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Kosten für Fahrzeugreinigung und Probefahrt – Zusatzkosten für Reparaturablaufplan

AG Bremen – Az.: 9 C 008/20 – Urteil vom 25.09.2020

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger (weitere) 82,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.02.2019 zu zahlen; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 88 % und die Beklagte zu 12 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz.

Am 13.09.2018 kollidierte auf der Straße Herzogenkamp in Bremen ein Versicherungsnehmer der Beklagten mit seinem Fahrzeug VER… mit dem Wagen des Klägers. Die Haftung der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig.

Vorgerichtlich bezahlte die Beklagte nach anwaltlichem Schreiben der Klägerseite die Unfallpauschale und die Schadensfeststellungskosten; außerdem zahlte sie weitere 1.075,53 €, 60,00 €, 180,00 € und 766,92 €. Mit Anwaltsschreiben vom 07.02.2019 wurde der Beklagten wegen der Kosten des Ablaufplans vom 28.01.2019 (Bl. 22, 23 d.A.) ergebnislos eine Zahlungsfrist zum 21.02.2019 gesetzt.

Der Kläger trägt vor, dass die Beklagte auch die Erstattung der Kosten der Fahrzeugreinigung und der Probefahrt (107,26 €), sowie der Erstellung des von der Beklagten gewünschten Reparaturablaufplans (82,05 €) schulde. Zudem seien für den Zeitraum 17.09.-25.09.2018 weitere 596,99 € Mietwagenkosten zu erstatten.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen

1. 786,30 EUR nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 704,25 EUR seit dem 24.10.2018 und aus 82,05 EUR seit dem 22.02.2019, sowie

2. Vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von noch 78,89 EUR nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, dass die vom Kläger nicht bezahlten Nebenkostenpositionen nicht erstattungsfähig seien; die Mietwagenkosten seien übersetzt, zumal es sich vorliegend nicht um ein Selbstfahrervermietfahrzeug gehandelt habe.

Der vorangehende Mahnbescheid ist am 03.12.2019 zugestellt worden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend unbegründet. Es bestehen in tenorierter Höhe weitergehende Schadensersatzansprüche gemäß §§ 7 StVG, 115 VVG, 249 BGB.

Das Gericht ist in der Schadensschätzung frei (§ 287 ZPO). Soweit der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall auf die behaupteten Schadenspositionen keine Zahlungen leistet, indiziert die Abrechnung eines Dritten (Werkstatt, Privatgutachter, Fahrzeugvermieter) die Erforderlichkeit der abgerechneten Kostenposition im Sinne des § 249 BGB nicht ohne Weiteres (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2016 – VI ZR 491/15 –, juris). Im Rahmen der fiktiven Abrechnung ist vielmehr zu prüfen, ob die geltend gemachten Kostenpositionen angemessen sind. Dies gilt insbesondere, wenn der Anspruchsteller keine Verträge zur Akte reicht, aus denen sich die Höhe seiner unfallbedingten Zahlungsverpflichtungen gegenüber Dritten, und also sein Schaden, zweifelsfrei ergibt:

Hinsichtlich der Kosten der Fahrzeugreinigung und Probefahrt besteht kein Zahlungsanspruch in Höhe von insgesamt 107,26 €:

Kosten für Fahrzeugreinigung und Probefahrt - Zusatzkosten für Reparaturablaufplan
Symbolfoto: Von Papzi555/Shutterstock.com

Die abgerechneten, aber vom Kläger offenbar nicht bezahlten, Kosten der Fahrzeugreinigung sind nicht erstattungsfähig (vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 04. März 2020 – 291c C 25/19 –, juris; a.A.: AG Meppen, Urteil vom 16. September 2019 – 3 C 182/19 –, juris). Derartige Zusatzkosten einer Werkstatt sind unüblich (§ 632 BGB) und ohne besondere Vereinbarung, zu welcher der Kläger nicht vortrug, vom Auftraggeber nicht zu bezahlen. Denn der Unternehmer darf das verwahrte Fahrzeug im Zuge der Reparatur nicht verschmutzen und muss eine etwaige Verunreinigung vor der Rückgabe des Fahrzeugs auf eigene Kosten beseitigen. Sollte eine allgemeine Fahrzeugreinigung nur bei Gelegenheit der Reparatur erfolgt sein, entfiele die haftungsausfüllende Kausalität; die Verunreinigung wäre auf das Unfallereignis nicht zurückzuführen.

