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Kaskoversicherung – Verkehrsunfall im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit – Leistungskürzung

LG Dortmund

Az: 2 O 370/13

Urteil vom 27.02.2014

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt nach einem Streitwert von 7.794,54 EUR die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin hat bei der Beklagten eine Fahrzeugvollversicherung mit einer Selbstbeteiligung vom 300,00 EUR für einen geschlossenen Kastenwagen Citroen, amtliches Kennzeichen …, abgeschlossen. Dieses Fahrzeug steht im Eigentum der C Bank, die das versicherte Fahrzeug an den Ehemann der Klägerin verleast hat.

Am 00.00.2013 gegen 2.17 Uhr verunfallte der Ehemann der Klägerin mit dem versicherten Fahrzeug. Ausweislich der Ermittlungsakten kam der Ehemann der Klägerin auf trockener und beleuchteter Fahrbahn auf der B … in E von der Fahrbahn ab und prallte gegen einen Straßenbaum. Beim Eintreffen der Polizei schwankte er leicht und schien unter Alkoholeinfluss zu stehen. Eine Alkoholprobe der Atemluft ergab einen Wert von 1,39 ‰, die daraufhin veranlasste Blutalkoholprobe einen Mittelwert von 2,07 ‰. Mit diesen Erkenntnissen lehnte die Beklagte das Begehren der Klägerin auf Versicherungsleistung wegen der unfallbedingten Schäden am versicherten Fahrzeug ab.

Die Klägerin meint, die Beklagte sei zur bedingungsgemäßen Entschädigung verpflichtet, weil ihr Ehemann nicht ihr Repräsentant sei. Ob ein Leasingnehmer Repräsentant des Leasinggebers sei, könne dahinstehen, da sie – die Klägerin – das Fahrzeug nicht verleast habe.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.794,54  EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.07.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin, weil der Ehemann der Klägerin im Rahmen des Leasingvertrages seine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag an die Leasinggeberin abgetreten hat. Sie meint, zur Leistungskürzung auf Null berechtigt zu sein, da der den Schaden verursachende Ehemann der Klägerin Repräsentant der Leasinggeberin gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

I.

Die Klägerin kann von der Beklagten aus dem bestehenden Fahrzeugvollversicherungsvertrag keine Leistungen für die bei dem durch ihren Ehemann verursachten Verkehrsunfall vom 14.02.2013 entstandenen Schäden am versicherten Fahrzeug verlangen, da ihr Ehemann den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat, ihr – der Klägerin – das Verhalten ihres Ehemannes gemäß § 47 VVG zuzurechnen ist und die Schwere des Verschuldens des Ehemannes der Klägerin die Beklagte zu einer Leistungskürzung auf Null berechtigt.

1. Allerdings scheitert die Klage nicht an einer von der Beklagten gerügten Aktivlegitimation der Klägerin. Denn auch in der Fremdversicherung steht gemäß § 45 VVG sowie nach den üblicherweise vereinbarten AKB z. B. F.2 AKB 2008 – die Parteien haben zu den konkret vereinbarten AKB nichts vorgetragen – die Ausübung der Rechte nur dem Versicherungsnehmer mithin der Klägerin zu. Daran vermag die im Leasingvertrag vereinbarte Abtretung der Ansprüche des Ehemannes der Klägerin an die Leasinggeberin nichts zu ändern.

2. Die Beklagte ist gemäß § 81 Abs. 2 VVG allerdings nicht zur Leistung verpflichtet, da der Ehemann der Klägerin den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat. Denn der Ehemann der Klägerin ist nach dem unstreitigen Sachverhalt mit dem versicherten Fahrzeug im betrunkenem Zustand mit einer Blutalkoholkonzentration von mehr als 2,00 o/oo auf trockener und beleuchteter Fahrbahn von dieser abgekommen und gegen einen Straßenbaum geprallt. Das Führen eines Kraftfahrzeugs in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand ist grundsätzlich objektiv wie subjektiv als grob fahrlässig anzusehen. Auch im Versicherungsvertragsrecht gilt, dass ein Kraftfahrer mit einem Blutalkoholgehalt von 1,1 ‰ und höher absolut fahruntüchtig ist, so dass die Alkoholfahrt des Ehemannes der Klägerin – was diese auch nicht in Zweifel zieht – als grob fahrlässig anzusehen ist. Die Kausalität zum stattgefundenen Schaden am versicherten Fahrzeug verursachenden Unfall wir vermutet (Anscheinsbeweis).

