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Fahrzeugreparatur – Vergütungsanspruch der Werkstatt bei fehlendem Reparaturauftrag

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In dem Rechtsstreit wegen Vergütung einer Fahrzeugreparatur hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21.05.2015 für Recht erkannt:

1.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 5. Dezember 2014 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

2.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden der Klägerin auferlegt.

3.

Dieses Urteil und – soweit es Bestand hat – das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Fahrzeugreparatur – Vergütungsanspruch der Werkstatt bei fehlendem ReparaturauftragDer Darstellung tatsächlicher Feststellungen i.S.d. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO bedarf es nicht, weil ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist, §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1, 543 Abs. 1, 544 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

II.

Die Berufung ist begründet.

Der Klägerin steht kein Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung einer Vergütung für die Reparaturarbeiten an dessen Kraftfahrzeug zu.

1. Mit dem Landgericht kann aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht davon ausgegangen werden, dass ein vertraglicher Werklohnanspruch der Klägerin gemäß § 631 Abs. 1 BGB für den Austausch des Motors besteht. Insoweit hat der Beklagte weder schriftlich noch mündlich unabhängig von der Garantiezusage des Herstellers einen Auftrag zur Durchführung einer für ihn kostenpflichtigen Reparatur erteilt (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall BGH NJW 1982, 2235 [BGH 17.05.1982 – VII ZR 193/81] – zitiert nach […]).

2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts besteht jedoch auch unter Berücksichtigung des Vortrags im Schriftsatz vom 5. Juni 2015 weder aus eigenem noch aus abgetretenem (§ 398 BGB) Recht des Herstellers ein bereicherungsrechtlicher Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Wertersatz gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall, 818 Abs. 2 BGB (Leistungskondition).

a) Ein eigener Anspruch der Klägerin scheidet aus, weil nach der klaren Aussage des Zeugen …[A] vor der endgültigen Erteilung des Reparaturauftrags durch den Beklagten ein Garantieantrag beim Hersteller des Fahrzeugs gestellt und bewilligt worden war, was der Zeuge dem Beklagten auch mitgeteilt hatte. Da der Hersteller nach dem Inhalt seines Garantieversprechens (vgl. S. 3 des Wartungshefts, Bl. 44 d. Anlagebands) die Durchführung einer kostenlosen Reparatur und nicht lediglich eine Kostenübernahme schuldete, stellte sich die Reparaturleistung wegen der zuvor abgegebenen Garantiezusage für alle Beteiligten nicht als eine Leistung der Klägerin an den Beklagten aufgrund eines Werkvertrags, sondern als Leistung des Herstellers an den Beklagten im Rahmen des Garantievertrags dar. Wegen des Vorrangs der Leistungsbeziehung (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., § 812, Rdnr. 7) hat die Rückabwicklung einer etwa ohne rechtlichen Grund erfolgten Vermögensverschiebung in demjenigen Verhältnis zu erfolgen, in dem die Vermögensverschiebung als Leistung im Sinne einer bewussten, zweckgerichteten Vermehrung fremden Vermögens (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., Rdnr. 14) stattgefunden hat. Dies ist im vorliegenden Fall aufgrund der Garantiezusage das Valutaverhältnis zwischen Hersteller und Beklagtem mit der Folge, dass eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung im Verhältnis zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits nicht in Betracht kommt (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., Rdnrn. 60, 83).

b) Auch einen Anspruch aus abgetretenem Recht des Herstellers (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB i.V.m. § 398 BGB) kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen. Im Verhältnis zwischen Hersteller und Beklagtem erfolgte die Reparaturleistung nicht ohne rechtlichen Grund, sondern vielmehr auf der Grundlage der Herstellergarantie und der vom Hersteller nach Prüfung der Sach- und Rechtslage verbindlich und uneingeschränkt abgegebenen Zusage, das Fahrzeug kostenlos zu reparieren.

