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Haftung aus Verschulden des Halters und Fahrers eines Kraftfahrzeugs

LG Kassel – Az.: 9 O 1722/10 – Urteil vom 29.02.2012

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages leisten.

Der Streitwert wird festgesetzt auf 7.557,00 Euro für den Antrag zu 1, 2.500,00 Euro für den Antrag zu 2, zusammen 10.057,00 Euro.

Tatbestand

Der Kläger befuhr am 10.03.2008 gegen 20.30 Uhr aus Richtung „…“ kommend als Fahrer eines PKW „…“ die L „…“ in Richtung „…“. Der bei der Beklagten versicherte, von Herrn „…“ geführte PKW befand sich auf der Gegenfahrbahn. Im Bereich der Unfallörtlichkeit war für beide Fahrbahnrichtungen die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 50 km/h beschränkt. Die Fahrbahn war im Unfallzeitpunkt nass. Ferner befand sich – aus Fahrtrichtung des Fahrers „…“ gesehen – vor dem Kollisionspunkt eine Ölspur auf der Fahrbahn. Im Bereich einer Kurve geriet Herr „…“ mit seinem PKW aus zwischen den Parteien strittigen Gründen auf die Fahrbahn des Klägers und kollidierte mit dessen Fahrzeug. Herr „…“ kam bei dem Zusammenstoß zu Tode. Der Kläger erlitt u. an Risswunden an der linken Augenbraue, Prellmarken im Bereich der Beine und Rippen, eine Platzwunde über der linken Augenbraue sowie eine HWS-Distorsion und eine Thoraxprellung. Der Heilungsverlauf ist zwischen den Parteien streitig; gleichfalls streitig ist, inwiefern bei dem Kläger infolge des Unfallereignisses psychische Beeinträchtigungen eingetreten sind.

Das Unfallereignis wurde zu Az. „…“ der Polizeistation „…“ erfasst. Für die Einzelheiten wird auf die beigezogene Unfallakte (in Retent) Bezug genommen. Ein in dem Ermittlungsverfahren zu der Frage der Rekonstruktion des Unfallgeschehens, der Fahrgeschwindigkeiten der Beteiligten sowie der Vermeidbarkeit eingeholtes Gutachten des Sachverständigen Dipl-Ing. „…“, DEKRA „…“, vom 29.04.2008 (Anl. A 1, Bl. 60 ff d.A.) Das Gutachten gelangte zu dem Ergebnis, dass von einer Kollisionsgeschwindigkeit für das Fahrzeug des Kläger von 49 – 54 km/h und für das Fahrzeug des Versicherungsnehmers der Beklagten vom 41 – 45 km/h auszugehen sei.  Berücksichtige man die zum Unfallzeitpunkt vorhandene Ölschicht auf der Fahrbahn, könne die Kurvengrenzgeschwindigkeit für das Fahrzeug des Versicherungsnehmers der Beklagten in dieser Kurve bei ca 42 km/h gelegen haben. Aus Sicht des Versicherungsnehmers der Beklagten sei der Unfall unter Berücksichtigung der Fahrbahnverhältnisse bei einer Geschwindigkeit von ca 42 km/h in der Kurvenfahrt vermeidbar gewesen, da es dann dem Versicherungsnehmer der Beklagten möglich gewesen wäre, die Kurve zu durchfahren und dabei auf seiner Richtungsfahrbahn zu verbleiben. Für den Kläger sei der Unfall nicht vermeidbar gewesen. Vorkollisionäre Spuren, welche auf entsprechende Bremsvorgänge der Beteiligten hinwiesen, seien nicht dokumentiert. Daher seien auch keine höheren Ausgangsgeschwindigkeiten für die Beteiligten nachzuweisen. Unfallursächliche technische Mängel seien nicht festgestellt.

Für ein von dem Kläger am 26.03.2008 eingeholtes Attest des Hospitals zum „…“ (Bl. 5) wurden dem Kläger Kosten von 57,00 Euro berechnet (Bl. 6). Mit weiterem Attest vom 07.03.2008 (Bl. 7) dieses Krankenhauses wurde u.a. ausgeführt, der Kläger bitte um Überweisung zu einem Psychologen, da er sich durch den Unfall doch beeinträchtigt fühle, da der Unfallgegner verstorben sei.

Die Beklagte zahlte zum 03.03.2009 an den Kläger ein Schmerzensgeld von 2.500,00 Euro.

Weitere Zahlungen lehnte die Beklagte auch nach Erhalt von Aufforderungsschreiben des Bevollmächtigten des Klägers ab. Der Bevollmächtigte des Klägers rechnete diese Schreiben gegenüber dem Kläger nach einem Wert von 15.000,00 Euro unter Zugrundelegung eines Satzes von 1,3 für die angefallene Geschäftsgebühr mit 899,40 Euro ab.

Der Kläger ist der Auffassung, das Unfallereignis sei allein schuldhaft durch den Fahrer „…“ des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs verursacht worden; hinter dieses Verschulden trete auch die Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Klägers zurück, so dass eine Alleinhaftung der Beklagten bestehe. Dazu behauptet der Kläger: Mit dem Vorhandensein von Ölspuren auf einer Fahrbahn sei im Straßenverkehr regelmäßig zu rechnen. Diese sei nur von dem an der Unfallaufnahme beteiligten Polizeibeamten POK „…“ in seiner Verkehrsunfallanzeige vom 13.05.2008 festgehalten worden. Dass die Ölspur dadurch für das Unfallgeschehen mitursächlich geworden sei, indem der Versicherungsnehmer „…“ der Beklagten auf diese Ölspur geraten sei, habe der Sachverständige im Ermittlungsverfahren nicht festgestellt. Jedenfalls sei diese Ölspur für einen Idealkraftfahrer zu erkennen gewesen.

