OLG Zweibrücken – Az.: 1 U 39/19 – Beschluss vom 07.10.2020
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das am 18.01.2019 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern, Az. 2 O 13/17, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
2. Den Parteien wird Gelegenheit gegeben, hierzu bis zum 30.10.2020 Stellung zu nehmen.
Gründe
Die Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die Vorderrichterin ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagten für das streitgegenständliche Unfallereignis haftungsrechtlich einzustehen haben. Ein Mitverschulden der Klägerin ist nicht erwiesen. Auch die Verurteilung der Beklagten dem Umfang nach ist nicht zu beanstanden; vielmehr ist davon auszugehen, dass – im Rahmen der Anschlussberufung der Klägerin – weiterer Sachschaden zuzusprechen ist, vor allem aber auch die begehrte Feststellung getroffen werden müsste.
Bei der Bewertung des Unfallgeschehens ist davon auszugehen, dass die Klägerin ein Pedelec i.S.v. § 1 Abs. 3 Satz 1 StVG führte; dabei handelt es sich nicht um ein Kraftfahrzeug im Rechtssinn. Die Klägerin hat hierzu detailliert und unter Vorlage der technischen Spezifikationen ihres Fahrrades (Bl. 91 d.A.) vorgetragen, dass dieses über einen Hilfsmotor mit einer Leistung von 250 Watt verfügt und die Unterstützung ihrer Muskelkraft zur Fortbewegung des Rads lediglich bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h stattfindet. Dementsprechend hätte es den Beklagten oblegen, diesen Sachvortrag substantiiert anzugreifen; allein der Hinweis, die Klägerin habe „ein Kraftfahrzeug gesteuert“ (vorletzter Absatz der Berufungsbegründung, Schriftsatz vom 29.04.2019, Bl. 256 d.A.) genügt diesen Anforderungen nicht.
1. Die Beklagten beanstanden zu Unrecht, dass das Ausgangsgericht nicht das Fahrverhalten der Klägerin bei ihrer Auffahrt von der … auf die … berücksichtigt hat. Darauf, dass die Klägerin infolge eines Höhenunterschiedes beim Auffahren ins Schlingern geraten ist, was diese auch eingeräumt hat, kommt es für eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach nicht an. Denn zum einen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin im Folgenden ihre Fahrbewegungen wieder stabilisieren konnte; zum anderen und vor allem steht fest, dass sich der streitgegenständliche Unfall in zeitlicher und räumlicher Hinsicht deutlich nach dem Auffahren von der alten auf die neue … ereignet hat. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass diese Umstände mit dem streitgegenständlichen Unfall – genauer: den haftungsbegründenden Zusammenhang – nicht in kausalem Zusammenhang stehen (zum Mitverschuldenseinwand der Beklagten im Hinblick auf die Fahrweise der Klägerin am eigentlichen Unfallort s. im Folgenden unter 3.).
2. Das Ausgangsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagten für den Unfall und seine Folgen haftungsrechtlich einzustehen haben.
a) Die Haftung der Beklagten zu 2. und zu 3. ergibt sich bereits verschuldensunabhängig aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG. Nach den Feststellungen des Sachverständigen …, die mit der Berufung auch nicht angegriffen werden, kam es während des Passierens durch den Beklagten zu 1. zum Zusammenstoß mit dem Fahrrad der Klägerin und dadurch zu deren Sturz. Bereits aus den polizeilich angefertigten Bildern ergibt sich, dass der Lenker des Fahrrades um 180° herumgeschlagen worden ist, was allein mit dem Umfallen des Rades nicht zu erklären ist. Zudem lassen sich die am Fahrzeug der Beklagten zu 2. auf der rechten Seite polizeilich gesicherten Kratz- und Streifspuren nach Art und Ausmaß nur damit erklären, dass der Lenker des Fahrrads die Scheibe der Beifahrertür und die Vorderradgabel den vorderen rechten Kotflügel sowie die Blechverkleidung der Beifahrertür berührt hatten. Nach den Feststellungen des Sachverständigen stimmen insofern nicht nur die jeweiligen Höhen von Fahrrad und PKW überein (Bl. 7 des Bildersatzes des Sachverständigen), sondern auch die weiteren Umstände sprechen für den von ihm angenommenen Unfallverlauf (namentlich das fehlende Umschlagen des rechten Außenspiegels des Pkw und die Endstellungen von PKW und Fahrrad).