aa) Unabhängig davon, ob es sich bei der auf die Anfrage der Klägerin abgegebenen Garantiezusage lediglich um eine Konkretisierung des ursprünglichen Garantieversprechens oder um einen gesonderten Vertrag handelt, hat sich der Hersteller über die Klägerin als Botin gegenüber dem Beklagten jedenfalls ohne jeden erkennbaren Vorbehalt verpflichtet, kostenlos einen Motortausch durchzuführen. Anhaltspunkte dafür, dass die Bewilligung vorbehaltlich der Prüfung des Steuergeräteprotokolls und des Motors durch den Hersteller erfolgt wäre, lassen sich weder den Garantiebedingungen noch den vom Zeugen …[A] geschilderten Vorgängen entnehmen. Diese vertragliche Verpflichtung des Herstellers stellt einen Rechtsgrund für die vom Beklagten empfangene Leistung dar, die nicht ohne Weiteres einseitig abänderbar ist durch die annähernd vier Monate nach der Reparatur mitgeteilte Auffassung des Herstellers, ein Garantiefall liege nicht vor (vgl. Schreiben vom 17. Februar 2011, Bl. 26 d. Anlagebands).

bb) Nur aufgrund einer wirksamen Anfechtung (§§ 119 ff. BGB) der Garantiezusage hätte der Rechtsgrund für die Reparaturleistung entfallen können. Indes hat der Hersteller weder ausdrücklich die Anfechtung der Garantiezusage gemäß § 143 BGB erklärt noch liegt ein Anfechtungsgrund (§§ 119, 123 BGB) vor: Der Beklagte hat den Hersteller nicht arglistig i.S.d. § 123 Abs. 1 BGB über das Vorliegen der Garantievoraussetzungen (Einhaltung der Wartungsintervalle) getäuscht, sondern seinerseits alle geforderten Informationen erteilt; die Überschreitung der Wartungsintervalle bei drei von sechs durchgeführten Inspektionen ergab sich zudem aus der am Tag der Garantiezusage vorgenommenen Auswertung des Steuergeräts durch die Klägerin. Wenn der Hersteller seine Garantiezusage bewusst in Unkenntnis der Überschreitung der Inspektionsintervalle abgegeben hat, fehlt es bereits am Vorliegen eines (unbewussten) Irrtums, der zur Anfechtung nach § 119 BGB berechtigen könnte (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 119, Rdnr. 9). Soweit eine Fehlvorstellung des Herstellers hinsichtlich der Einhaltung der vorgesehenen Wartungsintervalle bestanden haben sollte, liegt ebenfalls kein zur Anfechtung berechtigender Erklärungs- oder Inhaltsirrtum i.S.d. § 119 BGB vor, sondern lediglich ein unbeachtlicher Motivirrtum (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., Rdnr. 29).

3. Entgegen der Annahme des Landgerichts ist der Beklagte auch nicht auf der Grundlage von §§ 951 Abs. 1, 947 Abs. 2 BGB zur Leistung von Wertersatz verpflichtet, weil der Austauschmotor möglicherweise wesentlicher Bestandteil seines Fahrzeugs als Hauptsache geworden ist und der Einbau des Motors zu einem Rechtsverlust bei dessen Eigentümer geführt haben mag.

a) Ein eigener Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten ist nicht ersichtlich, weil keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass die Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt Eigentümerin des Motors war. Der Austauschmotor lagerte nicht etwa seit längerem bei der Klägerin, sondern wurde anlässlich des Reparaturauftrags beim Hersteller bestellt. Durch die Übersendung des Aggregats an die Klägerin wollte der Hersteller sein Garantieversprechen gegenüber dem Beklagten einlösen, nicht aber sein Eigentum am Motor auf die Klägerin übertragen.

b) Der Klägerin steht auch kein Anspruch aus abgetretenem Recht des Herstellers (§ 951 Abs. 1 BGB i.V.m. § 398 BGB) zu. Im Verhältnis zwischen Hersteller und Beklagtem liegt eine Leistung zur Erfüllung der Pflichten aus dem Garantievertrag vor (siehe oben 2. a)). Dies schließt wegen des Vorrangs der Leistungskondiktion einen Anspruch aus § 951 Abs. 1 BGB aus; diese Vorschrift erfordert den vollen Tatbestand der – gegenüber der Leistungsbeziehung nachrangigen – Eingriffskondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB (vgl. Palandt/Bassenge, a.a.O., § 951, Rdnrn. 2, 3, 5).