Die von dem Versicherungsnehmer der Beklagten gefahrene Geschwindigkeit habe zudem bei über 50 km/h gelegen (Beweis: Sachverständigengutachten). Der Fahrer „…“ des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs sei vielmehr ungebremst durch den Kurvenbereich gefahren. Dies folge schon aus der Wahrnehmung des Klägers, dass ein Fahrzeug wahnsinnig schnell quer über die Fahrbahn auf ihn zugeschleudert sei. Der Unfall habe sich nicht ausschließbar in der Weise abgespielt, dass Herr „…“ mit deutlich überhöhter, im Bereich von 80 km/h anzusiedelnder Geschwindigkeit etwa auf Höhe eines im Bereich der Unfallstelle angeordneten Verkehrsschilds erst nach links und dann nach rechts gegen die Böschung gefahren sei, um anschließend, nachdem er auf seine Richtungsfahrbahn gelangt sei, mit dem Fahrzeug des Klägers zu kollidieren. Erst durch mögliches Abbremsen und Aufprallen auf die rechter Hand des Herrn „…“ befindliche Böschung sei es zu der von dem Sachverständigen festgestellten, verminderten Geschwindigkeit des Fahrzeugs des Herrn „…“ gekommen. Schon wegen dieser Überschreitung der örtlich zulässigen Höchstgeschwindigkeit komme ein für den Versicherten „…“ der Beklagten unabwendbares Ereignis nicht in Betracht.

Der Unfall sei aber nach den Feststellungen des Sachverständigen für den Versicherungsnehmer der Beklagten bereits dann vermeidbar gewesen, wenn dieser eine Geschwindigkeit von 42 km/h einhielt. Ein für den Versicherten „…“ der Beklagten unabwendbares Ereignis sei daher nicht nachzuweisen.

Zu den Unfallfolgen behauptet der Kläger, er leide als Unfallfolge noch derzeit anhaltende psychische Beschwerden, insbesondere Angstgefühle mit Herzstichen, Herzrasen und -klopfen sowie Einschlaf- und Durchschlafstörungen, Appetitmangel, mit Unruhe verbundene Spannungsgefühle im Körper sowie depressive Verstimmungen, was eine fortlaufende ärztliche Behandlung bei dem Facharzt für Psychiatrie „…“ erfordere. Zudem müsse der Kläger berufsbedingt regelmäßig die Unfallstelle passieren, so dass das durch den Unfall erlittene seelische Trauma regelmäßig neu aktiviert werde.

Der Kläger ist der Auffassung, es sei vorliegend ein Schmerzensgeld in Höhe von wenigstens 10.000,00 Euro angemessen, so dass die von der Beklagten erbrachte Zahlung von 2.500,00 Euro weit untersetzt sei. Die weitere Entwicklung hinsichtlich der psychischen Stabilität des Klägers sei nicht vorhersehbar; es bedürfe daher auch einer Feststellung der Verpflichtung der Beklagten auf Ersatz materieller und immaterieller Zukunftsschäden. Zudem stehe dem Kläger Ersatz der verauslagten Attestkosten von 57,00 Euro sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten von 899,40 Euro zu.

Der Kläger beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger wegen des Verkehrsunfalls vom 10.03.2008 ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, abzüglich bereits gezahlter 2.500,00 Euro, nebst 5 %[gemeint: Prozentpunkte an] Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 09.06.2009 sowie weiter verauslagter Attestkosten von 57,00 Euro.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet: Der Fahrer „…“ des bei ihr versicherten Fahrzeugs sei ins Schleudern geraten, weil sich auf der nassen Fahrbahn eine unsichtbare Ölspur befunden habe, die von dem Fahrer „…“ auch bei Beachtung größtmöglicher Sorgfalt nicht zu erkennen gewesen sei. Der Fahrer „…“ habe sich mit seiner Ausgangsgeschwindigkeit unterhalb der an der Unfallstelle zulässigen Höchstgeschwindigkeit gehalten, so dass es ihm ohne die Ölspur ohne jeden Zweifel möglich gewesen sei, die Rechtskurve trotz der nassen Fahrbahn zu durchfahren. Allein durch die Ölspur sei die Kurvengrenzgeschwindigkeit derart herabgesetzt worden, dass Herr „…“ infolge Überschreitens der Kurvengrenzgeschwindigkeit ins Schleudern geraten sei.  Eine Haftung der Beklagten unterstellt, sei das gezahlte Schmerzensgeld von 2.500,00 Euro für die zwischen den Parteien unstreitigen unfallbedingten Beeinträchtigungen des Klägers ausreichend und angemessen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 16.02.2011 (Bl. 103 ff. d.A) und vom 10.08.2011 (Bl. 159 ff.) d.A.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen „…“; für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird insoweit auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.08.2011 Bezug genommen. Das Gericht hat ferner Beweis erhoben gemäß Beweisanordnung vom 30.08.2011 (Bl. 176 d.A.) durch Einholung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens des in dem polizeilichen Ermittlungsverfahren bereits tätig gewordenen Sachverständigen Dipl.-Ing. „…“, insoweit wird für das Ergebnis auf die schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen vom 20.09.2011 (Bl. 178 d.A.) Bezug genommen.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 10.10.2011 (Bl. 189) darauf hingewiesen, dass nach vorläufiger Würdigung des Beweisergebnisses kein tatsächlicher Anhalt dafür bestehe, dass höhere Geschwindigkeiten des Fahrers „…“ tatsächlich vorgelegen hätten, und sodann mit Beschluss vom 24.01.2012 (Bl. 198) im Einverständnis der Parteien das schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit einer Frist zur Stellungnahme zum 22.02.2012 angeordnet; Stellungnahmen der Parteien sind seitdem nicht erfolgt.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere sind, da der Kläger derzeit noch anhaltende psychische Folgen behauptet, auch die Voraussetzungen gegeben, unter denen gemäß § 256 ZPO ein Interesse an der Feststellung der Verpflichtung der Beklagten auf Ersatz von Zukunftsschäden zu bejahen ist.