Dass der Unfall durch höhere Gewalt i.S.v. § 7 Abs 2 StVG verursacht worden wäre, haben die Beklagten nicht vorgetragen; derartiges lässt sich auch der Gerichtsakte, namentlich der beigezogenen Unfallakte der Polizei, nicht entnehmen.
b) Der Beklagte zu 1. hat schuldhaft den Zusammenstoß mit der Klägerin verursacht. Hierfür spricht nach § 18 Abs. 1 StVG bereits eine Vermutung, die die Beklagten nicht zu widerlegen vermochten.
Der Senat lässt insoweit dahinstehen, ob dem Beklagten zu 1. – wie dies die Vorderrichterin angenommen hat – vorzuwerfen ist, die Klägerin entgegen § 5 Abs. 4 StVO mit unzureichendem Sicherheitsabstand passiert zu haben. Hierfür spricht der erste Anschein; denn es kam zu einem seitlichen Zusammenstoß des PKW mit der Klägerin im Moment des Überholvorgangs. Zudem hat der Beklagte zu 1. im Termin der mündlichen Verhandlung vom 04.07.2017 eingeräumt, lediglich einen Seitenabstand von 0,5 – 1,0m eingehalten zu haben; dies war bereits vor der Änderung von § 5 Abs. 4 StVO angesichts der Fahrweise der Klägerin verkehrsordnungswidrig (KG, Urteil vom 12.09.2002, Az. 12 U 9590/00, Juris). Nach den Feststellungen des Sachverständigen … erfolgte der Zusammenstoß in einem spitzen Winkel von ungefähr 15o (Skizzen 3 und 4, übergeben im Termin der mündlichen Verhandlung vom 30.04.2018, lose Anlage). Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Beklagte zu 1. noch einen leichten Linksschwenk gefahren ist, um den Zusammenstoß mit dem Fahrrad zu vermeiden, so steht doch fest, dass die Klägerin unmittelbar vor dem Zusammenstoß am Fahrbahnrand fuhr und nur geringfügig in Richtung Fahrbahnmitte steuerte; dies ist indes keinesfalls untypisch für einen Radfahrer. Deshalb hätte der Beklagte zu 1. mit derartigen Fahrbewegungen rechnen müssen (KG, Urteil vom 12.09.2002, Az. 12 U 9590/00, Juris); das Verhalten der Klägerin hat deshalb den ersten Anschein zulasten eines schuldhaften Fehlverhaltens des Beklagten zu 1. nicht zerstört.
Vor allem aber hat der Beklagte zu 1. bei seiner informatorischen Anhörung vor der Kammer am 04.07.2017 angegeben, eine unsichere Fahrweise bereits beim Herannahen an die Klägerin wahrgenommen und noch versucht zu haben, den rechtsseitigen Abstand zur Klägerin zu vergrößern. Dies sei ihm indes aufgrund des entgegenkommenden Motorrades nicht stärker als beabsichtigt möglich gewesen. Deshalb ist dem Beklagten zu 1. jedenfalls vorzuwerfen, zum Überholen der Klägerin angesetzt zu haben, obgleich die Verkehrslage dies nicht gefahrenlos zuließ (§§ 1 Abs. 2, 5 Abs. 4 StVO). Denn einen – gemessen an den sichtbaren Fahrbewegungen der Klägerin – ausreichenden seitlichen Sicherheitsabstand zur Radfahrerin hätte der Beklagte zu 1. nur bei einem wesentlich stärkeren Ausweichen auf die Gegenfahrbahn einhalten können. Da dies indes aufgrund des Gegenverkehrs nicht möglich war, hätte er diesen zuerst passieren lassen müssen und erst sodann zum Überholen ansetzen dürfen. Das gilt umso mehr, als der entgegenkommende Motorradfahrer nahezu an der Mittellinie gefahren ist, dementsprechend auf der Gegenfahrbahn wohl keinerlei Raum für ein hinreichendes Ausweichmanöver war (s. die Aussagen des Zeugen … sowie die Breite der Straße, Bilder nach Anlage).
