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Darlegungs- und Beweislast bei reparierten Vorschäden

LG Hannover – Az.: 73 O 12/19 – Urteil vom 18.12.2019

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten nach einem Verkehrsunfall vom 27. April 2018 auf der Bundesautobahn A2 in Höhe Hannover auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin ist Eigentümerin des beschädigten Pkw BMW mit dem amtlichen Kennzeichen …. Als der vom Fahrer …. – Geschäftsführer der Klägerin – gesteuerte BMW der Klägerin verkehrsbedingt anhalten musste fuhr der Pkw VW mit dem amtlichen Kennzeichen …, dessen Halterin die Beklagte zu 2) ist, hinten auf den BMW der Klägerin auf. Das Fahrzeug der Beklagten zu 2) ist bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversichert. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagten für den Schaden am Pkw BMW der Klägerin zu 100% eintrittspflichtig sind.

Bei dem Pkw BMW der Klägerin handelt es sich um einen BMW 318d Touring mit der Erstzulassung 10. Juni 2014. Zum Unfallzeitpunkt wies das Fahrzeug eine Laufleistung von 230.660 km auf und war durchgängig bei BMW scheckheftgepflegt.

Das Fahrzeug hatte im Jahr 2014 einen Unfallschaden im Heckbereich, wobei die Unfallreparaturkosten vom Sachverständigen … mit 8.659,70 € ermittelt wurden.

Bei einem Verkehrsunfall vom 16. September 2017 erlitt der BMW der Klägerin einen Heckschaden hinten links, wobei die Reparaturkosten vom Kfz-Sachverständigen … mit 2.567,75 € ermittelt wurden. Dieser Schaden wurde nicht repariert.

Nach dem streitgegenständlichen Unfall stellte die Klägerin den BMW erneut dem Sachverständigen … vor, der im Auftrag der Klägerin den Pkw untersuchte. Er stellte fest, dass der Vorschaden vom 16. September 2017 nicht repariert war. Der Sachverständige ermittelte Reparaturkosten von ca. 24.000 € und erachtete das Fahrzeug im Hinblick auf einen Wiederbeschaffungswert von 9.243,70 € als wirtschaftlichen Totalschaden.

Die Klägerin ließ das Fahrzeug gleichwohl reparieren. Der Sachverständige … bestätigte, dass das Fahrzeug repariert wurde. Hierfür bezahlte die Klägerin 83 €.

Mit der Klage begehrt die Klägerin Kosten für das Gutachten des Sachverständigen von 1.044 €, den Wiederbeschaffungswert von 11.000 € unter Anrechnung des Restwerts von 2.900 €, Nutzungsausfall von 910 € und eine Pauschale von 25 € sowie die Kosten der Reparaturbescheinigung von 83 €, mithin insgesamt 10.162,90 €.

Die Klägerin behauptet, die Vorschäden seien nicht verschwiegen, sondern repariert worden.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 10.162,90 € nebst 8% Zinsen über dem Basiszinssatz auf 10.079,90 € seit dem 23. Mai 2018 sowie auf weitere 83 € seit dem 11. August 2019 zu zahlen

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 805,20 € netto nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23. Mai 2018 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten lehnen letztlich eine Zahlungspflicht ihrerseits ab. Die Beklagten verweisen auf die beiden Vorschäden, die der BMW zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfalls gehabt habe. Die Beklagten behaupten, die jeweiligen Schäden überlagerten sich. Erhebliche Angaben der Klägerin dahingehend, dass die Schäden repariert seien, fehlten.

Die Berechnung des Wiederbeschaffungswerts durch die Klägerin sei zudem fehlerhaft, da die Klägerin vorsteuerabzugsberechtigt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage war als unbegründet abzuweisen.

Ein Anspruch auf Schadensersatz nach dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall vom 27. April 2018 steht der Klägerin gegenüber beiden Beklagten nicht zu. Zwar sind die Beklagten für den Schaden am Pkw der Klägerin grundsätzlich eintrittspflichtig (§§ 7 StVG, 115 VVG, 249 BGB), jedoch hat die Klägerin nicht dargelegt, dass die streitgegenständlichen Schäden laut Gutachten … vom 4. Mai 2018 auf dem Unfall vom 27. April 2018 beruhen.

Dabei lassen sich die Schäden vom Unfall vom 16. September 2017 zwar ausreichend vom streitgegenständlichen Unfall abgrenzen. Der in beiden Fällen tätige Sachverständige … hat auch die Schäden aus dem Jahr 2017 offensichtlich nicht in seine Schadensberechnung zum Unfall vom 27. April 2018 einbezogen. Zudem handelt es sich bei dem Schaden vom September 2017 um einen kleineren Schaden hinten links am Stoßfänger und beschränken sich die Reparaturkosten im Wesentlichen auf die Kosten für neue Stoßfänger nebst Lackier- und Montagearbeiten. Diese Kosten sind auch ersichtlich nicht in das Gutachten nach dem Unfall vom 27. April 2018 eingeflossen.

Es fehlt jedoch an einer Abgrenzung der Schäden zwischen den Unfall aus dem Jahr 2014 und dem streitgegenständlichen Unfall vom April 2018. Unstreitig handelte es sich bei dem Unfall aus dem Jahr 2014 – ebenfalls wie bei dem streitgegenständlichen Unfall – um einen Heckschaden mit Reparaturkosten von 8.659,70 €. Bei einem Schaden in dieser Größenordnung im Bereich des Hecks liegt auf der Hand, dass die Schäden sich realistischer weise überdecken können. Damit ist nicht klar, ob die nunmehr festgestellten Schäden laut Gutachten vom 4. Mai 2018 durchweg andere sind die des Unfalls aus dem Jahr 2014.

Die Klägerin hat zwar behauptet, die Vorschäden seien repariert worden und sich dazu auf das Zeugnis des … und Sachverständigengutachten bezogen. Das reicht jedoch nicht aus. Es ist nicht ersichtlich, welche Kenntnisse der als Zeuge benannte Geschäftsführer der Klägerin von der durchgeführten Reparatur haben könnte noch ist ersichtlich, welche Erkenntnisse ein Sachverständiger jetzt von dem Pkw gewinnen könnte, nachdem auch der Schaden vom 27. April 2018 jetzt repariert worden ist.

Jedenfalls hätte die Klägerin im Einzelnen darlegen müssen, welche Reparaturen sie hat durchführen lassen.

Die Klägerin hat im Termin zur mündlichen Verhandlung das Inserat bezüglich des streitgegenständlichen BMW, den Pkw-Kaufvertrag und die Rechnung vorgelegt. Aus dem Kaufvertrag geht hervor, dass das Fahrzeug Unfallschäden hatte: „diverse Bauteile, instandgesetzt & repariert“. Diese Angaben reichen jedoch nicht aus, um eine ordnungsgemäße Reparatur des Heckschadens nachzuweisen. Zwar kann man davon ausgehen, dass die Klägerin in Person ihres Geschäftsführers gutgläubig ein repariertes Fahrzeug erworben hat, was vorliegend jedoch nicht ausreicht.

Die nicht fehlende Zuordenbarkeit der Schäden zu den Unfällen führt dazu, dass die Klage insgesamt abzuweisen war. Das gilt für den vorliegenden Schaden, bei dem es sich um einen wirtschaftlichen Totalschaden handelt. Denn insoweit ist die Höhe des Wiederbeschaffungswerts abhängig vom Zustand des Fahrzeugs, wobei dieser Zustand nicht feststellbar ist. Die Kammer sieht keine Veranlassung, von der insoweit strengen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Celle abzuweichen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

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