Jedoch bleibt die Klage in der Sache ohne Erfolg. Eine Haftung der Beklagten aus Verschulden des bei ihr versicherten Halters und Fahrers „…“ hat der Kläger nicht nachzuweisen vermocht. Ferner ist hier auch für eine Haftung der Beklagten aus §§ 7, 17 StVG kein Raum. Denn der Beklagten ist der von ihr zu führende Nachweis gelungen, dass ein für den Halter und Fahrer „…“ des bei ihr versicherten Fahrzeugs nach § 17 Abs. 3 StVG unabwendbares Ereignis unfallursächlich geworden ist. Steht die Unfallursächlichkeit eines solchen unabwendbaren Ereignisses fest, ist aber selbst für eine Haftung der Beklagten unter Ansatz einer Mithaftungsquote von 50 % kein Raum, wie sie ansonsten bei Kollision von Fahrzeugen und nicht weiter aufklärbarem Unfallhergang angemessen ist.

1. Ein unfallursächliches Verschulden des Fahrers „…“ des bei der Beklagten pflichtversicherten Fahrzeugs hat der Kläger nicht nachzuweisen vermocht.

a) Ihm kommt der Satz des Anscheinsbeweises nicht zugute, dass für ein Verschulden des Fahrers spricht, wenn dieser ohne sonst erkennbare Ursache von der Fahrbahn abkommt und auf die Gegenfahrbahn gerät.

Dieser Satz des Anscheinsbeweises ist hier dadurch erschüttert, dass eine konkrete Ursache erwiesen ist, die als eine solche anderweitige Ursache in Betracht kommt. Die Beklagte hat zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) den Nachweis zu führen vermocht, dass sich auf der von dem Fahrer „…“ benutzten Gegenfahrbahn ein Ölfilm befunden hat. Bei einer Gesamtschau der Angaben des Zeugen POK „…“, der an der unmittelbar nach dem Unfallereignis vom 10.03.2008 erfolgten polizeilichen Unfallaufnahme beteiligt gewesen ist, aus der mündlichen Verhandlung vom 10.08.2011 sowie der mit ihm dort erörterten Lichtbilder aus der polizeilichen Unfallakte (vgl. Beiakte „…“) sowie den dort von dem POK mit Vermerk vom 13.05.2008 schriftlich niedergelegten Wahrnehmungen über die Beschaffenheit dieser Ölspur sowie den Feststellungen aus dem im polizeilichen Ermittlungsverfahren erstatteten Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. „…“, DEKRA „…“, ist kein vernünftiger Raum für Zweifel daran gegeben, dass sich eine solche Ölspur auf der Fahrbahn befunden hat; nach den Feststellungen aus dem Gutachten, das der Sachverständige „…“ im polizeilichen Ermittlungsverfahren erstattet hat, kommt diese Ölspur auch zwanglos als Ursache dafür in Betracht, dass der Fahrer „…“ im Bereich der Unfallstelle von seiner Richtungsfahrbahn abgekommen und sodann mit dem Fahrzeug des Klägers kollidiert ist.

b) Den damit erforderlichen unmittelbaren Beweis eines unfallursächlichen Verschuldens des Fahrers „…“ hat der Kläger nicht zu führen vermocht.

aa) Soweit der Kläger behauptet hat, unfallursächlich sei eine überhöhte Geschwindigkeit des gegnerischen Fahrers „…“ gewesen, hat sich dies in der Beweisaufnahme nicht mit der dafür erforderlichen Gewissheit des Gerichts bestätigen lassen. Der Sachverständige Dipl-Ing. „…“ hat in dem im polizeilichen Ermittlungsverfahren erstatteten Gutachten allein festzustellen vermocht, die Geschwindigkeit des Fahrzeugs des Fahrers „…“ habe vor der Kollision im Bereich  zwischen 41 und 45 km/h gelegen. Dies liegt im Bereich der örtlich zulässigen 50 km/h. Der Kläger hat auch nicht den Nachweis erbracht, der gegnerische Fahrer „…“ sei gemäß § 3 StVO gehalten gewesen, diese örtlich zulässige Höchstgeschwindigkeit aufgrund besonderer Fahrbahn- oder Streckenverhältnisse zu unterschreiten. Dass der Fahrer „…“ bei zureichender Aufmerksamkeit die auf der Fahrbahn befindliche Ölspur bei Annäherung an die Unfallörtlichkeit rechtzeitig hätte bemerken können, um sich hierauf einzustellen, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben; im Gegenteil steht, wie noch zur Frage der Unabwendbarkeit näher auszuführen sein wird, sogar fest, dass der Fahrer „…“ diese Ölspur nicht einmal nach dem für § 17 Abs. 3 StVG zugrunde zu legenden Maßstab eines sog. Idealkraftfahrers hätte bemerken können und müssen. Ein sonst unfallursächlicher Fahrfehler des gegnerischen Fahrers „…“ steht gleichfalls nicht fest. Soweit der Kläger geltend gemacht hat, die von dem Sachverständigen ermittelte, vorkollisionäre Geschwindigkeit des Fahrers „…“ lasse sich damit erklären, dass dieser bereits zuvor wegen überhöhter Geschwindigkeit von der Fahrbahn abgekommen, gegen die Böschung kollidiert und von dort abgewiesen worden sei, um sodann mit durch die vorausgegangene Kollision mit der Böschung verringerter Geschwindigkeit auf die Fahrbahn zurück zu schleudern und mit dem Fahrzeug des Klägers zu kollidieren, hat der Sachverständige Dipl-Ing. „…“ in seiner dazu im vorliegenden Verfahren ergänzend eingeholten schriftlichen Stellungnahme vom 20.09.2011 (Bl. 178 d.A.) dahin Stellung genommen, dass an der Unfallstelle eine dem korrespondierende Spurenlage gerade nicht festzustellen gewesen sei; in der vorkollisionären Fahrbahn und deren Randbereich seinen vielmehr keine Laubaufwerfungen oder Schleuderspuren in der Bankette oder sonstige Reifen- und Schleuderspuren festzustellen gewesen, wie sie bei dem vom Kläger vorgetragenen Hergang aber zu erwarten gestanden hätten.