4. Die Klägerin kann gegen den Beklagten auch keinen Anspruch auf Anpassung des Vertrags wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) geltend machen.

a) Ein eigener Anspruch der Klägerin kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil nach den Ausführungen unter 1. und 2. a) ein Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten nicht bestand.

b) Auch ein Anspruch aus abgetretenem Recht des Herstellers (§ 398 BGB) scheidet aus, weil der Hersteller die Voraussetzungen für die Erteilung einer Garantiezusage eigens geprüft und bejaht hat. Bei einer solchen Fallgestaltung fällt es in den Risikobereich des Herstellers, ob die für den Eintritt eines Garantiefalls im Vertrag vorgesehenen Bedingungen tatsächlich eingehalten worden sind oder nicht (vgl. BGH NJW 1982, 2235 [BGH 17.05.1982 – VII ZR 193/81] – zitiert nach […]). § 313 BGB ist unanwendbar, wenn sich ein Risiko verwirklicht, das einseitig eine Partei zu tragen hat (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 313, Rdnr. 19).

5. Schließlich hat die Klägerin gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von Werklohn in Höhe von 116,25 € gemäß § 631 Abs. 1 BGB im Hinblick auf die auf S. 1 des Auftragformulars vom 22. Oktober 2010 genannten Positionen 5 und 6 (Kurztest durchführen, Motor prüfen, vgl. Bl. 21 d. Anlagebands).

a) Zwar hat der Zeuge …[A] nachvollziehbar ausgesagt, der Beklagte habe telefonisch vor Durchführung dieser Arbeiten sein Einverständnis mit einer ersten Befundung erklärt, doch hat der Zeuge auch ausgeführt, dass dieser Befund erforderlich sei, um überhaupt einen Garantieantrag an das Werk stellen zu können. Selbst wenn im Einverständnis des Beklagten mit einer ersten Untersuchung des Fahrzeugs zur Fehlersuche der Abschluss eines Werkvertrags über diese Arbeiten liegen sollte, war unter diesen Umständen der Auftrag des Beklagten auflösend bedingt (§ 158 Abs. 2 BGB) dadurch, dass der Hersteller die Garantiezusage erteilt, für die die Vorarbeiten notwendig waren. Nachdem der Hersteller zugesagt hatte, den Motortausch als Garantieleistung durchzuführen, war die Bindungswirkung eines etwa zuvor erteilten entgeltlichen Reparaturauftrags entfallen, § 158 Abs. 2 BGB.

b) An dieser Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, dass der Beklagte bei Abholung des Fahrzeugs am 25. Oktober 2010 die erste Seite des Auftragformulars unterschrieben hat. Zum einen hat der Beklagte unwidersprochen vorgetragen, die Klägerin sei nur gegen Leistung der Unterschrift zur Herausgabe des Fahrzeugs bereit gewesen, zum anderen lag im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Auftragformulars die Garantiezusage des Herstellers vor. In Anbetracht dieser Gegebenheiten konnte das Verhalten des Beklagten von der Klägerin nach §§ 133, 157 BGB nicht so verstanden werden, dass der Beklagte nachträglich mit der Erteilung eines für ihn kostenpflichtigen Auftrags über einen Kurztest nebst Motorprüfung einverstanden gewesen wäre. Diese Arbeiten stellten lediglich geringfügige Vorarbeiten zur Ermittlung der Fehlerursache im Zusammenhang mit dem eigentlichen Motortausch dar; auch aus der Sicht der Klägerin mussten Kurztest und Motorprüfung als von der Garantieleistung des Herstellers umfasst erscheinen. Dies zeigt zudem der Inhalt des Auftragformulars, bei dem zum einen in der Kopfzeile die Rubrik „Garantie“ angekreuzt ist und das zum anderen die fraglichen Arbeiten mit dem Kürzel „G3“ bezeichnet. Bei dem Buchstaben „G“ handelt es sich nach der eigenen Darstellung der Klägerin um einen internen Vermerk für die Buchhaltung, um die Leistung nach Abklärung des Garantiefalls (gegenüber dem Hersteller) abzurechnen.

6. In Ermangelung einer Hauptforderung steht der Klägerin weder eine Zinsforderung noch ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zur Durchsetzung einer solchen Hauptforderung gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB zu.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht erfüllt sind.

Der Senat hat beschlossen, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 7.841,47 € festzusetzen.

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