Eingedenk dessen geht auch der Einwand der Beklagten fehlt, der Unfall sei letztlich von dem – polizeilich nicht ermittelten, für den Streitfall aufgrund der Einlassungen des Beklagten zu 2. und der Angaben der Zeugen …, … und … aber zu unterstellenden – Fahrer des dem Beklagten zu 1. vorausfahrenden Fahrzeugs verursacht worden und die Klägerin habe nach dem Sturz eingeräumt, dies sei die Schuld des Vorausfahrenden, nicht aber des Beklagten zu 1. gewesen. Aufgrund welcher Umstände die Klägerin in eine unsichere Fahrweise geriet, ist für die Beurteilung des Sachverhalts unbeachtlich; das gilt umso mehr, als ihre Fahrweise – dies auch unter Berücksichtigung der Aussagen des Zeugen … – nicht untypisch war. Für die Frage der Haftung der Beklagten ist ebenfalls unbeachtlich, ob der Fahrer des vorausfahrenden Fahrzeugs sich seinerseits verkehrsordnungswidrig verhalten hat und gegebenenfalls der Klägerin ebenfalls haftet; relevant kann dies lediglich für einen Haftungsausgleich zwischen ihm und den Beklagten sein.
Ebenfalls unzutreffend ist der Einwand der Beklagten, der Zusammenstoß des Beklagten zu 1. mit der Klägerin sei für ersteren unvermeidbar gewesen. Zwar hat dies der Sachverständige … so beschrieben. Hierbei handelt es sich allerdings um eine rechtliche Würdigung, die ausschließlich dem Richter obliegt. „Höhere Gewalt“ i.S.v. § 7 Abs. 2 StVG ist weder eingewendet worden noch nach Aktenlage ersichtlich; eine Exkulpation ist dem Beklagten zu 1. gerade im Hinblick darauf nicht möglich, dass er angesichts der Verkehrslage die Klägerin nicht hätte überholen dürfen. Dass der Sachverständige angesichts hinreichender Anknüpfungstatsachen nicht mehr festzustellen vermochte, ob und ggfl. mit welchem zeitlichen und räumlichen Vorlauf der Beklagte zu 1. die unsichere Fahrweise der Klägerin hätte erkennen müssen, geht zu seinen Lasten, denn ihm obliegt die dahingehende Vortrags- und Beweislast. Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass die dahingehende Sorgfaltspflicht vom Beklagten zu 1. letztlich eingeräumt worden ist. Denn er hat mitgeteilt, die Klägerin jedenfalls zu dem Zeitpunkt bemerkt zu haben, als diese von dem vorausfahrenden Fahrzeug passiert wurde. Obgleich er das Straucheln der Klägerin bemerkte, will er lediglich das Gas weggenommen, nicht aber auch (gefahrenmäßig) gebremst haben. Dies war angesichts der bestehenden Gefahrenlage unzureichend. Ohnehin haben weder die Zeugin … noch der Zeuge …. bestätigt, dass der Beklagte zu 1. bei Herannähern an die Klägerin in nennenswerter Weise gebremst hat.
3. Ein unfallursächliches Mitverschulden der Klägerin i.S.d. §§ 9 StVG, 254 Abs. 1 BGB ist nicht erwiesen.
Die Fahrbewegungen der Klägerin bei ihrem Wechsel von der alten auf die neue … sind für das Unfallgeschehen unbeachtlich. Denn nicht erwiesen ist, dass diese auch nach ihrer Auffahrt auf die neue … unsicher blieben; die Zeugenaussagen führten insoweit nicht zu einem eindeutigen Ergebnis. Während nach den Aussagen der Zeugen … und … eher davon auszugehen ist, dass sich die Fahrbewegungen der Klägerin wieder stabilisiert hatten, hat der Zeuge … bekundet, dass die Klägerin seit ihrer Einmündung auf die neue … unsicher fuhr und schwankte. Eingedenk dessen kann nicht davon sicher davon ausgegangen werden, dass die Klägerin nach ihrem Einfahren auf die neue …, aber noch vor den Überholvorgängen, hätte rechts heranfahren und anhalten müssen, um erneut zu einer – jetzt sicheren – Fahrbewegung anzusetzen.
