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Erstattung von UPE-Aufschlägen und Verbringungskosten bei fiktiver Abrechnung

AG Offenburg – Az.: 1 C 18/13 – Urteil vom 14.02.2014

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.916,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.333,52 € seit 08.12.2012 und aus weiteren 582,75 € seit 02.07.2013 sowie weitere 331,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.12.2012 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 8 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 92 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Beschluss

Der Streitwert wird bis zum 02.07.2013 2.570,99 € und für die Zeit danach auf 3.153,74 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich am 04.11.2012 gegen 22:20 Uhr in Offenburg ereignete.

Unfallbeteiligt war das im Unfallzeitpunkt von der Zeugin … geführte klägerische Fahrzeug der Marke Opel Signum, amtliches Kennzeichen …, sowie ein von dem Beklagten Ziff. 1 geführtes Fahrzeug der Marke Ford Mondeo, welches bei der Beklagten Ziff. 2 haftpflichtversichert ist. Die Erstzulassung des klägerischen Fahrzeugs war am 02.07.2007 erfolgt. Im Unfallzeitpunkt fuhr die Zeugin … mit dem klägerischen Fahrzeug vor dem Hauptbahnhof in Offenburg in eine der dort rechts befindlichen Parkbuchten ein. Der Beklagte hatte sein Fahrzeug auf einer dieser Parkbuchten abgestellt.

Aufgrund einer telefonischen Mitteilung eines Mitarbeiters der Beklagten Ziff. 2 übersandte der Klägervertreter der Beklagten Ziff. 2 mit Schreiben vom 28.11.2012 die amtliche Ermittlungsakte.

Mit der Klage verfolgt der Kläger folgenden Schaden:

Reparaturkosten It. Gutachten netto 2.003,09 €

Gutachterkosten 482,90 €

Unkostenpauschale 25,00 €

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten 316,18 €

Kosten der Aktenversendung an die Beklagte Ziff. 2 58,41 €.

Mit Schriftsatz vom 21.06.2013, den Beklagten zugestellt am 01.07.2013, erweiterte der Kläger die Klage um 582,75 €. Hierbei handelt es sich um die Kosten der durchgeführten Reparatur eines bei dem Unfallereignis beschädigten Klimakondensators.

Ein großer Teil der Werkstätten in der Region verfügt über eine eigene Lackiererei. Teilweise bestehen zwischen Werkstätten und Lackierereien Vereinbarungen aufgrund derer Fahrzeuge kostenlos hin- und hertransportiert werden. Auch 10 %-ige UPE-Aufschläge sind in der Region nicht üblich.

Der Kläger behauptet, die Zeugin … habe ihr Fahrzeug, nachdem sie in die Parkbucht eingefahren sei, hinter dem Beklagtenfahrzeug angehalten. Der Beklagte habe dies übersehen. Er habe ausparken wollen und sei dabei rückwärts gegen das stehende Fahrzeug des Klägers gefahren. Das Unfallereignis sei für die Zeugin … unvermeidbar gewesen.

Soweit die Beklagten sich auf geringere Stundenverrechnungssätze berufen, sei ein solcher Verweis erstmals im Rahmen des Rechtsstreits erfolgt. Ein entsprechender Hinweis hätte jedoch bereits außergerichtlich erfolgen müssen. Auch könne eine Bindung des Geschädigten lediglich dann bestehen, wenn ihm außergerichtlich ein verbindlicher Kostenvoranschlag zur Verfügung gestellt worden wäre.

Nachdem der Kläger zunächst beantragte:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.570,99 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 08.12.2012 zu bezahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger nicht anrechenbare Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von von 316,18 € sowie Kosten für die Versendung der amtlichen Ermittlungsakte in Höhe von 58,41 € nebst Zinsen in Höhe von jeweils 5 % Punkten über dem Basiszinssatz aus den Einzelbeträgen seit 08.12.2012 zu bezahlen.

erweiterte er mit Schriftsatz vom 21.06.2013 die Klage und beantragte zuletzt:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.153,74 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz aus 2.570,99 € seit 08.12.2012 und aus 582,75 € seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger nicht anrechenbare Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 359,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 316,18 € seit 08.12.2012 und aus weiteren 43,32 € seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

3. Des weiteren werden die Beklagten verurteilt, die Kosten für die Versendung der amtlichen Ermittlungsakte in Höhe von 58,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 08.12.2012 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie tragen vor, nicht der Beklagte Ziff. 1 sei rückwärts auf das Fahrzeug des Klägers aufgefahren, sondern umgekehrt sei die Zeugin … mit dem klägerischen Fahrzeug auf das Beklagtenfahrzeug aufgefahren.