Dass ihm solche Spuren nicht  aufgefallen sind, hat dabei auch der an der Unfallaufnahme beteiligten Zeuge POK „…“ in seiner Vernehmung vom 10.08.2011 (Bl. 167 d.A.) bestätigt. Wenn der Zeuge zugleich eingeräumt hat, er habe auf solche Spuren allerdings nicht konkret gesucht habe, kann der Kläger auch daraus nichts für sich herleiten. Es stellt nämlich eine bloße theoretische Denkmöglichkeit dar, dass solche Spuren zwar vorhanden gewesen sind, aber weder von dem Zeugen wahrgenommen worden sind, noch auf den von der Unfallörtlichkeit gefertigten, vom Sachverständigen ausgewerteten und in der Verhandlung mit dem Zeugen POK „…“ erörterten Lichtbildern sichtbar geworden sind.

Vielmehr korrespondiere die Spurenlage zwanglos mit einem tangentialen Verlassen der Fahrspur durch den Beteiligten „…“ im Zuge des Durchfahrens der vorgelagerten Linkskurve, da eine Spurzeichnung hierbei nicht zwingend zu erwarten gestanden habe; da die Kurvengrenzgeschwindigkeit (dh. die bei noch stabilem Durchfahren einer Kurve maximal mögliche konstante Geschwindigkeit) unter Berücksichtigung des öligen Fahrbahnzustands bei 42 km/h und die Kollisionsgeschwindigkeit bei ca 41 – 45 km/h gelegen habe, erkläre sich der Unfallhergang daraus, dass das Fahrzeug „…“ seine Richtungsfahrbahn verlassen habe, indem es mit Überschreiten der Kurvengrenzgeschwindigkeit untersteuernd auf die Gegenfahrbahn geraten sei.

bb) Der Kläger kann auch nichts daraus für sich herleiten, dass der Sachverständige sowohl in seinem im polizeilichen Ermittlungsverfahren erstatteten Gutachten wie auch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29.09.2011 (Bl. 178) zu der Einschätzung gelangt ist, der Beteiligte „…“ habe den Unfall vermeiden können, wenn er die Kurve mit einer den Fahrbahnverhältnissen angepassten Geschwindigkeit durchfahren hätte.

Damit ist allein die sog. technische Vermeidbarkeit angesprochen, also die Frage, ob es aus technischer Sicht und den Unfallhergang im vorhinein („ex ante“) betrachtet, überhaupt eine naturwissenschaftlich/ingenieuerwissenschaftlich begründbare Möglichkeit gegeben hätte, den Unfall zu vermeiden. Zudem fällt auch nur diese Frage nach der technischen Vermeidbarkeit in den Kompetenzbereich des Sachverständigen; ob das zur technischen Vermeidbarkeit führende Verhalten auch rechtlich geboten gewesen war, ist dagegen eine Rechtsfrage, die das Gericht eigenständig auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen zur technisch gegebenen Möglichkeit einer Vermeidung des Unfalls gesondert zu beantworten hat.

Zwar trifft insoweit zu, dass der Unfall nach den Feststellungen des Sachverständigen vermeidbar gewesen wäre, hätte sich der Fahrer „…“ in die im Bereich der Unfallörtlichkeit angeordnete Kurve mit einer Geschwindigkeit von unterhalb ca. 42 km/h hinein begeben. Denn bei dieser Fahrgeschwindigkeit hätte der Fahrer „…“ die Kurve mit einer unterhalb der sog. Kurvengrenzgeschwindigkeit liegenden Fahrgeschwindigkeit, somit so durchfahren können, dass er ungeachtet der im Unfallbereich vorhandenen Ölspur aus technischer Sicht nicht aus der Fahrbahn geraten, sondern in stabiler Kurvenfahrt auf seiner Richtungsfahrbahn geblieben wäre bzw. dort hätte verbleiben können.