Soweit sie auch im Moment des Zusammenstoßes mit dem vom Beklagten zu 1. geführten Fahrzeug unsicher fuhr und das Fahrrad nicht parallel zum Seitenstreifen, sondern in spitzem Winkel in Richtung Fahrbahnmitte lenkte, steht nicht fest, dass sie hierbei die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht ließ. Aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen … ist zunächst davon auszugehen, dass die Klägerin im Bereich des rechten (durchgezogenen) Randstreifens der Straße gefahren sein muss; denn dort kam sie zu Fall und blieb liegen. Soweit sie infolge des Überholvorgangs durch den dem Beklagten zu 1. vorausfahrenden Pkw ins Schlingern geraten war, wurde dies durch den Fahrer dieses Fahrzeugs verursacht. Nach den Aussagen der Zeugen steht fest, dass das vorausfahrenden Fahrzeug den seitlichen Sicherheitsabstand zu dem Fahrrad nicht eingehalten hatte und die Klägerin deshalb ins Schlingern geraten war. Dass die Klägerin in dieser Situation In vorwerfbarer Weise falsch reagiert habe, haben die Beklagten schon nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Namentlich im Hinblick darauf, in einer solchen Situation das Rad an den Straßenrand zu lenken und dort gegebenenfalls anzuhalten, kann nach Zeugenaussagen und Aktenlage nicht davon ausgegangen werden, dass der Klägerin hierfür hinreichende Reaktionszeit und Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung standen.
4. Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt der Senat den Beklagten aus Kostengründen die Rücknahme des Rechtsmittels nahe. Im diesem Falle ermäßigen sich die für das Verfahren anfallenden Kosten von 4,0 auf 2,0 Gebühren (Nr. 12222 KV GKG).
Diese Empfehlung gilt umso mehr, als mit der Berufungsrücknahme auch die Anschlussberufung der Klägerin wegfällt. Diese stellt sich derzeit nicht als erfolglos dar.
Zwar teilt der Senat die Auffassung der Vorderrichterin, dass ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000 € als angemessen erscheint (OLG Schleswig, Urteil vom 16.08.2019, Az. 11 U 87/16; OLG Hamm, Urteil vom 08.11.2013, Az.9 U 88/13, jeweils Juris). Zudem teilt der Senat die Auffassung der Vorderrichterin, dass der geltend gemachte (weitere) Sachschaden für Bekleidung (BH, Hose, anteilige weitere Kosten für T-Shirt und Top) schon in Ermangelung hinreichenden Vortrags der Klägerin nicht zuzusprechen ist. Hinreichende Belege für die bereits länger zurückliegende Anschaffung des BH und der Hose vermochte die Klägerin nicht vorzulegen; damit ermangelt es an unstreitigen Anknüpfungstatsachen für eine Schadensschätzung durch das Gericht. Hinsichtlich der zugesprochenen Sachschäden sind die von der Vorderrichterin vorgenommenen Abschläge aufgrund des Alters des T-Shirts und des Top nicht zu beanstanden. Ein diesbezüglicher richterlicher Hinweis war neben dem Bestreiten der Beklagten nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 20.12.2007, Az. IX ZR 207/05, Juris).
Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass die diesbezügliche Schadensberechnung der Klägerin auch im Berufungsverfahren unschlüssig ist. Ausweislich ihres Schriftsatzes vom 02.04.2019 verfolgt die Klägerin im Rahmen ihrer Anschlussberufung die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines weiteren Sachschadens in Höhe von 768,22 €. Auf den Krankentransport soll hiervon ein Betrag von 620,52 € entfallen. Aus der Differenz beider Beträge ergibt sich indes nicht der Betrag, den die Klägerin mit Schriftsatz vom 17.06.2019 benennt (142,75 €). Das Ausgangsgericht hat die Beklagten zur Zahlung eines Sachschadens in Höhe von 178,50 € verurteilt; insoweit ist die Klägerin mit einem Betrag von 868,72 € unterlegen. Soweit sie nunmehr weiteren Sachschadens in Höhe von 768,22 € verfolgt, errechnet sich hieraus eine Differenz von 100 €; rechnerisch stellt die Klägerin indes nur einen weiteren Anspruch in Höhe von 80,20 € dar (weiteren Schadenersatz für das T-Shirt in Höhe von 50 €, für das Top in Höhe von 10 €, für den BH in Höhe von10,20 € [Differenz zwischen Klage 32,95 € und Berufung 22,75 €] und für die Hose in Höhe von 10 € [Differenz zwischen Klage 50 € und Berufung 40 €]).
Anders stellt sich die Rechtslage allerdings für die geltend gemachten Kosten für den Krankentransport dar. Erstinstanzlich war davon auszugehen, dass die Klägerin versichert ist und sie deshalb Erstattung von ihrer Krankenkasse verlangen konnte. Soweit sie vorgetragen hat, dass eine solche Erstattung eine Selbstbeteiligung ausgelöst bzw. Beitragsrückerstattungen verhindert hätte bzw. hat, jeweils zumindest in dieser Höhe, hat sie hierzu bereits mit Schriftsatz vom 20.06.2017 hinreichend substantiiert vorgetragen, ohne dass dies im Folgenden von dem Beklagten in Abrede gestellt worden wäre. Dementsprechend hätte die Vorderrichterin einen rechtlichen Hinweis erteilen müssen, dass und aus welchen Gründen sie den Vortrag der Klägerin weiterhin für unzureichend oder unbeachtlich hält. Da dieser Hinweis unterblieben ist, ist auch der weitere Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren nicht verspätet. Indes trägt bereits der erstinstanzliche Vortrag eine Verurteilung der Beklagten zur Erstattung der Krankentransportkosten. Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat allerdings darauf hin, dass der nunmehrige Vortrag der Klägerin zum Teil (v.a. im Hinblick auf die unfallunabhängigen Krankenkosten für die Jahre 2016 und 2017) im Widerspruch zum bisherigen Vortrag steht bzw. erläuterungsbedürftig erscheint (namentlich im Hinblick auf die Beitragsrückerstattungen für das Jahr 2017).
Nach derzeitiger Sachlage hätte zudem der geltend gemachten Feststellung entsprochen werden müssen. Die Rechtsprechung geht diesbezüglich davon aus, dass ein Feststellungsinteresse bei der Verletzung eines absoluten Rechtsguts bereits dann besteht, wenn künftige Schadensfolgen (wenn auch nur entfernt) möglich, ihr Eintritt sowie ihre Art und ihr Umfang derzeit aber noch ungewiss sind. Auf eine wie auch immer geartete Wahrscheinlichkeit weiterer Schäden kommt es insoweit nicht an (BGH, Urteil vom 17.10.2017, Az. VI ZR 423/16, Juris). Dementsprechend ist bereits dann von einem Feststellungsinteresse auszugehen, wenn ein Unfallbeteiligter an seiner Gesundheit verletzt worden ist und ihm hieraus bereits materielle und/oder immaterielle Schäden entstanden sind; Vortrag dazu, dass und ggfl. welche körperlichen Einschränkungen, ärztlich Heilbehandlungen und finanzielle Aufwendungen auch künftig entstehen oder bestehen, ist dementsprechend nicht erforderlich; dies jedenfalls solange, wie nicht sicher feststeht, dass die Verletzungen vollständig ausgeheilt sind und Folgeschäden auszuschließen sind. Ob der diesbezügliche Vortrag der Klägerin mit Schriftsatz vom 17.06.2019 verspätet ist, kann deshalb dahinstehen.