Gleiches gilt für die Kostenposition Probefahrt. Dass sich der Unternehmer vor der Rückgabe des Fahrzeugs vergewissert, dass seine Reparatur erfolgreich war, kann dem Kunden ohne besondere Vereinbarung nicht zusätzlich in Rechnung gestellt werden. Denn der Unternehmer handelt im eigenen Interesse, wenn er seine Arbeit abschließend auf Mangelfreiheit im Sinne des § 634 BGB überprüft. Im Übrigen sind Probefahrten allenfalls nach der Reparatur sensibler Bauteile zwecks Prüfung der allgemeinen Verkehrssicherheit (Lenkungs- und Bremsverhalten bzw. Spurtreue des Fahrzeugs im Straßenverkehr) angezeigt. Warum vorliegend eine Probefahrt erforderlich gewesen sein soll, trug der Kläger nicht vor (vgl. AG Recklinghausen, Urteil vom 15. Januar 2018 – 51 C 232/17 –, juris; a.A.: AG Bad Oeynhausen, Urteil vom 21. Januar 2019 – 24 C 92/18 –, juris).

Weitere Mietwagenkosten in Höhe von 596,99 € sind nicht erstattungsfähig. Für 9 Tage wurden von der Werkstatt (Fa. K…) Mietwagenkosten in Höhe von 836,99 € abgerechnet (vgl. Anlage K3, Bl. 14R d.A.). Nach Aktenlage kann nicht nachvollzogen werden, ob der – hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs darlegungs- und beweispflichtige – Kläger dem Vermieter in dieser Höhe Vergütung schuldet (vgl. Palandt, 79. A., Vorb v § 249, Rn. 128, 136). Ein Mietvertrag wurde nicht zur Akte gereicht. Zur vereinbarten Mietzinshöhe (§ 535 II BGB) wurde nicht vorgetragen. Offen bleibt, was für ein Kfz-Modell für 78,15 € netto/Tag vermietet worden sein soll, bzw. ob dieses gleichwertig in Bezug auf den beschädigten Fahrzeugtyp war. Für Vermietungen gilt im Zweifel nicht die übliche Vergütung im Sinne der §§ 632, 612 BGB als geschuldet. Einigt sich der Vermieter mit dem Mieter eines Fahrzeugs vorab nicht auf die konkrete Mietzinshöhe, kommt ein bloßes Leihverhältnis in Betracht (vgl. Palandt, 79. A., § 535, Rn. 70); der Mieter schuldet ggf. Aufwendungsersatz nach § 812 BGB.

Somit ist mit den auf die Mietwagenkosten vorgerichtlich bezahlten 240,00 € bereits eine hinreichende Erfüllung geleistet worden, zumal offenbleibt, warum die Reparatur- bzw. Anmietungsdauer die avisierten „1-2 Arbeitstagen“ nach Schadensgutachten (Bl. 14R d.A.) überschritt. Zumindest kann entsprechend den Tabellensätzen nach der Frauenhoferliste keine weitergehende Vergütung verlangt werden. Der Kläger trug auch nicht vor, die abgerechneten Mietwagenkosten vollumfänglich bezahlt zu haben.

Die Kosten des Reparaturablaufplans in Höhe von 82,05 € sind dagegen zu erstatten. Denn die zusätzlichen Aufwendungen der Werkstatt wurden nur deshalb erforderlich, weil die Beklagte im Zuge der vorgerichtlichen Schadensregulierung die Übersendung eines derartigen Plans erbat (vgl. AG Deggendorf, Urteil vom 27. Juni 2018 – 3 C 259/17 –, juris).

Weitergehende Rechtsanwaltskosten in Höhe von 78,89 € sind nicht geschuldet. Denn es wurden vorgerichtlich bereits 334,75 € auf die Nebenforderung bezahlt (Bl. 13 d.A.). Der ursprünglich begründete Streitwert betrug nach den o.g. Ausführungen jedoch nicht 3.384,33 € (auf der 6. Gebührenstufe), sondern lediglich 2.762,13 €. Folglich betrug die 1,3 Brutto-Geschäftsgebühr auf der 5. Gebührenstufe 334,75 €.

Die Zinsentscheidungen basieren auf den §§ 288 I, 286 BGB.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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