Im Übrigen könne der Kläger im Rahmen der fiktiven Abrechnung nicht die – in dem von ihm vorgelegten außergerichtlichen Gutachten zugrunde gelegten – Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Werkstatt zugrunde legen. Vielmehr lägen die konkreten Stundenverrechnungssätze örtlicher Werkstätten, wie zum Beispiel der Firma … in Offenburg, bei nur 82,00 € bzw. 85,00 €. Diese Firma hätte die Schäden am klägerischen Fahrzeug ohne weiteres gleichwertig beheben können. Es handele sich um einen Meisterbetrieb, der die Reparaturen unter Verwendung moderner Spezialwerkzeuge und Originalersatzteilen nach den Herstellerrichtlinien durchführe. Der Betrieb werden durch einen Verband bzw. eine Zertifizierungsstelle regelmäßig überprüft. Bei den Preisen handele es sich um allgemein zugängliche Preise und nicht um solche, die auf Vereinbarungen mit den Versicherern beruhten.

Die Beklagten sind weiter der Auffassung, dass die Kosten für die Kennzeichenbeschaffung sowie die Entsorgungskosten nicht fiktiv zu erstatten sind, so dass letztlich lediglich von einem Reparaturaufwand von 1.790,72 € auszugehen sei.

Das Gericht hat die Akten der Stadt Offenburg, Az.: 505.02.514275.0 sowie Az.: 505.02.514013.8 beigezogen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Desweiteren hat es den Beklagten Ziff. 1 informatorisch angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … sowie … und durch Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens zum Unfallhergang des Sachverständigen … . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2013 sowie vom 24.01.2013, wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist weit überwiegend begründet.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.916,27 € sowie weiteren 272,87 € + 58,41 = 331,28 € gemäß §§ 7Abs. 1, Abs. 2, 17 Abs. 1, Abs. 2, 18 Abs. 1 StVG, § 249 BGB (für den Beklagten Ziff. 1) in Verbindung mit §§ 1 PflVG, 115 Abs. 1 VVG (für die Beklagte Ziff. 2). Die Beklagten haften in voller Höhe.

1. Ein Fall höherer Gewalt gemäß § 7 Abs. 2 StVG lag ersichtlich nicht vor. Zur Bestimmung der Haftungsquoten sind daher die Verursachungsbeiträge der beteiligten Fahrzeuge gemäß §§ 17Abs. 1, 2 StVG gegenüberzustellen. Entscheidend ist das Maß der Verursachung, wobei zunächst die Betriebsgefahr der beteiligten Fahrzeuge einzustellen ist. Ein Verschulden des jeweiligen Fahrers führt zu einer Erhöhung der Betriebsgefahr. Dabei sind ausschließlich unstreitige, zugestandene oder erwiesene Tatsachen zugrunde zu legen (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage 2013, § 17 StVG Rn 31).

2. Die Betriebsgefahr eines Fahrzeugs bleibt außer Betracht, wenn dem Halter der Nachweis gelingt, dass der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG verursacht wurde. Unabwendbar ist ein Ereignis, das auch nicht durch die Anwendung äußerster Sorgfalt hätte vermieden werden können. Zur äußersten Sorgfalt gehört Berücksichtigung aller möglichen Gefahrenmomente. Der Fahrer muss auch erhebliche fremde Fehler berücksichtigen. Wer sich mit Erfolg auf die Unabwendbarkeit des Unfalls berufen will, muss sich wie ein „Idealfahrer“ verhalten haben (Hentschel, a. a. O., § 17 Rn 22; BGH, Urteil vom 13.12.2005, Az.: VI ZR 68/04, zitiert nach juris.de).

Dieser Nachweis ist keiner der Parteien nicht gelungen.

