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Feststellung von Schäden nach Verkauf des Fahrzeugs – Schadensersatz

AG Hamburg-Barmbek, Urteil vom 19.02.2016, Aktenzeichen: 821 C 228/13

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.265,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.5.2011 sowie 57,23 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten auf 661,16 € für die Zeit vom 7.10.2011 bis 22.1.2014 sowie auf 57,23 € seit dem 23.1.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung der Klägerin in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt als Rechtsnachfolgerin des ursprünglichen Klägers Zahlung restlichen Schadensersatzes nach einem Verkehrsunfall.

Feststellung von Schäden nach Verkauf Der verstorbene Ehemann der Klägerin und ursprüngliche Kläger war als Eigentümer des Kfz R. mit dem amtlichen Kennzeichen … Beteiligter eines Verkehrsunfalls am 21.9.2010, den der Fahrer des seinerzeit bei der Beklagten haftpflichtversicherte Kfz mit dem amtlichen Kennzeichen … allein verursachte. An dem R. entstand ein Sachschaden, dessen Reparaturaufwand der Sachverständige S. mit 4.387,70 € brutto ermittelte, Anlage K 14. Der Ehemann der Klägerin gab das Fahrzeug in Zahlung für 7.500,– € beim Autohaus W., welches es danach instandsetzte. Die Beklagte beglich die Reparaturrechnung nebst Wertminderung in Höhe von 4.643,46 €. Der Ehemann der Klägerin erwarb ein Neufahrzeug für knapp 21.700,– € brutto. Das Unfallfahrzeug veräußerte das Autohaus W. Ende Dezember 2010 an den Zeugen … S.. Bereits Anfang Januar 2011 bemängelte der Zeuge Geräusche im Achs- und Lenkungsbereich bei starkem Lenkeinschlag, deren Ursache erst im Februar 2011 als Schaden an der Antriebswelle ermittelt werden konnte. Das Autohaus W. reparierte den Schaden und stellte dem Ehemann der Klägerin 1.265,51 € brutto in Rechnung, die dieser beglich. Der Klägervertreter machte am 28.10.2010 und am 14.2.2011 die entstandenen Schäden nebst Rechtsanwaltskosten geltend und mahnte die Zahlung unter dem 2.5. und 15.8.2011 an, Anlagen K 5 bis K 7. Unter dem 4.10.2011 rechnete die Beklagte den Schaden ab und zahlte in der Zeit vom 30.9.2011 bis 4.11.2011 alle geltend gemachten Positionen mit Ausnahme der Rechtsanwaltskosten und der Reparaturkosten für die Antriebswelle. Die Rechtsanwaltskosten beglich die Beklagte teilweise mit 603,93 € nach Klagerhebung am 22.1.2014. am 24.10.2013 beauftragte der ursprüngliche Kläger den Gutachter mit der Ermittlung des Wiederbeschaffungswerts. Dafür stellte der Sachverständige 95,20 € brutto in Rechnung.

Die Klägerin trägt vor, der Schaden an Antriebswelle sei auf den streitgegenständlichen Unfall zurück zu führen.

Die Klägerin beantragt, nachdem die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der vorge3richtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 603,93 € übereinstimmend für erledigt erklärt haben, an die Klägerin 1.265,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.5.2011 sowie 57,23 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten auf 661,16 € für die Zeit vom 7.10.2011 bis 22.1.2014 sowie auf 57,23 € seit dem 23.1.2014 und weitere 95,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat Beweis erhoben über die Unfallbedingtheit des weiteren Schadens durch Einholung eines Sachverständigengutachtens und die Vernehmung des Zeugen … S. Als Gutachter ist der Sachverständige Dipl.-Ing W. bestellt worden. Hinsichtlich des Beweisergebnisses wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen vom 22.7.2015 und die Sitzungsniederschrift vom 22.1.2016 Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Tatsachenvortrag der Parteien in den gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist tenorierten Umfangs begründet und hat lediglich hinsichtlich der weiteren Sachverständigenkosten keinen Erfolg.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit im Hinblick auf die nachträglich gezahlten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten übereinstimmend für erledigt erklärt haben, bedarf es der Darstellung der Entscheidungsgründe nicht.

Die Klägerin hat Anspruch auf restlichen Schadensersatz in Höhe der weiteren Reparaturkosten wegen der Beschädigung der Antriebswelle bei dem streitgegenständlichen Unfall vom 21.9.2010.

Die Klägerin ist als Alleinerbin des ursprünglichen Klägers aktivlegitimiert und hat den Rechtsstreit aufgenommen.

Die 100prozentige Haftung der Beklagten für die Verursachung des Unfalls ist ebenso wie die Kosten für die Reparatur der Antriebswelle unstreitig. Die hier geltend gemachten Kosten für die Reparatur der Antriebswelle stellen eine sogenannte Schadenserweiterung dar, die die Klägerin jedenfalls nach Abtretung der Forderung seitens des Autohauses W. im eigenen Namen geltend machen kann. Auf die Weiterveräußerung respektive die Inzahlunggabe des beschädigten oder instandgesetzten Fahrzeugs kommt es nicht an. Auch wenn der ehemalige Eigentümer das Fahrzeug weitergenutzt hätte, stünde ihm der erweiterte Schadensersatz zu. Danach ist er auch nach einer Weiterveräußerung nicht anders zu stellen, als hätte er das Fahrzeug selbst genutzt.

