fundierte Ersteinschätzung Ihrer Situation an. Gemeinsam klären wir, welche Beweismittel für Ihren Fall relevant sind und wie Sie bei der Schadensregulierung vorgehen sollten. Nehmen Sie Kontakt auf, um Ihre rechtlichen Optionen zu verstehen und bestmöglich vertreten zu werden.

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Beweislastumkehr: Was bedeutet das konkret?

Das Prinzip der Beweislastumkehr ist dem reinen Grundsatz nach recht simpel. Musste ein auffahrender Autofahrer bislang beweisen, dass der vor ihm fahrende Autofahrer einen unfallverursachenden Fahrfehler begangen hat, so wird durch die Beweislastumkehr dieser Umstand umgekehrt. Der Autofahrer, dem aufgefahren wurde, muss beweisen, dass er keinen unfallverursachenden Fahrfehler begangen hat.

Ausnahmen von der Regel: Wann greift die Beweislastumkehr nicht?

Der auffahrende Autofahrer trägt keine Haftung für die Unfallschäden, wenn er sich selbst an die Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) gehalten hat und durch das Verhalten des Vordermanns keine Chance bekam, den Unfall zu verhindern. Der Abstand zu dem Vordermann spielt hierbei ebenso eine wichtige Rolle, wie die Geschwindigkeit der beiden Fahrzeuge.

Beweismittel und ihre Rolle

Es gibt eine wahre Vielzahl von Beweismitteln. Neben Zeugenaussagen von Personen, die den Unfall beobachtet haben, können auch Sachverständigengutachten oder Aussagen von Polizeibeamten eine wichtige Rolle spielen. Damit diese Beweismittel in einem etwaigen späteren Gerichtsverfahren durch das Gericht ausgewertet werden können, ist es wichtig, dass diese Beweismittel in schriftlicher Form vorgelegt werden. Gleichermaßen verhält es sich auch mit etwaigen Fotos, die an dem Unfallort nach dem Geschehen durch die beteiligten Personen gefertigt wurden.

Die Rolle der Versicherungen

In einem Verfahren, bei dem die Haftungsfrage noch geklärt werden muss, spielen die Versicherungen der beteiligten Personen eine wichtige Rolle. Jede Versicherung unternimmt natürlich zunächst den Versuch, die eigene Leistungspflicht zu verneinen. Die Versicherung nimmt dabei jedoch ausdrücklich nicht die Rolle eines Rechtsanwalts ein, sie handelt dementsprechend stets immer nur in dem eigenen Namen und nicht in dem Namen des Versicherungsnehmers.

Der Einfluss auf den Schadensersatz

Die umgekehrte Beweislast hat einen großen Einfluss auf den Schadensersatz. Es kann bei einem Verkehrsunfall nur derjenige Schadensersatzforderungen stellen, der auch tatsächlich geschädigt wurde. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn die geschädigte Person keine Schuld an dem Unfall trägt. Es muss dementsprechend immer einen Unfallverursacher geben, gegen den die Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden können. Ist die Schuldfrage ungeklärt, werden alle Unfallbeteiligten alles versuchen, um nicht die Schuld an dem Unfall zu bekommen und nicht als Schädiger mit Schadensersatzforderungen des Geschädigten konfrontiert zu werden.

Die Rolle des Gerichts bei der Beweislastumkehr

Die Beweislastumkehr hat für die Gerichte bei den Prozessen keine merkliche Auswirkung. Wer letztlich den Beweis zu erbringen hat, dass er keine Schuld an dem Unfall trägt, ist für das Gericht letztlich nicht von Belang. Die objektive Beweislastumkehr kann jedoch zur Anwendung kommen, wenn der auffahrende Autofahrer stichhaltige Beweise vorbringen kann, die seine Schuld an dem Unfall verneinen. In derartigen Fällen hat der Autofahrer, dem aufgefahren wurde, die Beweislast für seine Unschuld an dem Unfall zu tragen. Das Ziel des Gerichts ist es, den Sachverhalt aufzuklären und die Schuldfrage zu beantworten. Mit dem abschließenden Urteil wird dann durch das Gericht der Rechtsfrieden wieder hergestellt.

Bedeutung für die Unfallvermeidung und Fahrsicherheit

Die Beweislastumkehr kann einen enorm hohen Einfluss auf das Fahrverhalten von Autofahrern und damit auch für die Unfallprävention haben. War ein Autofahrer bislang immer in der Gewissheit im Straßenverkehr unterwegs, dass die auffahrende Person automatisch die Schuld an dem Unfall bekommt, so hat sich diese Sichtweise nunmehr gewandelt. Dementsprechend umsichtig bewegt sich nunmehr so mancher Autofahrer durch den Straßenverkehr, da ein Autounfall um jeden Preis vermieden werden soll. Die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer wird dadurch merklich gesteigert, da riskante Manöver von Autofahrern nunmehr seltener geworden sind. Es könnte sein, dass eine andere Person das Unfallereignis beobachtet hat und darüber Zeugnis ablegen kann. War ein riskantes Manöver eines Autofahrers ursächlich für den Verkehrsunfall, so trägt der auffahrende Autofahrer keine Schuld an diesem Unfall und muss für die Schäden auch keine Haftung übernehmen. Vielmehr kann in derartigen Fällen sogar diejenige Person, der hinten draufgefahren wurde, die Haftungspflicht bekommen und muss dann auch Schadensersatzansprüche des auffahrenden Autofahrers befriedigen. Die Beweislastumkehr hat somit einen großen Beitrag zu der Verkehrssicherheit und zu der Reduzierung von Autounfällen geleistet, auch wenn sich Unfälle dadurch nicht immer vollständig zu 100 Prozent vermeiden lassen. In strittigen Fällen werden die Unfallmodalitäten sowie die Schuldfrage nebst der Frage der Haftung auch künftig nur durch Gerichtsprozesse geklärt werden können. Der Gang zu einem Rechtsanwalt ist für alle Beteiligten in derartigen Fällen auf jeden Fall sehr ratsam, da die Haftungsfrage finanziell sehr folgenreich für die Beteiligten sein kann.

Fazit: Die Tragweite der objektiven Beweislastumkehr

Die alte Weisheit „wer auffährt, ist schuld“ ist mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2011 Geschichte. Nicht immer trägt der auffahrende Autofahrer auch die Schuld an dem Unfall und nicht immer hat der auffahrende Autofahrer die Beweislast dafür zu tragen, dass er keine Schuld an dem Unfall hat. Durch die Beweislastumkehr kann auch derjenige Autofahrer, dem aufgefahren wurde, die Beweislast der eigenen Unschuld an dem Unfall auferlegt bekommen. Er muss dann den Beweis erbringen, dass durch sein eigenes Fahrverhalten der Unfall nicht verursacht wurde. Für auffahrende Autofahrer stellt dies eine immense Erleichterung dar, da in der gängigen Praxis der Beweis der Unschuld nur schwer zu erbringen war. Der Grund hierfür war der sogenannte Anscheinsbeweis, der jedoch infolge des Urteils des BGH nicht automatisch zur Anwendung kommt. Die objektive Beweislastumkehr hat somit einen wichtigen Beitrag zur juristischen Gerechtigkeit beigetragen.

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