Das Gericht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Beklagte Ziff. 1, als Fahrer des Beklagtenfahrzeugs, im Zeitpunkt der Kollision rückwärts gefahren ist und dadurch auf das klägerische Fahrzeug gefahren ist. Zwar gaben sowohl der Beklagte Ziff. 1, als auch die Zeugen … und … im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung bzw. Zeugenvernehmung übereinstimmend an, dass das Beklagtenfahrzeug angehalten hatte und nicht rückwärts bewegt worden war.

Diese Aussagen sind jedoch nicht glaubhaft. Ihnen steht zum einen die Aussage der Zeugin … gegenüber, nach der sie selbst gerade im Einparken begriffen war, als das Beklagtenfahrzeug plötzlich zurücksetzte. Vor allem aber werden sie durch das mündlich erstattete Gutachten des Sachverständigen … widerlegt. Nach den in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben des Sachverständigen, denen sich das Gericht vollumfänglich anschließt, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass eine Rückwärtsfahrt des Beklagtenfahrzeugs vorlag. Bei dem vorliegenden Schadensbild hätte die Zeugin Zapf andernfalls aus einer völlig falschen Fahrbewegung auf das Heck des Beklagtenfahrzeugs auffahren müssen. Hierzu wäre ein völlig atypische Fahrverhalten erforderlich gewesen. Darüber hinaus hat der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2013 eindrücklich dargestellt, warum sich den konkreten Schäden entnehmen lässt, dass von einer Rückwärtsfahrt auszugehen ist. Das Schadensbild am Beklagtenfahrzeug wandert nämlich von der Bruchkontur nach außen. Wäre die Zeugin … auf das stehende Fahrzeug des Beklagten Ziff. 1 aufgefahren, hätte das Schadensbild nach innen wandern müssen. Zwar konnte der Sachverständige nicht ausschließen, dass beide Fahrzeuge in Bewegung waren, eine Rückwärtsbewegung des Beklagtenfahrzeug konnte er jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bejahen. Hätte der Beklagte Ziff. 1 bei der Rückwärtsfahrt die nach § 9 Abs. 5 StVO erforderlich Sorgfalt angewendet, wäre der Unfall ohne Zweifel vermieden worden.

Ebenso wenig steht jedoch zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Unfallereignis für die Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs unabwendbar war. Denn es ist nicht nachgewiesen, dass der Beklagte erst zu einem Zeitpunkt zurücksetzt, als die Zeugin … bereits in die Parklücke eingefahren war. Unter Umständen hätte sie bei gehöriger Aufmerksamkeit den oder die Rückfahrscheinwerfer des Beklagtenfahrzeugs wahrnehmen können. Dann wäre sie aufgrund der Rückwärtsfahrt des Beklagtenfahrzeugs erst gar nicht in die Parklücke eingefahren.

3. Der Umfang der Haftung der beteiligten Fahrzeughalter hängt vom Ergebnis der nach §§ 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge ab. Danach haftet der Halter des Beklagtenfahrzeugs in voller Höhe.

a) Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung nach § 17Abs. 1, 2 StVG ist auf beiden Seiten zunächst die von beiden Fahrzeugen ausgehende Betriebsgefahr zu berücksichtigen.

b) Desweiteren trifft den Beklagten Ziff. 1, als Fahrer des Beklagtenfahrzeugs ein Verschulden in Form eines Verstoßes gegen § 9 Abs. 5 StVO. Dass das Beklagtenfahrzeug rückwärts fuhr steht zur Überzeugung des Gerichts, wie gezeigt, fest. Nach § 9 Abs. 5 StVO muss sich der Fahrzeugführer beim Rückwärtsfahren so verhalten, das eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Die Norm ist im vorliegenden Fall anwendbar. Zwar ereignete sich der Verkehrsunfall auf einer seitlich zur Straße angelegten Parkbucht, während § 9 Abs. 5 StVO lediglich die besondere Sorgfaltspflicht gegenüber dem fließenden Verkehr regelt. Insofern ist jedoch zu beachten, dass die Anwendung von § 9 Abs. 5 StVO nur dort eingeschränkt oder ausgeschlossen ist, wo Teilnehmer des fließenden Verkehrs nicht gefährdet oder beschädigt werden (OLG Koblenz, Beschluss vom 09. November 1999 – 2 Ss 266/99 –, juris). Das klägerische Fahrzeug nahm im Zeitpunkt der Kollision jedoch noch am fließenden Verkehr teil. Die Zeugin … war nach ihren eigenen Angaben im Rahmen der Zeugenvernehmung noch im Einparken begriffen und hielt lediglich aufgrund der Rückwärtsfahrt des Beklagtenfahrzeugs zur Vermeidung einer Kollision an. Die Zeugin kam demnach aus dem fließenden Verkehr und beabsichtigte ihr Fahrzeug abzustellen. Es handelt sich folglich nicht um eine Kollision, an der allein Fahrzeuge im ruhenden Verkehr beteiligt waren.