Jedoch ist es eine Rechtsfrage, ob das aus technischer Sicht als Vermeidungsmöglichkeit offen stehende Verhalten auch geboten gewesen wäre. Diese Frage ist hier deshalb zu verneinen, weil der Kläger nicht zu beweisen vermocht hat, dass der Beklagte die im Bereich der Kurve vorhandene Ölspur hätte erkennen können. Es steht nämlich vielmehr im Gegenteil aufgrund der anschaulichen Schilderungen des Zeugen „…“, wie sie sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.08.2011 (Bl. 165 ff d.A.) ergeben, sowie dem Inhalt der polizeilichen Unfallakte sogar fest, dass der Fahrer „…“ diese Ölspur selbst bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Aufmerksamkeit nicht, bzw. nicht rechtzeitig genug hätte bemerken können, um seine Fahrgeschwindigkeit zu reduzieren und so das Abkommen von der Fahrbahn zu verhindern. Der Zeuge „…“ hat die Beschaffenheit der Ölspur dahin geschildert, dass sie sich zwar, wie er bei genauer Untersuchung festgestellt hat, über fast die gesamte Fahrbahnbreite hinzog und einen überaus rutschigen Fahrbahnzustand erzeugt hat, selbst für den Zeugen – einen mit Unfallaufnahmen vertrauten Polizeibeamten, der die Unfallörtlichkeit zu Fuß untersucht hat – aber nicht sogleich wahrnehmbar gewesen ist. Zudem hat sich der Unfall am 10.03.2008 gegen 20.45 und damit zu einer Uhrzeit abgespielt, zu der die Dunkelheit bereits eingebrochen war und der Fahrbahnzustand daher nur im Scheinwerferlicht erkennbar gewesen ist; nach Darstellung des Zeugen ist der Ölfilm richtig sichtbar auch nur geworden, wenn das Oberlicht der am Unfallort gleichfalls erschienenen Feuerwehr eingeschaltet war.

Soweit der Kläger dem entgegen hält, von einem Verkehrsteilnehmer sei stets zu verlangen, dass er diejenige Geschwindigkeit einhält, bei der er den Bereich einer Kurve auch dann sicher durchfahren kann, wenn sich dort ein für ihn als solcher nicht sichtbarer Ölfilm befinde, da mit dem plötzlichen Auftreten eines solchen Ölfilms im Straßenverkehr stets gerechnet werden müsse, werden die Anforderungen an einen Verkehrsteilnehmer überspannt. Mit plötzlich auftretenden und entgegen der Einschätzung des Klägers eher seltenen Vorkommnissen wie einem ausgebreiteten, das stabile Durchfahren einer Kurve hindernden Ölfilm muss ein Verkehrsteilnehmer vielmehr nur rechnen und sich darauf einstellen, wenn dafür konkrete Anhaltspunkte – etwa ein entsprechendes Warnschild oder ein äußerlich auffällig veränderter Fahrbahnzustand – vorliegen. Insoweit wird von dem Kläger in unzulässiger Weise die technische Vermeidbarkeit mit der rechtlichen Vermeidbarkeit gleichgesetzt; nicht jedes Verhalten, dass im nach hinein gesehen den Unfall verhindert hätte, ist aber zugleich rechtlich im voraus geboten, sondern nur ein solches Verhalten, das ein vorausschauender Verkehrsteilnehmer vernünftiger Weise gewählt hätte, um Gefährdungen Dritter oder auch seines eigenen Fahrzeugs zu vermeiden.

2. Auch die Voraussetzungen einer Verpflichtung der Beklagten nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m §§ 7, 17 StVG, §§ 1 ff PflVersG auf Schadenersatz im Umfang einer Mithaftung des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs nach der einfachen Betriebsgefahr hat der Kläger nicht nachzuweisen vermocht. Lässt sich bei einer Kollision zwischen zwei Kraftfahrzeugen der Unfallhergang nicht weiter aufklären und haften die beteiligten Fahrzeuge nur aus einfacher Betriebsgefahr, so ist allerdings gemäß § 17 StVG grundsätzlich eine je hälftige Teilung des Schadens angemessen (vgl. BGH, Urteil vom 13.12.2011,  VI ZR 177/10, Tz. 13, zit. nach juris). Anders verhält es sich allerdings, falls dem auf Ersatz in Anspruch genommenen Halter bzw. hier der für ihn einstandspflichtigen Pflichtversicherung der Nachweis gelingt, dass für diesen ein nach § 17 Abs. 3 StVG unabwendbares Ereignis vorgelegen hat.

Die Unaufklärbarkeit der tatsächlichen Voraussetzungen der Frage, ob sich ein Unfall als nach §§ 17 Abs. 3 StVG unabwendbares Ereignis darstellt, geht dabei allerdings den Halter bzw. dessen Haftpflichtversicherer, hier somit der Beklagten. Jedoch ist der Hergang des Unfalls hier, soweit es darauf nach § 17 Abs. 3 StVG ankommt, nicht unaufklärbar geblieben, sondern der Beklagten der Nachweis gelungen, dass ein unabwendbares Ereignis vorgelegen hat.

Der Nachweis eines nach § 17 Abs. 3 StVG unabwendbaren Ereignisses hat zur Voraussetzung, dass

(1) der Nachweis eines zur Verursachung des Unfalls geeigneten äußeren Ereignisses geführt wird, bei dem es sich nicht um ein Verhalten des Fahrers oder den Zustand der technischen Einrichtungen seines Fahrzeugs handeln darf,

(2) die Ursächlichkeit dieses Ereignisses für den Unfall unter Ausschluss solcher Faktoren feststeht, die nach §§ 7, 17 StVG zu einer Haftung führen würden,

(3) der Unfallbeteiligte den Nachweis zu führen vermag, dass er das nach (1) und (2) als unfallursächlich feststehende Ereignis auch durch Anwendung der erhöhten Sorgfalt nicht hätte abwenden können, wie sie von einem sog. Idealkraftfahrer zu verlangen gewesen wäre.

Auch nach diesen Einzelvoraussetzungen ist der Beklagten hier jedoch der Nachweis eines für den Beteiligten „…“ unabwendbaren Ereignisses gelungen.