Der Schaden an der Antriebswelle beruht auf dem streitgegenständlichen Unfall. Das steht zur Überzeugung des Gerichts nach Einholung des Sachverständigengutachtens, dem das Gericht folgt und auf das zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, sowie der Aussage des Zeugen … S. für die gleiches gilt, fest.

Der Sachverständige hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Beschädigung der Antriebswelle mit hoher Wahrscheinlichkeit bei dem Unfall eingetreten ist. Aus den ausgewerteten Fotos des verunfallten Fahrzeugs ergibt sich ein rechtwinkliger bzw. sehr schräger Anstoß am rechten Vorderrad/Radlauf. Die Radeinstellungen sind nicht mehr parallel. Danach ergibt sich eine Abweichung der Spurweiten von ca. 5° und mithin eine Achsverformung, die durch eine hohe axiale Belastung wahrend des Anstoßes verursacht worden ist. Dabei ist es ohne weiteres möglich, die Lager der Antriebswellen zu beschädigen, die auf derartige seitliche Belastungen nicht ausgelegt sind. Wenngleich die Originalantriebswelle nicht mehr zur Begutachtung vorgelegen hat, hat der Sachverständige eine Schädigung durch Laufleistungsbedingten Verschleiß ausgeschlossen in Anbetracht der geringen Laufleistung von knapp 10.000 km zum Unfallzeitpunkt, bzw. zum Zeitpunkt des Auftretens der Geräusche.

Allein ein Materialfehler oder ein Unfall nach Verkauf an den Zeugen Herrn S. und die letztlich erfolgte Reparatur käme nach Ansicht des Sachverständigen noch als Schadensursache in Betracht.

Der Sachverständige hat die vorhandenen Anknüpfungstatsachen vollständig verwertet und gewürdigt und soweit erforderlich Zusatztatsachen ermittelt. Seine Schlussfolgerungen sind plausibel und nachvollziehbar. Verstöße gegen Denkgesetze oder Regeln der Technik sind nicht ersichtlich und werden von den Parteien auch nicht geltend gemacht. Die Kompetenz des Sachverständigen zur Beantwortung der Beweisfrage ist gerichtsbekannt und von den Parteien nicht in Zweifel gezogen worden.

Ein zwischenzeitlicher Unfall mit ähnlichem Verlauf wie der streitgegenständliche in der Zeit zwischen Erwerb des Kfz durch den Zeugen S. und der nachfolgenden Reparatur kann nach dessen Aussage ebenfalls ausgeschlossen werden. Der Zeuge hat klar und deutlich bekundet, dass es in der Zwischenzeit nicht zu einem Schadensereignis gekommen ist. Anhaltspunkte für Erinnerungs- oder Wahrnehmungsfehler oder gar die bewusste Unwahrheit seiner Aussage liegen nicht vor. Dies gilt um so mehr als der Zeuge die Geräusche, die schließlich auf die Beschädigung der Antriebswelle hindeuteten, bereits nahezu unmittelbar nach dem Kauf bei der Verkäuferin moniert hat. Hätte diese frische Unfallspuren im Zusammenhang mit der Mangelmeldung festgestellt, erscheint es ausgeschlossen, dass sie den Schaden zunächst auf eigene Kosten repariert hätte.

Der von dem Sachverständigen ebenfalls als mögliche Ursache genannte Materialfehler ist mit dem notwendigen Grad an Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Notwendig ist eine Wahrscheinlichkeit, die vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie endgültig verstummen zu lassen. Der Ehemann der Klägerin hat im Mai 2008 einen Neuwagen erworben, der zum Zeitpunkt des Unfallereignisses 2 Jahre und 4 Monate alt gewesen ist. Zwar hat der Sachverständige ausgeführt, Schäden an Antriebswellen machten sich nicht unmittelbar, sondern zunächst nur bei starkem Lenkeinschlag geräuschlich bemerkbar. Dass der Ehemann der Klägerin während der 2 Jahre und 4 Monate und den 10.000 gefahrenen Kilometern keinen starken Lenkeinschlag vorgenommen hat und ihm eine Geräuschentwicklung nicht aufgefallen wäre, kann nicht angenommen werden. Danach hätte es nahegelegen die Gewährleistungsrechte in Anspruch zu nehmen, statt ein schadhaftes Fahrzeug mit Geräuschen weiterzufahren.

Einen weitergehenden Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Gutachterkosten für die nachträgliche Ermittlung des Wiederbeschaffungswerts hat die Klägerin nicht. Die Einholung des Gutachtens war obsolet. Es liegt auch für einen Laien auf der Hand, dass bei einem nahezu neuwertigen Fahrzeug mit einem Anschaffungswert von über 20.000,– € und nachgewiesenen Reparaturkosten von etwa 5.000,– € eine Schadenserweiterung um ca. 1.300,– € keinen wirtschaftlichen Totalschaden zur Folge hat und damit eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis ausscheidet.

Die Klägerin hat Anspruch auf Ausgleich des Verzugsschadens. Danach kann sie restliche vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten verlangen. Die sind richtig berechnet.

Weiterhin hat die Beklagte den Zinsschaden ab Verzugseintritt zu erstatten, §§ 286, 288 BGB. Trotz Aufforderung hat die Beklagte die Reparaturkosten nicht erstattet und hat sich mit der Zahlung zum tenorierten Zeitpunkt in Verzug befunden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 a, 92 Abs. 2 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat die Beklagte die Kosten zu tragen. Mit der Zahlung nach Klagerhebung hat die Beklagte den Anspruch letztlich anerkannt. Einwendung hat sie nicht erhoben. Die Zuvielforderung der Klägerin ist geringfügig.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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