c) Dagegen steht ein Verschulden der Zeugin … nicht fest. Zwar ist es nach den Angaben des Sachverständigen möglich, dass ihr Fahrzeug noch in Bewegung war. Nachgewiesen ist dies jedoch nicht. Ebenso wenig ist nachgewiesen, dass die Zeugin aufgrund der Rückfahrscheinwerfer bei gehöriger Aufmerksamkeit ihr Fahrzeug noch außerhalb der Parkbucht hätte anhalten können.

d) Angesichts der auf Seiten des klägerischen Fahrzeugs allenfalls anzusetzenden Betriebsgefahr und des schwerwiegenden Verstoßes des Beklagten Ziff. 1, erachtet das Gericht eine Alleinhaftung des Halters des Beklagtenfahrzeugs bzw. ein Zurücktreten der Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs für angemessen (Hentschel-König, a. a. O., § 9 Rn 55 a. E.).

4. Die volle Haftung des Beklagten Ziff. 1 folgt demnach aus § 18Abs. 1 S. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG. Den Entlastungsbeweis nach § 18 Abs. 1 S. 2 StVG hat er nicht geführt.

Die Haftung der Beklagten Ziff. 2 folgt aus §§ 7Abs. 1, Abs. 2, 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG, § 249 BGB in Verbindung mit §§ 1 PflVG, 115 Abs. 1 VVG.

a) Der Höhe nach kann der Kläger zunächst die Kosten in Höhe von 582,75 € für den reparierten Klimakondensator ersetzt verlangen. Dass dieser unfallbedingt beschädigt wurde, hat der Kläger unwidersprochen vorgetragen und wurde durch den Sachverständigen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2013 auch bestätigt.

Desweiteren sind die Gutachterkosten in Höhe von 482,90 € sowie die Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 € zu ersetzen.

b) Reparaturkosten kann der fiktiv abrechnende Kläger dagegen lediglich in Höhe von 1.825,62 € ersetzt verlangen.

aa) Abzuziehen sind von den im Gutachten der Sachverständigen … & … angenommenen Kosten in Höhe von 2.455,08 € (brutto)/2.063,09 € netto zunächst die Kosten für die UPE-Aufschläge in Höhe von 10 % (86,65 €) sowie für die Verbringungskosten (49,74 €).

Prozentuale Aufschläge auf Ersatzteilpreise, sog. UPE-Aufschläge, können auch bei der fiktiven Abrechnung verlangt werden, wenn und soweit sie regional üblicherweise anfallen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. Juni 2008 – I-1 U 246/07, 1 U 246/07, Rn 59 –, juris; KG Berlin, Beschluss vom 07. Januar 2010 – 12 U 20/09, Rn 23 –, juris). Nicht maßgeblich ist, ob die Kosten im konkreten Fall tatsächlich angefallen sind. Entscheidend ist, ob sie in der Region üblicherweise anfallen. Insofern haben die Beklagten – vom Kläger unwidersprochen – vorgetragen, dass diese Kosten in der Region üblicherweise nicht anfallen, da es viele Werkstätten gebe, die eine eigene Lackiererei haben bzw. die aufgrund Vereinbarungen mit Lackierwerkstätten eine kostenlose Verbringung ermöglichen. Der vom Klägervertreter aufgeworfene Hinweis auf den Umkehrschluss aus § 249 Abs. 2 S. 2 BGB geht insofern fehl. Dem Klägervertreter ist insoweit Recht zu geben, als dass es auf die tatsächliche Verbringung oder Zahlung von UPE-Aufschlägen nicht ankommt. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die entsprechenden Kosten in der Region nicht üblich sind.