(1) Die Beklagte hat den Nachweis zu führen vermocht, dass im Bereich der Unfallörtlichkeit ein Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG vorgelegen hat. Denn zur Überzeugung des Gerichts steht aufgrund der Angaben des Zeugen POK „…“ fest, dass sich im Bereich der Unfallstelle auf der Fahrspur des Fahrers „…“

(2) eine ausgedehnte Ölspur befunden hat.

(2) Es steht ferner auch fest, dass diese Ölspur unfallursächlich geworden ist.

(a) Insoweit gilt folgendes: Dem Nachweis eines unabwendbaren Ereignisses steht noch nicht entgegen, dass sich der Unfallhergang nicht in allen Einzelheiten hat aufklären lassen, sondern die theoretische Möglichkeit verbleibt, es könne außerhalb der für ein unabwendbares Ereignis nach § 17 Abs. 3 StVG in Betracht kommenden Ursache noch einen anderen Umstand gegeben haben, der anstelle dieses Ereignisses oder daneben für den Unfall (mit-)ursächlich geworden ist. Denn im Zivilprozessverfahren ist der Richter an die Behauptungen der Parteien und die in diesem Rahmen getroffenen Feststellungen gebunden. Es ist deshalb Sache des Beweisgegners derjenigen Partei, welche eine Unabwendbarkeit behauptet, solche alternativen Ursachenfaktoren aufzuzeigen, die statt des vom Beweisführer behaupteten Ereignisses den Unfall verursacht haben sollen. Sind diese anderen Verursachungsfaktoren widerlegt, so scheiden sie als Beurteilungsgrundlage aus. Die Prüfung, ob der Beweis der Unvermeidbarkeit geführt ist, hat sich sodann auf die tatsächlich festgestellten Umstände unter Ausschluss solcher Umstände zu beschränken, die zwar generell und theoretisch als Ursache in Betracht gekommen wären, aber vom Beweisgegner der Partei, die sich auf § 17 Abs. 3 StVG beruft, nicht konkret behauptet worden sind oder widerlegt werden konnten (vgl. BGH, Urteil vom 09.06.1959 – VI ZR 137/58 -, VersR 1959, 804; BGH, Urteil vom 28.04.1964 – VI ZR 40/63 -, VersR 1964, 753; BGH, Urteil vom 17.02.1970 – VI ZR 135/68 -, VersR 1970, 423).

(b) Nach diesem Maßstab ist hier auch der Beweis dafür erbracht, dass die im Bereich der Unfallstelle vorhandene Ölspur die Unfallursache gewesen ist.

Der Zeuge POK „…“ hat die Beschaffenheit der Ölspur ausweislich des Protokolls über seine Vernehmung im Termin vom 10.08.2011 so geschildert, dass sie sich im Bereich der Unfallörtlichkeit über nahezu die gesamte Breite der Straße gezogen habe. Das schließt aus, das Fahrzeug des Beteiligten „…“ könne von der Fahrbahn in einem Bereich abgekommen sein, wo der Fahrbahnbelag von diesem Ölfilm frei gewesen ist. Der Zeuge POK „…“ hat im Termin vom 10.08.2011 zudem anschaulich geschildert,  dass er die Straßenoberfläche in einem deutlich erhöhten Ausmaß rutschig vorgefunden habe.

Der Sachverständige Dipl-Ing. „…“ ist in seinem im polizeilichen Ermittlungsverfahren erstatteten Gutachten aus technischer Sicht gleichfalls zu dem Ergebnis gelangt, dass die Ölspur als nächst liegendste Unfallursache anzusehen ist. Andere Ursachen für das Abkommen des Fahrers „…“ von der Fahrbahn hat er nicht festzustellen vermocht. So fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass eine mangelhafte technische Beschaffenheit der beteiligten Fahrzeuge unfallursächlich geworden sein könnte. Anzeichen für einen vorausgegangenen Alkoholkonsum haben sich für keinen der beteiligten Fahrzeuge ergeben. Der Sachverständige hat ferner auch auszuschließen vermocht, dass eine Verletzung der Anschnallpflicht unfallursächlich geworden sein könnte.

Die vom Kläger sonst vorgetragenen alternativen Ursachen sind widerlegt und daher ausgeräumt.

Als alternative Ursache hat der Kläger zunächst ins Feld geführt, das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug habe sich der Unfallstelle von vornherein mit überhöhter Geschwindigkeit angenähert. Diese Ursache scheidet hier jedoch aus. Der Sachverständige „…“ ist in seinem in dem polizeilichen Ermittlungsverfahren erstatteten Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, die vorkollisionäre Geschwindigkeit des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs habe maximal im Bereich zwischen 41 und 49 km/h gelegen. Örtlich zulässig waren wegen einer angeordneten Geschwindigkeitsbeschränkung maximal 50 km/h.

Der Kläger hat dem entgegen gehalten, es bleibe die Möglichkeit bestehen, dass das Fahrzeug zuvor wegen deutlich überhöhter Geschwindigkeit von der Fahrbahn abgekommen und in die Böschung gerutscht sei; von dort sei es nach einem hierdurch bedingten Geschwindigkeitsabbau auf die eigene Richtungsfahrbahn und sodann in die Fahrspur des Klägers gerutscht. Dies lässt sich aber gleichfalls sicher ausschließen. Konkrete Spuren dafür, dass das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug in dieser Weise von der Fahrspur abgekommen sein könnte, sind nach Beurteilung des Sachverständigen Dipl-Ing. den von der Unfallstelle bei der polizeilichen Unfallaufnahme gefertigten Lichtbildern nicht zu entnehmen gewesen. Sie ergeben sich auch nicht aus der Wahrnehmung des Klägers, das gegnerische Fahrzeug sei auf ihn zugeschleudert. Diese Wahrnehmung hat der Sachverständige Dipl-Ing. „…“ in der vom Gericht eingeholten Ergänzung seines Gutachtens vom 20.09.2011 nachvollziehbar damit erläutert, dass beim Verlassen der Fahrspur durch das Fahrzeug „…“ ein Teil der rechten Fahrzeughälfte dieses Fahrzeugs für den Kläger sichtbar geworden ist und dem Kläger dies aus seiner Sichtrichtung wie ein Schleudern des Fahrzeugs „…“ erschienen ist.