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist ihr die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles zuzurechnen. Zwar kann eine Repräsentantenstellung ihres Ehemannes nicht festgestellt werden. Da die Klägerin kein Sachinteresse an dem für sie fremden Fahrzeug hat, käme ohnehin nur eine Repräsentantenstellung ihres Ehemannes im Rahmen der Vertragsverwaltung des Versicherungsvertrages in Betracht, für die zum einen keinerlei Anhaltspunkte bestehen und die zum anderen für den Versicherungsfall ohne jede Bedeutung wäre.

Die Zurechnung der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles durch ihren Ehemann auf die Klägerin erfolgt über § 47 Abs. 1 VVG. Danach sind bei einer Versicherung für fremde Rechnung auch das Verhalten des Versicherten zu berücksichtigen, wenn das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung ist. Diese Regelung hat zur Folge, dass eine den Versicherungsnehmer belastende Zurechnung des vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verhaltens des Mitversicherten erfolgt (OLG Karlsruhe, VersR 2013, 1123; OLG Hamm r + s 1996, 129; Maier in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl., AKB, F Rn. 18).

Bei der vorliegenden Kraftfahrtvollversicherung handele es sich um eine Fremdversicherung, in die auch der Ehemann der Klägerin als Leasingnehmer und mitversicherte Person einbezogen war. Denn die Kaskoversicherung, aus der die Klägerin ihre Ansprüche ableitet, deckt nicht nur das Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers (Interesse am Erhalt des Substanzwertes der versicherten Sache), sondern auch das Sachersatzinteresse desjenigen, der dem Eigentümer bei Beschädigung der versicherten Sache zum Ersatz verpflichtet sind (vgl. Klimke in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28. Aufl., § 43 Rn. 14 und 15). Daraus folgt, dass bei einer als Fremdversicherung genommenen Kaskoversicherung für ein geleastes Fahrzeug nicht nur das Sacherhaltungsinteresse des Leasinggebers, sondern auch das Sachersatzinteresse des Leasingnehmers mitversichert ist (Klimke in Prölss/Martin a.a.O., Rn. 45; Rixecker in Römer/Langheid, Versicherungsvertragsgesetz, 4. Aufl., § 43 Rn. 12; Maier in Stiefel/Maier, a.a.O.). Da der Ehemann der Klägerin als Leasingnehmer nach den von der Beklagten überreichten Leasingbedingungen – wie in Leasingverträgen üblich – für die Beschädigung des geleasten Fahrzeugs durch den Gebrauch desselben einzustehen hatte, war auch er als versicherte Person in den zwischen den Parteien bestehenden Kaskoversicherungsvertrag einbezogen, so dass die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles gemäß § 47 der Klägerin als Versicherungsnehmerin zuzurechnen ist.

3. Die der Klägerin zuzurechnende Trunkenheitsfahrt ihres Ehemannes führt zur Leistungsfreiheit der Beklagten gemäß § 81 Abs. 2 VVG. Danach ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen, wenn der Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt worden ist. Diese Leistungskürzungsbefugnis kann in Ausnahmefällen zu einer vollständigen Versagung der Versicherungsleistung führen (BGH VersR 2011, 1037). Eine solche Leistungskürzung auf Null kommt insbesondere bei einer Schadensverursachung infolge absoluter Fahruntüchtigkeit in Betracht, wenn die Abwägung aller Umstände des Einzelfalles die Trunkenheitsfahrt als ebenso schwerwiegend erscheinen lassen, wie die vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles, die gemäß § 81 Abs. 1 VVG mit Leistungsfreiheit des Versicherers sanktioniert wird. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass das Führen eines Kfz in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand zu den schwersten Verkehrsverstößen überhaupt gehört, die im Regelfall die Berechtigung des Versicherers nach sich zieht, die Leistung auf Null zu kürzen (BGH a.a.O.; OLG Stuttgart NJW-RR 2011, 185; OLG Hamm VersR 2011, 206; OLG Dresden VersR 2011, 205; LG Münster VersR 2011, 1037; Landgericht Tübingen ZFS 2010, 394). Die vom Gericht zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalles lassen auch vorliegend eine Leistungskürzung auf Null zu. Denn der Blutalkoholgehalt des Ehemannes der Klägerin lag mit 2,07 ‰ mehr als deutlich über der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 ‰. Irgendwelche Umstände, die ihren Ehemann entlasten könnten, hat auch die Klägerin nicht vorgebracht und sind aus dem vom Gericht zu berücksichtigendem Sachverhalt nicht ersichtlich.

II.

Somit ist die Beklagte nicht verpflichtet, der Klägerin aus dem bestehenden Kaskoversicherungsvertrag eine Entschädigung für die unfallbedingte Beschädigung des versicherten Fahrzeugs zu zahlen.

Die Klage musste vielmehr mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abgewiesen werden.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und deren Abwendung beruht auf §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

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