bb) Die Kosten für die Kennzeichenbeschaffung (19,90 €) sowie die Entsorgungskosten (15,00 €) kann der Kläger dagegen ersetzt verlangen. Die Beklagten können sich insofern gerade nicht darauf berufen, dass diese Kosten lediglich dann zu ersetzen sind, wenn sie tatsächlich angefallen sind. Insofern ist es der fiktiven Schadensberechnung gerade immanent, dass nicht sämtliche abgerechneten Reparaturkosten tatsächlich anfallen. Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Geschädigte bei der Beschädigung einer Sache statt der Naturalrestitution des § 249 Abs. 1 BGB Geldersatz verlangen. Er kann dabei grundsätzlich das Integritätsinteresse ersetzt verlangen, das heißt den Geldbetrag, der zur Herstellung des Zustandes erforderlich ist, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Daneben ist der Geschädigte frei, d. h. er muss den ihm zustehenden Betrag nicht oder nicht vollständig für eine ordnungsgemäße Reparatur verwenden. Unterlässt er eine Reparatur, bleibt ein entsprechender Wertverlust des beschädigten Fahrzeugs bestehen (BGH, Urteil vom 19. Februar 2013 – VI ZR 69/12, Rn 9 –, juris, BGHZ 196, 190-195). Dass das Kennzeichen beschädigt wurde, folgt aus dem Gutachten der Sachverständigen … & …, welches insofern von den Beklagten nicht in Zweifel gezogen wurde. Es ergibt sich im Übrigen aus den beigezogenen Bußgeldakten bzw. den dortigen Lichtbildern. Vor diesem Hintergrund kann der Kläger die darauf entfallenden Kosten ersetzt verlangen, auch wenn er das Kennzeichen tatsächlich nicht hat reparieren lassen.

cc) Dagegen ist ein weiterer Abzug in Höhe von 101,08 € für die im Gutachten der Sachverständigen … & … zugrunde gelegten Stundenverrechnungssätze vorzunehmen.

Es handelt sich hierbei um Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt. Zwar kann der Kläger diese grundsätzlich ersetzt verlangen. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Schädiger nachweist, dass eine technisch gleichwertige Reparatur in einer günstigeren freien Werkstatt möglich und dem Geschädigten zumutbar ist.

Dass bei der … Karosseriebau- und Lackierwerkstätte GmbH, wie von den Beklagten vorgetragen, eine Reparatur zu Stundensätzen von 82,00 € für Karosseriearbeiten und 85,00 € für Lackierarbeiten anfallen, steht zur Überzeugung des Gerichts ebenso fest wie die Tatsache, dass bei der … Karosseriebau- und Lackierwerkstätte GmbH eine technisch gleichwertige Reparatur möglich ist.

Den hierzu vernommenen Zeugen … erachtet das Gericht aufgrund des in der Vernehmung gewonnenen persönlichen Eindrucks für glaubwürdig und die Aussage für glaubhaft. Der Zeuge ist Geschäftsführer der … Karosseriebau- und Lackierwerkstätte GmbH und damit in der Lage die Preise der von ihm geführten Firma widerzugeben. Der Zeuge hat auch bestätigt, dass es sich bei der Firma um einen Meisterbetrieb handelt, der mit Originalersatzteilen nach Herstellerrichtlinien arbeitet. Vor diesem Hintergrund und aufgrund der weiteren Angaben des Zeugen, dass der Betrieb Mitglied im Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF) sowie ISO-zertifiziert ist, und in der Lage ist eine gegenüber einer Fachwerkstatt mindestens gleichwertige Reparatur durchzuführen, ist das Gericht davon überzeugt, dass bei der … Karosseriebau- und Lackierwerkstätte GmbH eine technisch gleichwertige Reparatur möglich ist. Dass derzeit ein Meister für Lackierarbeiten nicht vorhanden ist, vermag an der Überzeugung des Gerichts nichts zu ändern. Der Zeuge … hat nachvollziehbar dargestellt, dass der von ihm geführte Betrieb dennoch in der Lage ist entsprechende Arbeiten technisch gleichwertig auszuführen.