Von dem Zeugen POK „…“, der im Rahmen der Unfallermittlungen die Unfallstelle untersucht hat, sind an der Unfallstelle Spuren, die auf ein solches Abkommen des Fahrzeugs „…“ in die Böschung hindeuten könnten, nicht bemerkt worden. Der Kläger kann insoweit auch nichts daraus für sich herleiten, dass der Zeuge allerdings eingeräumt hat, er habe hierauf auch nicht sonderlich konkret geachtet. Damit bleibt zwar die theoretische Möglichkeit, der Zeuge habe solche – aus den Lichtbildern aber nicht ersichtliche – Spuren vor Ort übersehen. Solche völlig theoretischen, aber durch konkrete Anhaltspunkte nicht gestützte Alternativursachen zu einem als mögliche Unfallursache feststehenden, auf seine Unabwendbarkeit zu prüfenden Ereignis haben aber gemäß § 286 ZPO bei der Beweiswürdigung beiseite zu bleiben.

Der Kläger kann insoweit auch nichts daraus für sich herleiten, dass der Sachverständige aus wissenschaftlicher Sicht das Vorliegen sonstiger Unfallursachen nicht mit letzter Gewissheit auszuschließen vermocht hat. Zwar hat der Sachverständige auf die Möglichkeit hingewiesen, es könne ein Schleudervorgang des Beteiligten „…“ vorgelegen haben, die sich nicht in konkreten Spuren im Unfallbereich niedergeschlagen haben müsse. Das Fahrzeug des Beteiligten „…“ sei mit einem ABS-System ausgestattet gewesen, so dass ein Brems- oder Schleudervorgang nicht notwendig anhand von Spuren auf der Fahrbahn feststellbar bleiben müsse. Wo nichts anderes als die Denkmöglichkeit für eine Unfallursache spricht, dass sie völlig spurlos und nachträglich nicht mehr feststellbar eingetreten sein kann, muss aber auch dies jedenfalls dann unberücksichtigt bleiben, wenn alternativ dazu – wie hier – eine ohne weiteres zur Verursachung des Unfalls geeignete, nahe liegende Ursache wie der festgestellte Ölfilm vorliegt, der den Unfallhergang schon für sich genommen und ohne Hinzutreten weiterer Umstände zu erklären vermag. Das Gericht hat nach allem keine Zweifel, dass der im Fahrbahnbereich vorhandene Ölfilm den Unfall unter Ausschluss aller anderen – nicht durch Anhaltspunkte belegten – Möglichkeiten verursacht hat.

(3) Der Beklagten ist schließlich auch der Nachweis gelungen, dass der Fahrer „…“ das somit als unfallursächlich feststehende Geschehen, nämlich sein Abkommen von der Fahrbahn infolge einer dort befindlichen, ausgedehnten Ölspur nach dem für § 17 Abs. 3 StVG maßgeblichen, erhöhten Sorgfaltsmaßstab nicht hätte abwenden können. Die Unabwendbarkeit gemäß § 17 Abs. 3 StVG bezeichnet, entsprechend den zuvor schon bei § 7 Abs. 2 StVG a.F. anerkannten Maßstäben, nicht die absolute Unvermeidbarkeit des schadensstiftenden Ereignisses (vgl. BGH, Urteil vom 20.09.1966 – VI ZR 16/65 -, VersR 1966, 1076). Vielmehr darf Unabwendbarkeit auch dann bejaht werden, wenn zwar – rückschauend – der Unfall bei einem anderen Verhalten möglicherweise vermieden worden wäre, dieses Verhalten aber nicht einmal von einem Fahrer zu verlangen gewesen wäre, der eine über die gewöhnliche Verkehrssorgfalt hinausgehende, gesammelte Aufmerksamkeit, Umsicht und Geistesgegenwart zeigt (vgl. BGH, Urteil vom 09.06.1959 – VI ZR 137/37 -, VersR 1959, 804). Auch bleibt unschädlich, dass das unabwendbare Ereignis seine Ursache – auch – in einem Betriebsvorgang des Fahrzeugs hat. Es muss sich also nicht um eine völlig außerhalb des Betriebs liegende Ursache handeln, wie dies von der höheren Gewalt im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG erfordert wird, vielmehr kann ein unabwendbares Ereignis etwa auch vorliegen, falls das Fahrzeug wegen eines besonders glatten Belags ins Rutschen gekommen war, dies aber vom Fahrer auch bei äußerster Sorgfalt nicht hätte verhindert werden können (vgl. BGH, Urteil vom 26.01.1960 – VI ZR 203/58 -, VersR 1960, 403 <404>). Befindet sich auf der Fahrbahn eine Ölspur und kommt der Fahrer dadurch ins Rutschen, kann deshalb auch darin ein für ihn unabwendbares Ereignis jedenfalls dann liegen, wenn er diese Ölspur auch bei der von § 17 Abs. 3 StVG geforderten erhöhten Sorgfalt nicht rechtzeitig hätte bemerken können (vgl. LG Köln, v. 09.04.1965 –  9 O 20/65 -DAR 1965, 328f.).

