Bei einem Auffahrunfall wird der Anscheinsbeweis für einen schuldhaften Verkehrsverstoß des Auffahrenden (zu geringer Abstand und/oder Unaufmerksamkeit) in der Regel auch nicht dadurch erschüttert, dass der Fahrer des vorderen Fahrzeugs ohne verkehrsbedingten Anlass eine abrupte Bremsung durchgeführt hat. Bei einer abrupten Bremsung des vorausfahrenden Fahrzeugs ohne äußeren Anlass liegt allerdings gleichzeitig ein schuldhafter Verkehrsverstoß des vorausfahrenden Fahrzeugführers vor, so dass dieser eine Mithaftung am Unfall von 50 % trägt (OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.12.2012, Az.: 9 U 88/11).
Jeder Verkehrsteilnehmer hat einen solchen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass er bei einer plötzlichen Bremsung des Vorausfahrenden in jedem Fall noch rechtzeitig anhalten kann (§ 4 Abs. 1 Satz 1 StVO). Diese Pflicht besteht unabhängig davon, ob der Vordermann einen Anlass für die Bremsung hat oder nicht. Kommt es zu einem Auffahrunfall, nachdem der Vorausfahrende gebremst hat, ergibt sich daraus in der Regel im Wege des Anscheinsbeweises, dass entweder kein ausreichender Abstand eingehalten wurde (§ 4 Abs. 1 Satz 1 StVO) oder, dass der Führer des auffahrenden Fahrzeugs in Folge Unaufmerksamkeit zu spät reagiert hat (§ 1 Abs. 2 StVO).