Demnach sind für die Karosseriearbeiten 64,68 € und für die Lackierarbeiten 174,10 € von den im Gutachten der Sachverständigen … & … festgestellten Beträge abzuziehen. Gleichzeitig hat der Zeuge jedoch ausgesagt, dass bei Lackierarbeiten noch ein Materialzuschlag von 30 % hinzukommt. Dies sind 137,70 € (vgl. insoweit den von den Beklagten vorgelegten Prüfbericht, Anlage B 1, AS 97). Folglich ist insgesamt ein Abschlag von 174,10 € + 64,68 € – 137,70 € = 101,08 € vorzunehmen.

Der Auffassung des Klägers ein entsprechender Verweis habe bereits außergerichtlich erfolgen müssen bzw. dem Kläger hätte ein verbindlicher Kostenvoranschlag vorgelegt werden müssen, vermag das Gericht nicht zu folgen. Ein Verweis auf eine günstigere Werkstatt ist noch im Rechtsstreit möglich, sofern dem nicht prozessuale Gründe, wie die Verspätungsvorschriften, entgegen stehen (BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 – VI ZR 320/12 –, juris). Letzteres war hier nicht der Fall. Für den Geschädigten ist es nämlich im Prinzip unerheblich, ob und wann er auf eine alternative Reparaturmöglichkeit verwiesen wird. (BGH, a. a. O.).

Nichts anderes kann für die Frage geltend, ob dem Kläger ein verbindlicher Kostenvoranschlag hätte vorgelegt werden müssen. Wenn die Beklagten noch im Rahmen des Rechtsstreits auf eine alternative Werkstatt verweisen können, müssen sie außergerichtlich erst recht keinen verbindlichen Kostenvoranschlag vorlegen.

c) Demnach hat der Kläger einen Anspruch auf Ersatz folgender Schäden:

Reparaturkosten netto 1.825,62 €

Klimakondensator brutto 582,75 €

Gutachterkosten 482,90 €

Unkostenpauschale 25,00 €

Gesamt 2.916,27 €.

Ein weitergehender Anspruch besteht dagegen nicht, weshalb die Klage insoweit abzuweisen war.

d) Darüber hinaus kann der Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr nach Ziff. 2300 VV RVG, zzgl. Telekommunikationspauschale nach Ziff. 7002 VV RVG, zzgl. Mehrwertsteuer Ziff. 7008 VV RVG aus einem Geschäftswert bis zu 2.333,52 € verlangen. Dies entspricht 272,87 €.

Ein weitergehender Anspruch besteht nicht. Soweit der Klägervertreter aus einem höheren Streitwert abrechnet, ist dieser durch den hier zugesprochenen Betrag (2.333,53 €) begrenzt. Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten unter Berücksichtigung der Kosten der Reparatur des Klimakondensators sind dagegen nicht ersatzfähig, weshalb die Klage diesbezüglich abzuweisen war. Insoweit ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, dass der Klägervertreter außergerichtlich überhaupt tätig war.

Schließlich kann der Kläger von den Beklagten auch die ihm für die Aktenversendung durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten entstandenen Kosten in Höhe von 58,41 € ersetzt verlangen. Der Höhe nach wurde diese Position nicht angegriffen.

e) Der Zinsanspruch folgt für den ursprünglich mit der Klage geltend gemachte Hauptforderung aus §§ 288, 286 Abs. 1 BGB. Der Klägervertreter hatte mit Schreiben vom 28.11.2012 zur Zahlung aufgefordert und eine Frist auf den 07.12.2012 gesetzt. Ab dem 08.12.2012 schulden die Beklagten daher Verzugszinsen. Für die Kosten des Klimakondensators besteht ein Zinsanspruch aus §§ 291, 288 BGB. Die Zustellung erfolgte an den Beklagtenvertreter am 01.07.2013, weshalb Prozesszinsen ab dem 02.07.2013 geschuldet sind.

In Bezug auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie die Kosten der Aktenversendung folgt der Zinsanspruch ebenfalls aus §§ 288, 286 Abs. 1 BGB. Der Klägervertreter hatte im Schreiben vom 28.11.2012 auch diesen Betrag angemahnt.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Eine Entscheidung nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO kommt nicht in Betracht. Zwar war die Zuvielforderung des Klägers lediglich geringfügig (8 %). Sie hat aber aufgrund des Gebührensprunges bei 3.000,00 € nicht nur geringfügig höhere Kosten verursacht.

III.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt für den Kläger aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO und für die Beklagten aus §§ 708Nr. 11, 711 ZPO.

 

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