Die Frage ist hier also angesichts der Feststellung des Sachverständigen, dass der Unfall bei einer Ausgangsgeschwindigkeit des Fahrers „…“ im Bereich unterhalb der durch die Ölspur bedingten Kurvengrenzgeschwindigkeit von 42 km/h vermeidbar gewesen wäre, dahin zu stellen, ob der Fahrer „…“ in der konkreten Unfallsituation jedenfalls bei erhöhter Aufmerksamkeit Anlass gehabt hätte, mit dem Vorhandensein einer Ölspur auf der Fahrbahn und dadurch bedingter gesteigerter Rutschigkeit des Belags zu rechnen und sich in seinem Fahrverhalten darauf einzustellen, als er sich der Kurve annäherte, in der es sodann zu dem Zusammenstoß der beteiligten Fahrzeuge kam. Diese Frage ist hier zu verneinen.

Nach den Angaben des in der mündlichen Verhandlung vom 10.08.2011 gehörten Zeugen POK „…“ hat sich im Bereich der Kurve, dabei schon etwas vor ihrem Beginn feststellbar, auf der Straße ein Ölfilm befunden, der allerdings auch für den Zeugen POK „…“ bei der polizeilichen Unfallaufnahme nicht sogleich wahrnehmbar gewesen ist. Der Zeuge hat die Ölspur in seiner Vernehmung im Termin vom 10.08.2011 ihrer Beschaffenheit dahin geschildert, dass es sich um einen latent vorhanden, nicht sogleich wahrnehmbaren Ölfilm gehandelt habe. Dieser sei zunächst gar nicht einfach zu sehen gewesen; er habe den Ölfilm nur wahrnehmen können, weil dann die Kollegen mit dem Feuerwehrwagen entsprechend vor ihm die Straße ausgeleuchtet hätten. Dies sei dabei mit dem Oberlicht des Feuerwehrfahrzeugs geschehen; er, der Zeuge, gehe davon aus, dass für die Fahrer der Beteiligten Fahrzeuge diese Ölschicht nicht zu sehen gewesen sei. Da die beteiligten Fahrzeuge zwar mit Fernlicht/Abblendlicht, aber nicht mit solchen Oberlichtern ausgestattet gewesen sind und selbst dem Zeugen POK „…“, der die Unfallstelle zu Fuß untersucht hat, der Ölfilm zunächst nicht aufgefallen ist, fehlt somit jeder Anhaltspunkt dafür, dass der Beteiligte „…“ den Ölfilm gleichwohl rechtzeitig hätte bemerken können. Insbesondere hat auch der Kläger nichts dazu geschildert bzw. vorgetragen, dass er diesen Ölfilm an der Unfallstelle bemerkt hätte. Hinzu kommt, dass die Straße bei Untersuchung durch den Zeugen POK „…“ infolge Regenfalls nass gewesen ist. Ob diese Nässe bereits im Unfallzeitpunkt oder erst danach hinzugekommen war, hat der Zeuge zwar nicht festzustellen vermocht und ist daher ungeklärt. Jedoch kommt es auch darauf nicht an. Die vom Zeugen geschilderte Nässe war, wie sich auch den Fotoaufnahmen der Unfallaufnahme entnehmen lässt, keinesfalls so beschaffen, dass sie dem Beteiligten „…“ einen Anlass hätte geben müssen, seine Geschwindigkeit zu reduzieren. Jedenfalls hat dies auch der Kläger nicht geltend gemacht, sondern sieht auch selbst allein eine Überschreitung der örtlich zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h durch den Beteiligten „…“ als mögliche Alternativursache für den Unfall an. Dass Straßennässe eine mögliche Unfallursache gewesen sein könnte, liegt zudem auch aus technischer Sicht völlig fern; sie ist etwa auch von dem Sachverständigen Dipl-Ing. „…“ in keiner Weise als mögliche Unfallursache in Betracht gezogen worden.

Das Gericht ist hiernach davon überzeugt, dass auch der Beteiligte „…“ die Ölspur selbst dann nicht rechtzeitig hat bemerken können, wenn er sich der Unfallstelle mit der gesteigerten Aufmerksamkeit angenähert hat, wie sie nach § 17 Abs. 3 StVG gefordert ist. Wenn der Kläger geltend macht, ein Idealkraftfahrer müsse sich jederzeit auf das Vorhandensein einer – optisch nicht bemerkbaren – Ölspur einstellen, werden die Anforderungen hingegen überspannt. Mit nicht bemerkbaren Hindernissen muss ein Kraftfahrer vielmehr auch nach dem Sorgfaltsmaßstab des § 17 StVG nicht rechnen, wo auch sonst nichts für ihr Auftreten spricht. Insbesondere gefährdende Ölspuren treten im Straßenverkehr keineswegs derart häufig auf, dass sich ein sog. „Idealkraftfahrer“ darauf jederzeit gefasst machen und einstellen müsste; es gilt insoweit anderes als etwa dort, wo spielende Kinder am Straßenrand bemerkbar werden oder sonst konkreter Anlass besteht, mit plötzlich auftretenden Gefahren zu rechnen.

Da der Beklagten somit auch insgesamt der Nachweis eines unabwendbaren Ereignisses gelungen ist, scheidet auch eine Haftung im Umfang der einfachen Betriebsgefahr nach §§ 7, 17 StVG hier aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 48 GKG, 3 ZPO und folgt der vorläufigen Festsetzung vom  04.10.2010, gegen die von den Parteien Bedenken nicht erhoben worden sind.

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